Anita Blake 06 - Tanz der Toten
nominelle Sache. Nur ein Name für die Geliebte des Rudelanführers. Die meisten sind nicht so aktiv wie Raina.« Bei dem Namen verzog sie das Gesicht, als hätte sie etwas Bitteres geschluckt.
Jean-Claude unterbrach uns. »Ich überlasse euch Frauen eurer Unterhaltung. Ich muss mich um ein paar Dinge kümmern, ehe der Club aufmacht.« Er küsste mir die Hand und ging. Wir standen allein mitten auf der Tanzfläche. Damian war ihm auf dem Fuße gefolgt, als sei er dazu aufgefordert worden.
Einen Moment lang war ich nervös. Cassandra und ich standen quasi wie im Freien. »Lass uns da rübergehen.« Ich deutete auf die Treppe, die zur nächsten Ebene führte. Wir setzten uns auf die Stufen, sodass ich mir den Rocksaum runterziehen musste. Aber das nützte gar nichts. Ich die Füße und Knie zusammenhalten, sonst hätte alles hervorgeblitzt. Seufz.
»Lass mich raten«, sagte ich. »Raina wollte dich für ihre Filme haben.«
»Sie will jeden, der nur im Geringsten attraktiv ist, für ihre Filme. Aber manchmal kommt man daran vorbei, indem man für eine Probe in ihr Bett geht. Mich hat sie Gabriel zum Testen angeboten. Dieser verfluchte Leopard gehört nicht mal zum Rudel.«
»Wenn, dann würde sie ihn zum Anführer machen«, spekulierte ich.
Cassandra schüttelte den Kopf. »Gabriel könnte Marcus nicht besiegen, geschweige denn Richard. Er ist zwar Anführer der Werleoparden, aber nur weil kein stärkerer da ist. Er ist ein Alpha, aber er hat Fehler. Das macht ihn schwach.«
»Sexuelle Perversion bedeutet nicht unbedingt, dass man einen Kampf verliert«, überlegte ich laut.
»Das ist es nicht«, sagte Cassandra. »Er steht auf gefährlichen Sex. Lykanthropen können schwere Verwundungen überstehen.« Sie schauderte. »Entsprechendes wollte er mir antun.« Sie sah mich an, und in ihren Augen stand die Angst. »Er erzählt, dass du ihn einmal fast ausgeweidet hättest, während er dich schon an den Boden gedrückt hielt.«
Ich sah weg. »Ja.«
Cassandra berührte meinen Arm, aber von ihren Kräften war nichts zu spüren. Sie war wirklich genauso gut wie Richard, was das Verbergen ihrer Art betraf. Dagegen war Sylvie der reinste Amateur. Auf die Berührung drehte ich den Kopf. »Er ist heiß auf dich, Anita. Ich habe es Richard nicht gesagt, weil, na ja, ich bin neu im Rudel. Bin erst vor zwei Wochen in die Stadt gekommen. Ich habe befürchtet, dass er etwas Dummes tun könnte, wenn er erfährt, was Gabriel über dich gesagt hat. Aber vielleicht reicht es, wenn du darüber Bescheid weißt. Dann kannst du entscheiden, ob Richard es wissen muss.«
Sie machte ein so ernstes Gesicht. Es erschreckte mich. »Was hat Gabriel gesagt?«
Cassandra holte tief Luft. »Er hat Fantasien mit dir. Er will dich mit Messern bewaffnen, und du sollst versuchen, ihn zu töten, vor der Kamera, während er dich vergewaltigt.« Ich starrte sie an. Ich wollte sagen, das soll wohl ein Witz sein, aber ich wusste, es war keiner. Gabriel war so
pervers. »Wie endet der Streifen in seiner Version?« »Mit deinem Tod«, antwortete sie. »Während er mich vergewaltigt?«, fragte ich. Sie nickte.
Ich griff mir schützend um die Oberarme, spannte den Rücken an, spürte die Waffen, die ich trug. Ich war bewaffnet. Ich war sicher. Trotzdem Scheiße.
Sie legte eine Hand auf meine Schulter. »Geht es dir gut?«
»Ist das nicht rührend«, sagte eine Männerstimme hinter uns auf der Treppe. Cassandra war im selben Moment auf den Beinen und kampfbereit. Ich schob die Hand in die offene Handtasche und nahm die Seecamp heraus. Sie verfing sich ein bisschen am Futterstoff, was mich ein paar Sekunden kostete, aber ich hatte sie draußen und entsichert. Sofort fühlte ich mich besser. Ich hatte mich gleichzeitig umgedreht und hockte auf einem Knie, bemühte mich gar nicht erst aufzustehen. Im Stehen ist man manchmal eine bessere Zielscheibe.
Fünf Stufen über uns stand Sabin. Dafür dass wir ihn beide nicht gespürt hatten, erschreckend nah bei uns. Er war gekleidet wie neulich in meinem Büro: Kapuzenumhang vom Scheitel bis zu den Zehenspitzen. Diesmal konnte ich unter den Saum blicken. Da waren keine Füße. Er schwebte über der Stufe. »Ich wünschte, Sie könnten jetzt Ihr Gesicht sehen, Ms Blake.«
Ich schluckte mein Herz wieder runter und sagte: »Ich wusste nicht, dass Sie heute Abend auch hier sind, Sabin.« Cassandra machte einen Schritt auf ihn zu. Ein leises
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