Anita Blake 07 - Dunkle Glut
Stuhl neben meinem Bett saß Larry mit zurückgebeugtem Kopf und schlief oder war von Schmerzmitteln betäubt. Ich nahm seine Anwesenheit als Zeichen, dass Reynolds keine Halluzination gewesen war. Wenn sein Schatz tot wäre, würde er nicht da sitzen, zumindest nicht schlafend.
Er wurde blinzelnd wach, wirkte benommen, wahrscheinlich von Tabletten. »Wie geht es Ihnen?« »Sagen Sie es mir.«
Er lächelte, wollte aufstehen und musste erst tief Luft holen, bevor er es konnte. »Wenn ich nicht die Rückenverletzung hätte, wäre ich jetzt draußen bei Tammy, um mit ihr Vampire zu bergen.«
Der Klumpen in meiner Brust löste sich. »Also ist sie am Leben. Ich dachte, ich hätte das geträumt.« Er sah mich groß an. »Ja, sie lebt. Und Wren auch.« »Wie das?«
Er grinste mich an. »Ein Vampir, der als der Wanderer bekannt ist, scheint imstande zu sein, den Körper anderer Vampire zu besetzen. Er sagt, er gehört ihrem Rat an und ist gekommen um zu helfen. Er sagt, Sie haben seine Hilfe angefordert.« Larry beobachtete mich sehr genau. Die Schmerzmittel wichen einen Moment lang aus seinen Augen, die mich zwingen wollten, die Wahrheit zu erzählen.
»Das ist es im Wesentlichen«, sagte ich.
»Er hat den Vampir, der Tammy und Wren bedrängte, übernommen. Er hat die beiden gerettet. Sie hatte dem Vampir ihren Arm in den Mund gestoßen, und er ist gebrochen, aber das heilt wieder.«
»Was ist mit Wren?« »Ihm geht's gut, aber er ist ziemlich aufgelöst wegen Tucker.« »Sie hat es nicht geschafft«, sagte ich.
Er schüttelte den Kopf. »Sie war schwer verwundet, fast in zwei Teile gerissen. Alles, was sie noch zusammenhielt, war der Schutzanzug. «
»Also brauchten Sie sie nicht zu pfählen«, schloss ich. »Das haben die Vampire selbst erledigt«, sagte er. »Sie haben Tucker hochgeholt, aber nicht die Vampire, die Sie erledigt haben. Die sind noch unten.« Ich sah ihn an. »Lassen Sie mich raten, die Decke ist eingestürzt?«
»Keine fünf Minuten, nachdem sie Tucker rausgeholt und auch Sie draußen auf den Rasen gelegt hatten, kam das ganze Ding runter. Der Vampir, den der Wanderer besetzt hatte, fing dabei an zu brennen. So etwas habe ich noch nie erlebt. Es war beeindruckend und schrecklich. Dann lag er unter dem Schutt begraben. Vor der Dunkelheit konnten sie ihn nicht bergen, sonst wäre er wieder der Sonne ausgesetzt gewesen. Als sie anfingen, sich zu ihm durchzuarbeiten, grub er sich schon selbst aus.«
»Hat er noch mal jemanden angegriffen?«, fragte ich. Larry schüttelte den Kopf. »Er wirkte ziemlich ruhig.« »Sie waren dabei?« »Jawohl.«
Ich beließ es dabei. Hatte keinen Zweck, sich darüber aufzuregen, was passiert wäre, wenn der Vampir stinksauer aus den Trümmern gekommen wäre. Jedenfalls war es sehr interessant, dass Warrick die Sonne vertragen konnte, der Wanderer aber nicht. Tageslicht zu überleben, selbst das dämmrigste, war eine seltene Begabung unter den wandelnden Toten. Vielleicht hatte Warrick ja recht und Gott war ihm gnädig. Wer war ich, das zu bestreiten?
»Bilde ich mir das ein, oder können Sie sich schon besser bewegen, mit weniger Schmerzen?«, fragte ich. »Es sind vierundzwanzig Stunden vergangen. Die Naht heilt.« »Wie bitte?« »Sie waren einen ganzen Tag bewusstlos. Es ist Sonntagnachmittag.«
»Mist«, sagte ich. War Jean-Claude ohne mich beim Rat gewesen? Hatte das »Abendessen«, was immer das sein sollte, schon stattgefunden? »Mist.«
Larry sah mich wieder forschend an und sagte: »Ich habe eine Nachricht für Sie vom Wanderer. Verraten Sie mir, warum Sie auf einmal so erschrocken gucken, dann gebe ich sie weiter.«
»Sagen Sie es einfach, Larry, bitte.« Er lenkte stirnrunzelnd ein. »Das Abendessen ist verschoben, bis Sie sich gut genug fühlen, um daran teilzunehmen.«
Ich lehnte mich aufs Kissen zurück und konnte meine Erleichterung nicht verbergen.
»Was zum Teufel geht hier vor, Anita?« Vielleicht hatte ich eine Gehirnerschütterung, vielleicht lag es daran, dass ich Larry nicht gern ins Gesicht log. Ich erzählte ihm die Wahrheit, alles, von vorne bis hinten. Von Richard und den Vampirzeichen. Davon wusste er zwar, aber nicht, was ich kürzlich entdeckt hatte. Ein paar Dinge ließ ich aus, aber nicht viel. Als ich fertig war, lehnte er sich zurück und wirkte niedergeschmettert.
»Sagen Sie doch was.«
Er schüttelte den Kopf. »Heilige Mutter Gottes, ich weiß
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