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Anklage

Anklage

Titel: Anklage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Schollmeyer
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sportliche Frau. Sie war Single und alleinerziehende Mutter. Weil sie sich einen Partner wünschte, hatte sie sich in einigen Internetsinglebörsen angemeldet. Über eine dieser Börsen lernte sie Ali kennen. Er war gut aussehend, zuvorkommend und liebenswürdig, ein echter Glücksgriff. Als Julia wenige Tage nach dem ersten Treffen ins Krankenhaus musste, setzte sich Ali sofort ins Auto und fuhr zu ihr. Er wachte tagelang an ihrem Krankenbett und kümmerte sich auch rührend um ihre kleine Tochter. Julia war glücklich, Ali zog sehr bald zu ihr und die Idylle schien perfekt. So störte Julia es anfangs auch nicht, dass Ali geschäftlich viel und lange unterwegs war. Auch schenkte sie der Tatsache, dass er dann immer sehr schlecht erreichbar war, zunächst wenig Beachtung.
    Nach einiger Zeit allerdings kam ihr das Ganze komisch vor und sie versuchte herauszufinden, warum er auf seinen Reisen
nicht erreichbar war. Sie fürchtete, dass Ali ihr untreu war. Je mehr sie nachforschte, desto mehr war sie sich sicher, dass es so sein musste. Und so kam der Zeitpunkt, als sie sich von Ali wieder trennen wollte. An dem Abend, als sie ihm das sagte, eskalierte die Situation. Ali war außer sich vor Zorn. Er sprang auf und schlug Julia ins Gesicht. »Keine Frau verlässt mich, merk dir das gut«, schrie er.
    Julia war geschockt und fügte sich. Zwei Tage später war Ali wieder unterwegs und es schien alles beim Alten. An jenem Tag bekam Julia einen Anruf von Ali. In diesem Telefonat bat Ali darum, dass Julia insgesamt neun kleine Pakete für ihn annehmen solle. Allerdings dürfe sie nicht mit ihrem Namen die Lieferscheine unterschreiben, sondern andere Namen verwenden. Sie solle die Namen nehmen, die auf dem Zettel neben dem Telefon stehen. Julia kam das seltsam vor und sie lehnte zunächst ab. Ali drohte ihr: »Willst du, dass ich nochmals so wütend werden muss wie neulich?« Eingeschüchtert willigte Julia ein. Es war allemal besser, irgendeinen Lieferschein mit einem falschen Namen zu unterschreiben, als eine Auseinandersetzung mit Ali zu riskieren.
    Und so tat sie, was er ihr aufgetragen hatte. Julia nahm die Pakete an und unterschrieb mit den falschen Namen von Alis Liste. Damit war die Sache vorerst erledigt und in den folgenden fünf Monaten ereignet sich nichts Besonderes.
    Eines Morgens gegen 6 Uhr früh flog jedoch plötzlich die Wohnungstür mit einem lauten Krachen auf. Drei uniformierte Männer stürmten in die Wohnung. »Wo ist Ali?«, schrie ein vierter Mann. Julia beteuerte, es nicht zu wissen, aber die Männer glaubten ihr nicht und nahmen sie mit. Die unangemeldeten Besucher waren von der Polizei, die gegen Ali ermittelte. Ali war der Kopf einer international operierenden Bande, die sich Handys erschwindelte und sie anschließend gewinnbringend verkaufte. Julia hatte davon keine Ahnung, aber das erklärte,
weshalb Ali immer so schlecht erreichbar war. Diese Erkenntnis, von einer geliebten Person belogen worden zu sein, schockierte und verletzte Julia sehr. Aber da war noch ein Problem. Die Polizei sprach sie auf die von ihr mit falschen Namen entgegengenommenen Handys an. »Sie glauben doch nicht, ich hätte mit der Sache etwas zu tun«, flehte Julia den Vernehmungsbeamten an, »Sie müssen mir glauben, ich bin unschuldig.« Julia erzählte die ganze Geschichte. »Ich hatte Angst und deshalb habe ich das gemacht, aber ich wusste doch nicht, was dahintersteckt.«
    Aber der Vernehmungsbeamte meinte: »Ich glaube Ihnen kein Wort, auch wenn Sie sich die Geschichte wirklich gekonnt ausgedacht haben. Sie können mir nicht erzählen, dass Sie nicht wussten, wo das Geld herkam, von dem Sie gelebt haben.« Es schien ihr keiner zu glauben, und so kam es zum Prozess. Am ersten Verhandlungstag sah sie Ali zum ersten Mal wieder. Nach der Eröffnung durch das Gericht war Ali als erster an der Reihe. Er wolle aussagen und die Wahrheit ans Licht bringen, kündigte Alis Verteidiger an. Und dann erzählte er die Vorfälle aus seiner Sicht. Julia traute ihren Ohren nicht. Ali behauptete mit ruhiger Stimme, Julia hätte von all seinen Geschäften gewusst und ihn mit ihren Ansprüchen geradezu in die Straftaten getrieben. Anders hätte er das Geld für die Wünsche seiner Julia einfach nicht aufbringen können. »Ich war blind vor Liebe«, sagte er mit unschuldigem Blick, »das war mein größter Fehler.« Julia war entsetzt. Als sie zum nächsten Prozesstag an einem Kiosk vorbeiging, sprangen ihr die Schlagzeilen ins Auge und

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