Anita Blake 11 - Jägerin des Zwielichts
dem Bett. »Was hat er?«
»Ich weiß es nicht«, sagte Richard.
Ich fasste an Jean-Claudes Hals. Sein Puls raste, schlug gegen die Haut wie ein gefangenes Tier gegen die Käfigstäbe. Ich probierte es mit meiner Fähigkeit, Vampire zu spüren, nahm aber nur die Hitze des Tieres wahr. Da war nichts Kaltes, Totes im Kreis unserer Arme.
»Leg ihn auf den Boden, Richard.«
Er sah mich an.
»Tu es!«
Mit einer stützenden Hand unter den Schultern ließ er Jean-Claude sacht hinunter.
»Und jetzt weg von ihm.« Ich rückte selbst ein Stück ab, stand auf und ging um den Vampir herum, drängte Richard hinter mir weg, bis Jean-Claude allein vor dem Bett lag.
Narcissus hatte seine Verwandlungen rückgängig gemacht und war wieder der anmutige Mann, den ich beim Betreten des Clubs kennengelernt hatte. Er war ohne Aufforderung auf Abstand gegangen, lief aber hin und her, damit ihm nichts entgehen konnte.
Jean-Claude rollte sich langsam auf die Seite und starrte uns an. Er leckte sich über die Lippen und brauchte zwei Anläufe, bis er ein Wort herausbekam. »Was habt ihr mit mir gemacht?«
Richard und ich standen in einem Hitzekokon. Seine Hände streiften meine Arme, und ich schauderte. Er griff um meine Taille, und je mehr wir uns berührten, desto mehr Hitze stieg um uns auf, bis ich glaubte, die Luft müsse flimmern.
»Richards Macht ist auf dich übergesprungen«, sagte ich.
»Nein«, widersprach er und richtete sich, schwer auf beide Arme gestützt, langsam auf. »Nicht bloß seine, ma petite, vor allem deine. Richard und ich haben unsere Kräfte schon häufig geteilt, aber noch nie mit dieser Wirkung. Du bist die Brücke zwischen beiden Welten.«
»Sie überbrückt Leben und Tod«, sagte Asher.
Jean-Claude schoss ihm einen unfreundlichen Blick zu. »Exactement.«
»Ich wusste ja, dass Marcus und Raina ihre Macht, ihre Tiere miteinander teilen konnten«, sagte Narcissus. »Aber Anita ist kein Werwolf. Sie sollte nicht imstande sein, Wolf und Leopard miteinander wirken zu lassen.«
»Ich bin kein Werleopard«, sagte ich.
»Mich dünkt, die Dame widerspricht zu viel«, bemerkte Narcissus.
»Und auch nicht Wertier oder Vampir«, ergänzte Asher.
»Fang du nicht auch noch an«, sagte ich zu ihm.
Er lächelte mich an. »Ich weiß, dass du kein echter Gestaltwandler bist, aber deine ... Magie hat sich verändert durch Richards Dreingabe. Du hast jetzt etwas an dir, bei dem ich behaupten würde, du bist eine von ihnen, wenn ich es nicht besser wüsste.«
»Richard sagt, dass der Wolf Jean-Claudes gehorsames Tier ist«, warf Narcissus ein.
»Das reicht als Erklärung nicht aus«, meinte Asher. Er kniete sich zu Jean-Claude und wollte ihm über die Wange streichen. Aber der fing seine Hand ab, und Asher wich vor ihm zurück. »Du bist ganz heiß. Nicht bloß warm, sondern heiß.«
»Es ist wie der Rausch nach der Sättigung, aber viel ... viel lebendiger.« Er blickte zu uns auf, und seine Augen waren noch immer pupillenlos blau. »Geh deine Leoparden retten, ma petite, und lass uns schlafen gehen, bevor es hell wird. Ich will sehen«, er atmete tief ein und nahm unseren Geruch in sich auf, »wie heiß diese Macht noch werden kann.«
»Das ist alles sehr beeindruckend«, ließ Narcissus sich vernehmen, »aber ich will mein Pfund Fleisch bekommen.«
»Allmählich gehen Sie mir auf die Nerven«, sagte ich.
Er schmunzelte. »Sei's drum. Ich habe dennoch das Recht, die Beleidigung zu rächen.«
Ich sah Richard an. Er nickte. Ich seufzte. »Normalerweise bin ich es, die uns in solche Schwierigkeiten bringt.«
»Noch sind wir nicht in Schwierigkeiten«, sagte Richard. »Narcissus setzt sich bloß in Szene. Was glaubst du, warum ich nicht die Gestalt gewechselt habe?« Er blickte seinen Gegner an.
Narcissus lächelte. »Und ich dachte immer, du seist bloß ein hübscher Muskelprotz.«
»Du kämpfst erst, wenn dir nichts anderes mehr übrig bleibt, Narcissus, also lass das Säbelrasseln«, erwiderte Richard mit einer Kälte, einer Entschlossenheit, die keinen weiteren Widerspruch duldete. Auch das sah mir ähnlicher als ihm. Wie hart waren die letzten Monate für ihn gewesen? Es gibt nur weniges, das einen so schnell so hart macht. Der Tod von Nahestehenden, Polizeiarbeit, Militäreinsätze, wo ringsherum die Leute sterben. Im bürgerlichen Leben arbeitete Richard als Biologielehrer an einer
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