Anita Blake 07 - Dunkle Glut
ging zu den streitenden Vampiren. Das Französisch klang hitzig und wütend.
Jean-Claude drehte sich zu mir hin. »Ma petite, du bist aufgewacht.« Sein Englisch hatte einen deutlichen Akzent. Das war oft so, wenn er viel Französisch gesprochen hatte.
Padma hob die Hand. »Nein, beeinflusse sie nicht.« Jean-Claude machte eine kleine Verbeugung. »Wie du möchtest.«
Ich wollte Rafael berühren. Ich konnte sehen, dass er atmete, aber ich würde erst glauben, dass er noch lebte, wenn ich ihn berührt hatte. Ich hatte schon die Hände ausgestreckt, aber da war fast keine Stelle mehr, die nicht nach Qualen aussah. Schließlich berührte ich ihn am Hinterkopf und zog die Hand sofort wieder zurück. Ich wollte ihn nicht aufwecken. Bewusstlos war er im Augenblick besser dran.
»Was ist er für dich?«, fragte Padma. »Er ist Rafael, der Rattenkönig. Er ist mein Freund.«
Hannah kam durch die offene Verliestür herein. Im selben Moment wusste ich, es war der Wanderer. Er lehnte sich mit diesem weiblichen Körper gegen die Tür und bekam eine männliche Haltung hin. »Du kannst nicht mit jedem Monster der Stadt befreundet sein.« Ich sah ihn herausfordernd an. »Wollen Sie wetten?«
Er schüttelte den Kopf, dass Hannahs blonde Haare hin und her wippten wie in einer Shampooreklame. Er lachte, und es klang mädchenhaft. »Oh nein, Anita Blake. Mit dir lasse ich mich heute Nacht auf keinen Handel mehr ein.« Langsam schritt er die Stufen herunter. Er hatte die Sandaletten ausgezogen und ging auf Strümpfen. »Aber es wird andere Nächte geben.«
»Ich hatte um freies Geleit gebeten, und Sie haben es gewährt«, sagte ich. »Sie dürfen uns nichts mehr tun.« »Das gilt nur für heute Nacht, Anita.« »Ich kann mich nicht erinnern, dass an dein Versprechen eine zeitliche Beschränkung geknüpft war«, erwiderte Jean-Claude.
Der Wanderer machte eine wegwerfende Handbewegung. »Das verstand sich von selbst.« »Nicht für mich«, sagte ich.
Am Tisch neben Padma blieb er stehen. Er blickte mich mit Hannahs grauen Augen an und runzelte die Stirn. »Jeder andere hätte gewusst, dass ich nur die heutige Nacht meinte.« »Wie du selbst gesagt hast, Wanderer, sie ist nicht jeder«, hielt Jean-Claude ihm entgegen.
»Er ist nur ein Mitglied des Rates. Er kann nicht für alle sprechen«, sagte Padma. »Er kann uns zwingen, euch heute Nacht gehen zu lassen, aber mehr nicht. Er kann euch nicht ohne Abstimmung die Freiheit geben.« »Dann hat sein Versprechen keine Bedeutung«, stellte ich fest.
»Wenn ich geahnt hätte, dass du Sicherheit während unseres gesamten Aufenthaltes verlangst, hätte ich mich nicht bloß mit der Wahrheit über den Tod des Erdbewegers zufriedengegeben«, konterte der Wanderer. »Wir haben eine Abmachung geschlossen. Ich habe meinen Teil gehalten«, sagte ich.
Er wollte die Arme über der Brust verschränken, musste es aber ein Stück weiter unten tun, so dass die Brüste auf den Armen ruhten. Frauen sind nicht dafür gebaut, sich hinzustellen wie ein Rausschmeißer. »Du hast mir schon ein anderes Problem beschert, Anita. Du tätest gut daran, nicht allzu problematisch zu werden.«
»Drohen Sie, womit Sie wollen«, sagte ich. »Heute Nacht können Sie uns nichts mehr tun.« »Lass es dir nicht zu Kopf steigen.« Die Stimme, die aus Hannahs Kehle kroch, war um ein paar Oktaven gesunken.
Ich trat an das Tischende und stellte mich neben Rafaels Kopf. Gern hätte ich ihm übers Haar gestrichen, aber ich traute mich nicht. Meine Augen schmerzten von den drohenden Tränen. »Machen Sie ihn los. Er geht mit uns oder Ihr Wort ist einen Scheiß wert, Wanderer.«
»Ich werde ihn nicht hergeben«, sagte Padma. »Du wirst tun, was dir gesagt wird«, erwiderte der Wanderer.
Ich wandte mich von dem Anblick des Misshandelten ab. Außerdem wollte ich nicht, dass die Bösen meine Tränen sahen. Beim Umdrehen fiel mein Blick auf Sylvie, und ich erstarrte.
Ihre Hose war bis an die Knöchel heruntergezogen, die Schuhe hatte sie noch an. Ich machte einen Schritt nach vorn, dann noch einen und noch einen und rannte fast das letzte Stück. Ich ließ mich auf die Knie sinken. Das Blut lief ihr an den Oberschenkeln hinab. Sie hatte die Fäuste geballt, die Augen fest zugedrückt, und flüsterte etwas pausenlos. Ich berührte sie am Arm, und sie zuckte zurück. Sie wurde ein wenig lauter, und ich verstand, was sie flüsterte. »Nein, nein, nein.« Immer
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