Anita Blake 10 - Ruf des Bluts
Flaschenhals als von einem Messer. Der andere hielt eine Schrotflinte in den Händen. Sie zeigte nicht auf uns, aber sie war da. Narbengesicht kicherte mich an. Der mit der Schrotflinte schaute so leer und mitleidlos wie eine Puppe.
Maiden stand hinter den anderen, die Hände vor dem Leib am Handgelenk gefasst. Seine Miene war ausdruckslos, aber da war ein Zug um die Mundwinkel, der verriet, dass er ein Schmunzeln unterdrückte.
»Wir müssen Sie alle wegen Körperverletzung festnehmen«, sagte Wilkes. »Prima«, meinte ich. »Ich kann es kaum erwarten, Anzeige zu erstatten. Er riss ein ganz klein wenig die Augen auf. »Sie sind die Einzigen, die noch stehen, Ms Blake. Ich glaube nicht, dass Sie Grund haben, Anzeige zu erstatten.«
Ich lehnte mich ein wenig schwerer gegen Jason. Ein Blutfaden rann mir aus dem Mundwinkel. Ich spürte bereits, meine Augen anschwollen. Ich wusste, dass ich bemitleidenswert aussah. Bei Schlägen ins Gesicht blutete ich schon sehr leicht. »Sie haben uns angegriffen, und wir waren gezwungen, uns zu verteidigen.« Ich ließ meine Knie einknicken, Shang-Da fing mich auf und hob mich mühelos auf die Arme. Ich schloss die Augen und drehte mich gegen seine Brust.
»Scheiße«, sagte Wilkes.
»Sieh dir das arme Mädchen an, Billy Wilkes«, rief Millie. »Du willst sie vor Richter Henry bringen. Was glaubst du, wird er mit diesen Rowdys machen? Er hat eine Tochter in ihrem Alter.«
»Scheiße«, sagte Wilkes noch kräftiger. »Schaffen wir sie alle ins Krankenhaus. Dann können wir weitersehen.« »Der Krankenwagen ist unterwegs«, sagte Maiden. »Einer reicht nicht«, sagte Wilkes.
Maiden lachte mit tiefer Stimme. »So viele Krankenwagen gibt's hier gar nicht. »Wir könnten drei gebrauchen«, sagte Wilkes.
Ich spannte mich in Shang-Das Armen an. Er hielt mich um so fester und drückte mein Gesicht so fest an sich, dass es wehgetan hätte, den Kopf zu heben. Ich atmete ganz ruhig aus und konzentrierte mich aufs Stillsein, aber ich würde nicht vergessen, was Wilkes gesagt hatte. Wir würden noch sehen, wer das nächste Mal einen Krankenwagen brauchte.
8
Es waren ein Krankenwagen, ein Lieferwagen, zwei Polizeifahrzeuge, der Schlitten des Weihnachtsmanns und mein Van nötig, um alle ins Krankenhaus zu bringen. Na gut, nicht der Schlitten des Weihnachtsmanns, aber trotzdem gaben wir eine schöne Parade ab. Fast sechs Stunden später waren wir wieder in Myerton in dem einzigen Vernehmungsraum, den sie hatten. Ich war der einzige Verletzte, der das Krankenhaus verlassen durfte.
Dem Kerl, den Jason gegen den Lieferwagen geschleudert hatte, würde vielleicht ein dauerhafter Wirbelsäulenschaden bleiben. Das würden sie erst genau wissen, wenn die Schwellung zurückgegangen war. Zwei von den dreien, die ShangDa bewusstlos geschlagen hatte, waren zu sich gekommen. Sie hatten eine Gehirnerschütterung, würden aber wieder gesund werden. Bei dem dritten redeten die Ärzte von Hirnschwellung und Schädelbruch. Shang-Da hatte auch den Kerl mit dem komplizierten Bruch auf dem Gewissen. Ich hatte nur Mel vorzuweisen, aber er war in einem schlimmeren Zustand als der mit dem komplizierten Bruch. Einen Gelenkbruch zu heilen ist ein enormer Aufwand. Manche erlangen nie wieder die volle Funktionsfähigkeit zurück. Ich hatte schon ein schlechtes Gewissen deswegen, aber immerhin hatte er ein Messer gezogen.
Belisarius hatte derweil den tüchtigen kleinen Anwalt gespielt. Er hatte nicht nur eine Kautionsvereinbarung für Richard erwirkt, er hatte auch uns während der letzten Stunde vertreten. Richard war ein freier Mann, vorerst. Wenn Belisarius auch uns aus dem Gefängnis raushalten würde, war er sein Geld wert.
Wilkes wollte uns nicht einsperren, aber er wollte unsere Fingerabdrücke nehmen. Ich hatte damit kein Problem, Shang-Da eins daraus machte. Er wollte sich auf keinen Fall dazu bereitfinden, was Wilkes und mich misstrauisch machte.
Aber wenn Shang-Da es nicht tat, dann wir anderen auch nicht. Ich sagte zu Wilkes, wenn er unsere Fingerabdrücke wollte, müsse er uns wegen irgendetwas anklagen. Das schien er nicht so recht zu wollen.
Vielleicht weil ich einen mir bekannten Polizisten von meinem Handy aus angerufen hatte, der wiederum mit einem mir bekannten FBI-Mann sprach. Dass darauf bei Wilkes ein Anruf vom FBI eingegangen war, hatte den Sheriff mächtig nervös gemacht. Die Schläger hatten uns genau gegenüber der
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