Anita Blake 11 - Jägerin des Zwielichts
erste Mal wach wird und weiß, man muss nirgendwohin, hat nichts zu erledigen und kann im warmen Nest weiterdösen.
Der Arm um meine Taille war muskulös, eindeutig männlich, aber klein. Nicht nur die Hand war klein, sondern der ganze Arm. Die Haut war gebräunt. Ich lag entspannt an den warmen Leib gelehnt, der mir mit dem Bauch zugewandt war. Dass es mir nichts ausmachte, nackt zwischen zwei nackten Fremden zu liegen, sagte mir, dass ich unter Drogen stand. Ich war jedenfalls schon mit heftigerer Verlegenheit aufgewacht und hatte reichlich Klamotten am Leib gehabt.
Ich nahm an, dass beide Werwölfe waren. Das Rudel war groß, und ich kannte nicht jeden Einzelnen. Ich badete in ihrer Energie wie in heißem Wasser. Ich erinnerte mich, dass ich verwundet worden war, dass Krallen unter meinem Brustbein nach dem Herzen gewühlt hatten. Ich sah langsam an mir hinab und entdeckte einen Kranz rosa Narbengewebe. Dort war ein dumpfer Schmerz zu spüren, aber die Narbe war bereits rosa und glänzte. Wie lange war ich bewusstlos gewesen?
Ich wartete noch immer, dass Panik oder Scham in mir aufstieg. Da beides nicht kam, sah ich mir den Mann vor mir genauer an. Er hatte dichte braune Locken, die am Hinterkopf kurz, oben etwas länger waren, sodass sie mich kitzelten, wenn er sich im Schlaf bewegte. Seine Haut war dunkel gebräunt, sodass sie kaum Kontrast zu den Haaren bildete. Die eine Augenbraue, die ich sehen konnte, war mit einem kleinen Ring durchstochen. Mit einem Knie lag er auf meinem Unterschenkel, eine Hand ruhte auf meinem Oberschenkel. Er hatte das Bein leicht hochgezogen und die Hüfte einwärts gedreht, weshalb mir der Anblick der vollen Pracht erspart blieb. Mein letzter Rest Sittsamkeit war dankbar dafür. Was immer mein Behaglichkeitsgefühl herbeigeführt hatte, schien aufgebraucht zu sein. Vielleicht wurde ich auch bloß richtig wach.
Von seinem Oberkörper konnte ich gar nichts sehen. Rücken und Hintern waren glatt und makellos. Keine Badehosenblässe. Nackt sonnenbaden? Er sah jung aus, Anfang zwanzig höchstens. Er war größer als ich - wer war das nicht? -, einssiebzig vielleicht. Er regte sich, krümmte die Hand auf meinem Oberschenkel wie im Traum, und dann wusste ich plötzlich, dass er wach war. Seinen Körper durchlief eine Anspannung, die eben noch nicht da gewesen war. Schlagartig war ich hellwach, mein Herz schlug heftig. Mir blieben zwei Sekunden, um zu überlegen, was man eigentlich sagt, wenn man splitternackt neben jemandem aufwacht, den man noch nie gesehen hat. Er machte das eine Auge auf, dann hob er so weit den Kopf, dass er mich mit beiden ansehen konnte.
Langsam zog ein schläfriges Lächeln über sein Gesicht. »Ich habe dich noch kein Mal wach gesehen.«
Ich sagte das Einzige, was mir in den Sinn kam. »Ich habe dich überhaupt noch kein Mal gesehen. Wer bist du?«
»Caleb. Ich heiße Caleb.«
Ich nickte und wollte mich aufsetzen, wollte aus dem Bett raus. Die Wärme fand ich noch genauso behaglich, aber meine Verlegenheit war stärker. Ich hatte einfach nicht die Gelassenheit, mit einem unbekleideten Fremden zu reden, während ich selbst ebenfalls nackt war. Nein, dazu war ich eindeutig nicht abgeklärt genug.
Der Arm um meine Taille spannte sich, hielt mich fester. Calebs Knie wurde schwerer, schob sich weiter zwischen meine Beine. Dadurch kam ich in Kontakt mit ungesehenen Körperteilen. Ich glaube, ich hätte die ganze Pracht lieber gesehen, als sie am Oberschenkel zu spüren. Also schön, ich spürte seine Weichteile, nicht unbedingt ein Grund, ihm wehzutun. Noch nicht. Die Hand, die bisher entspannt auf meinem Oberschenkel gelegen hatte, umgriff ihn plötzlich. Mein Puls beschleunigte sich. Mir wurde es zu eng.
»Bleibt alle hübsch ruhig«, sagte ich, »ich muss jetzt mal aus dem Bett raus.«
Der Mann hinter mir stützte sich auf den Ellbogen und hielt mich noch fester. Ich lag plötzlich dicht an ihn gedrückt und erkannte mehrere Dinge. Erstens, er war genauso groß wie ich; zweitens, er war schlank, muskulös und überaus erfreut, so dicht bei mir zu liegen. Quiek! Ich drehte den Kopf zu ihm, als ob ich mich im Dunkeln bei einem Horrorfilm nach einem unheimlichen Geräusch umblickte - zögerlich, halb panisch. Sein Gesicht kam hinter meiner Schulter hoch, die langen Haare fielen ihm über die Wange nach vorn, eine dichte, vom Schlaf zerzauste Mähne, der nicht mehr anzusehen war, ob sie in gekämmtem Zustand wellig
Weitere Kostenlose Bücher