Anita Blake 08 - Göttin der Dunkelheit
nicht, was ich von dir verlange, geschweige denn, was du tun solltest. Also belassen wir es dabei, bis mir ein brillanter Einfall kommt.«
»Okay.«
»Prima«, sagte ich. »Also zurück zu meiner Frage. Was hast du mir noch nicht gesagt, das ich deiner Meinung nach wissen sollte, oder vielmehr meiner Meinung nach wissen sollte.« »Ich kann nicht Gedanken lesen, Anita. Ich weiß nicht, was du wissen willst.« »Jetzt zier dich nicht, Edward, erzähl einfach. Ich will bei dieser Sache keine weiteren Überraschungen, nicht von dir.«
Er blieb so lange still, dass ich schon dachte, er würde nicht antworten. Darum gab ich noch mal einen Anstoß. »Edward, ich meine es ernst.«
»Ich überlege«, behauptete er. Er bewegte sich auf seinem Sitz, spannte und lockerte die Schultern, als müsse er ebenfalls eine Verkrampfung loswerden. Ich schätze, dass es selbst für ihn ein anstrengender Tag gewesen war. Eine komische Vorstellung, dass ihn etwas mitnahm. Ich hatte immer geglaubt, dass er mit dem Zen des Soziopathen durchs Leben ging, dass ihn nichts berühren konnte. Ich hatte mich geirrt. In vielem.
Ich schaute mir wieder die Gegend an. In der Nähe waren einige Kühe zu sehen, was für welche, wusste ich nicht. Wenn es keine Jersey-, Guernsey- oder Black-Angus-Rinder waren, war ich aufgeschmissen. Ich sah sie in unmöglichen Haltungen an den steilen Hängen stehen und wartete darauf, dass Edward mit Überlegen fertig würde. Die Dämmerung schien hier lange zu dauern, als ob der Tag den Kampf nur langsam aufgeben und die Dunkelheit unbedingt fernhalten wollte. Vielleicht lag es an meiner Stimmung, jedenfalls freute ich mich nicht auf die Nacht. Mir war, als würde ich da draußen in den trostlosen Bergen etwas spüren, etwas, das auf die Nacht wartete, das sich während des Tages nicht bewegen konnte. Entweder lag das an einer allzu lebhaften Einbildungskraft, oder ich hatte recht. Das war das Blöde an übersinnlichen Fähigkeiten: manchmal lag man richtig und manchmal daneben. Manchmal vergiftete die eigene Angst den Verstand und man sah die sprichwörtlichen Gespenster, wo keine waren.
Natürlich gab es Mittel, um sich zu vergewissern. »Gibt es eine Stelle, wo du abseits der Hauptstraße mal anhalten kannst?« Er sah mich an. »Warum?« »Ich ... spüre etwas. Will mal sehen, ob ich es mir nicht nur einbilde.«
Es kam kein Einwand. Er nahm die nächste Ausfahrt und fuhr auf eine ungepflasterte Straße voller Schlaglöcher. Die Stoßdämpfer des Hummers nahmen die Erschütterungen so fließend wie ein davongleitendes Seidentuch. Gemütlich. Ein sanfter Hügelrücken verbarg uns vor der Schnellstraße, aber vor uns war alles flach, sodass wir die Straße überblicken konnten, die ziemlich gerade auf eine ferne Hügelkette zulief. Rechts und links standen eine Hand voll kleiner Häuser, ein Stück weiter an einer Seite das Hauptdorf, gegenüber für sich eine kleine Kirche, als gehörte sie nicht so ganz dazu. Sie hatte einen Turm mit einem Kreuz und vermutlich einer Glocke. Aber das war aus der Entfernung nicht zu sehen. Das Dorf hatte seine beste Zeit hinter sich, war aber nicht verlassen. Da gab es bestimmt Leute, die uns sehen konnten. Unser Pech, dass ausgerechnet hier ein Dorf stehen musste.
»Halt an«, bat ich. Wir waren noch weit genug vom ersten Haus entfernt und brauchten nicht zurückzusetzen. Edward fuhr an den Straßenrand und wirbelte eine Staubwolke auf, die sich über den frisch gewaschenen Wagen legte.
»Ihr kriegt hier wohl nicht viel Regen ab.« »Nein« , sagte er. Jeder andere hätte das noch ausgeführt, aber nicht Edward. Auch das Wetter war nur Gesprächsthema, wenn es die Arbeit betraf.
Ich stieg aus und trat auf die vertrocknete Wiese. Ich lief, bis ich Edward und den Wagen nicht mehr spüren konnte. Als ich mich umdrehte, war ich Meter weit weg. Edward stand an der Fahrerseite, die Arme auf das Dach gelehnt, sodass er sich die Vorstellung ansehen konnte. Ich kannte sonst niemanden, der nicht wenigstens eine Frage gestellt hätte, was ich da plante. Ich war gespannt, ob hinterher eine Frage kommen würde.
Die Dunkelheit hing wie ein zartes Seidentuch vor dem Himmel und dem schwindenden Tageslicht. Es war eine weiche, anheimelnde Dämmerung, die sich gleichmäßig über alles legte. Der Wind wehte über das offene Land und spielte in meinen Haaren. Alles fühlte sich gut an, angenehm. Hatte ich es mir nur eingebildet? Ließ ich mich von
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