Anita Blake 11 - Jägerin des Zwielichts
töten lasse?«
»Du vergisst, dass sie auch meine Lupa ist, Narcissus. Die Wölfe werden jeden angreifen, auf den sie zeigt.«
»Ah ja, die menschliche Lupa, die menschliche Leopardenkönigin, aber doch nicht so ganz Mensch, nicht wahr?«
Ich stellte mich seinem Blick und sagte: »Ich werde jetzt meine Leoparden holen. Danke für die Gastfreundschaft.« Ich schob mich von der Bettkante und stand neben Richard.
Narcissus sah Jean-Claude an, der noch lässig auf dem Bett lag. »Sind sie wirklich solche Kindsköpfe?«, fragte er ihn.
Jean-Claude zuckte elegant die Achseln. »Sie sind nicht wie wir, Narcissus. Sie glauben noch an Recht und Unrecht. Und an Regeln.«
»Dann werde ich ihnen eine neue Regel beibringen.« Er kniete in seinem schwarzen Spitzenkleid auf dem Bett, blickte zu uns hoch, und plötzlich schossen seine Kräfte heiß hervor, rammten mich wie eine riesige Faust und brachten mich ins Taumeln. Richard stützte mich, und im Augenblick der Berührung sprang sein Tier in einem Hitzeschwall auf mich über, der mir durch den Leib jagte und eine Gänsehaut hinterließ. Richard erbebte, und uns beiden stockte der Atem. Diese fremdartige Macht wogte zwischen uns, und zum ersten Mal nahm ich wahr, dass sie von beiden Seiten kam. Ich hatte angenommen, was in mir war, sei ein Echo von Richards Tier, aber es war mehr als das. Vielleicht wäre es so gewesen, wenn ich mich nicht so lange abgeschottet hätte. Doch nun war die Macht, die einmal seine gewesen war, meine. Die Wärme floss zwischen uns zusammen wie zwei Ströme, die zu einem werden, zwei kochend heiße Ströme, und sie überfluteten meine Haut, dass ich halb erwartete, sie werde sich abschälen und das Tier darunter zum Vorschein kommen lassen.
»Wenn sie die Gestalt wechselt, werden meine Leibwächter in den Kampf eingreifen«, sagte Narcissus. Ich fuhr zusammen. Ich glaube, ich hatte vergessen, dass er da war, hatte alles ausgeblendet bis auf die heiße Macht, die zwischen Richard und mir strömte. Narcissus' Gesicht wurde länger. Wie eine sich selbst formende Tonmasse.
Richard fuhr mit der Hand vor meinem Körper entlang und streichelte die Macht, die ich ausströmte. Er wirkte ein wenig verwundert. »Sie wird die Gestalt nicht wechseln. Du hast mein Wort«, sagte er.
»Das genügt mir. Du hast dein Wort bisher immer gehalten. Ich mag ein Sadist und Masochist sein, trotzdem bin ich Oba dieses Klans.« Er hatte ein eigentümlich schrilles Knurren in der Stimme. »Du hast mich beleidigt, und durch mich auch die Meinen.« Aus seinen kleinen Fingern schoben sich Krallen, und schließlich hob er zwei gekrümmte Pranken, die keinerlei Ähnlichkeit mit Händen mehr hatten.
Jean-Claude stellte sich neben mich. »Komm, ma petite, lassen wir ihnen Raum zum Manövrieren.« Er fasste mich an der Hand, und die sengende Macht strömte von mir auf ihn über. Er brach in die Knie, die Fingerspitzen an meiner Hand, als hätte die Hitze sie dort festgeschweißt.
Ich kniete mich vor ihn. Er hob den Kopf. Die Augen waren tiefblau, die Pupillen verschwunden im Ansturm der Macht, aber nicht seiner Macht. Er öffnete den Mund, und kein Laut kam heraus. Er starrte mich an und wirkte verloren, überwältigt.
»Was ist los?«, fragte Asher von der anderen Seite des Bettes, ohne Ajax aus den Augen zu lassen.
»Ich weiß es nicht«, sagte ich.
»Er scheint Schmerzen zu haben«, meinte Narcissus. Ich sah zu ihm hoch. Abgesehen von Gesicht und Händen hatte er Menschengestalt behalten. Die partielle Verwandlung beherrschen nur sehr machtvolle Alphas.
»Die Macht überströmt ihn«, sagte Richard mit leisem Knurren.
»Aber er ist ein Vampir«, wandte Narcissus ein. »Die Kräfte der Wölfe sollten für ihn unerreichbar sein.«
»Der Wolf ist das Tier, das ihm folgt«, sagte Richard.
Ich blickte aus nächster Nähe in Jean-Claudes Gesicht, sah ihn gegen die heiße Macht ankämpfen und begriff, warum sie ihm zu schaffen machte. Sie war urtümlich, entsprang dem Leben und der Kraft der Erde unter unseren Füßen, der Kraft des Windes in den Bäumen, dem Stoff des Lebens. Und Jean-Claude war nicht lebendig, so viel er auch unter uns wirkte und wandelte.
Richard kniete sich zu uns. Jean-Claude stöhnte auf und sank gegen mich. »Jean-Claude!«
Richard drehte ihn zu sich herum in seine Arme. Jean-Claude bog den Rücken durch, sein Atem ging stoßweise.
Narcissus kniete über uns auf
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