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Anita Blake 12 - Nacht der Schatten

Anita Blake 12 - Nacht der Schatten

Titel: Anita Blake 12 - Nacht der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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angehört hast.«
     
    Ich versuchte, die Arme zu heben, nicht weil ich mir einbildete, mehr Kraft aufbringen zu können als er, sondern weil ich es versuchen musste. Ich wehre mich immer, selbst wenn ich weiß, dass es aussichtslos ist.
     
    Ein bisschen konnte ich die Arme anheben - es reichte nicht, um mich loszumachen, aber er musste immerhin mehr Druck ausüben; es reichte, dass er große Augen machte und sich anspannte. Gut zu wissen, dass mir die Vampirzeichen auch was Nützliches einbrachten, und nicht nur Mist.
     
    Dass er blutete, war eine freudige Überraschung. Er hatte eine Platzwunde am Mund. »Woher willst du wissen, dass nicht alle Vampire nach ein paar Jahren so abgemagert sind?« »Lügner.« Ich sah ihn wütend an, weil ich sonst nicht viel tun konnte.
     
    »Wieso bist du dir so sicher?« Er hielt mich noch fester unter sich, wahrscheinlich um des Nachdrucks willen, denn sein Körper war eindeutig nicht erfreut, auf mir zu liegen. »Woher weißt du das, Anita?« Er nannte mich beim Vornamen. »Ich bin Totenbeschwörer, erinnerst du dich?«
     
    Er glaubte nicht, dass die Antwort so einfach war. Das war ihm überdeutlich anzusehen, und er hatte recht. Ich dachte an meinen Aufenthalt in New Mexico, an das Ungetüm in der Kneipe in Albuquerque, wie es langsam hinter der Theke hochkam. Als Erstes kam ein Gesicht hervor, das braune, runzlige Gesicht einer Frau mit einem vertrockneten Auge, dann weitere solcher Gesichter, zusammen mit anderen Körperteilen, die mit einem dicken, schwarzen Faden und gigantischen Stichen zusammengenäht waren, was die Magie im Innern hielt. Das Ungetüm erhob sich bis unter die Decke und blickte mich aus vielen Augen an. Ich kam auf gut vierzig Köpfe, bevor ich das Zählen aufgab.
     
    Und ich dachte an einen Club dort, wo ich etwas noch Schlimmeres gesehen hatte, denn zum Unterhaltungsprogramm gehörte eine Folternummer. Ich sah auf der Bühne einen Mann zur Mumie werden. Seine Muskulatur schrumpfte wie bei einer zehrenden Krankheit, aber was normalerweise Monate dauerte, lief bei ihm innerhalb von Sekunden ab. Egal wie willig er teilnahm, die Schmerzen empfand er trotzdem. Der Mann fing an zu schreien, dass er kaum noch Luft bekam. Seine Haut wurde braun und verschrumpelte, als ob ihn jemand bis zur völligen Austrocknung aussaugte. Am Ende blieben nur papiertrockner Haut und Knochen übrig, und der Mann schrie immer noch.
     
    Dann erlebte ich die Macht Itzpapalotls, der Besitzerin des Clubs und Meisterin der Stadt. Ich spürte sie, als streiften mich die Flügel eines Vogelschwarms, der in der Dunkelheit ausgesperrt war und herein in die helle Wärme wollte. Wie konnte ich sie draußen kreischen lassen, wenn ich mich nur zu öffnen brauchte und sie in Sicherheit wären? So empfand ich damals, obwohl ich mich dagegen wehrte, und am Ende öffnete sich mein Körper, wenn auch nicht wirklich, und die geflügelten Wesen strömten in die Öffnung. Die Macht der Meisterin strömte in mich hinein und wieder heraus. Dabei war ich Teil eines großen Ganzen und spürte die Verbindung zu jedem Vampir, den sie einmal berührt hatte. Es war, als strömte ich durch sie alle hindurch und sie durch mich wie Wasser, das sich zu einem großen Gewässer vereint, dann trieb ich in wohltuender Dunkelheit unter funkelnden Sternen.
     
    Dann schließlich kamen Bilder und drangen mit Wucht auf mich ein. Ich sah Itzpapalotl auf einem Pyramidentempel im Dschungel stehen. Ich konnte das üppige Grün riechen und die Rufe der Affen, den Schrei eines Jaguars hören. Ein Mann kniete vor ihr und saugte an einer blutigen Wunde an ihrer Brust. Er wurde zu ihrem Diener, gewann Macht und Kräfte. Und eine davon war diese: einem Menschen die Lebenskraft auszusaugen und sich daran zu nähren, ohne ihn zu töten. Und mir wurde klar, dass er genau das während dieser scheußlichen Unterhaltungsnummer getan hatte.
     
    Mehr als das: Ich begriff, wie es getan und wie es wieder rückgängig gemacht wurde. Dadurch wusste ich auch, wie die Existenz dieses Ungetüms rückgängig zu machen war und dass es die Opfer vielleicht töten würde, wenn sie wieder zu Fleisch kämen. Ich selbst konnte daraufhin den Zauber des Nekromanten, der das Ungetüm geschaffen hatte, lösen.
     
    Die Erinnerung war so plastisch, als erlebte ich alles noch einmal. Mit einem Ruck kam ich in die Gegenwart zurück und starrte in Jean-Claudes Augen. Ich lag unter ihm am Boden des Strafkellers, Meilen weit weg von Itzpapalotl, und sein

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