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Ankunft Der Woelfe

Ankunft Der Woelfe

Titel: Ankunft Der Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo , Sue Twin
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nicht kommen sollen«, sagte sie, drehte sich um und ging.

9
    Campus Mitte
    Einige Tage waren inzwischen vergangen, und noch immer herrschte Funkstille. Eva hatte gehofft, ihren Vater auf der Abschlussveranstaltung der angehenden Mediziner zu treffen. Leider hatten sie sich verpasst.
    Sie blickte auf ein Plakat an einer Litfaßsäule, während sie auf das Taxi wartete. Das Plakat kündigte ein Benefizkonzert zugunsten der Virusopfer und ihrer Hinterbliebenen an. Auf dem Poster war das Schillerdenkmal am Gendarmenmarkt abgebildet. Der Dichter stand auf einem würfelförmigen Postament. Zu seinen Füßen ruhten die vier allegorischen Frauenfiguren: die Lyrik mit der Schwanenhalsharfe, die Tragödie mit der Maske, die Geschichte mit den Schreibtafeln und die Philosophie mit der Schriftrolle in der Hand, auf der in altgriechischer Schrift stand: »Erkenne dich selbst«.
    Eva presste die Lippen zusammen. Die Philosophie ihres Vaters war weniger pathetisch und lautete schlicht: »Erschaffe dich selbst!«
    Ein eng umschlungenes Paar schlenderte kichernd an Eva vorbei. Ihre Stimmung sank augenblicklich auf den Nullpunkt. Sie verkroch sich in ihrem Mantel und schlug den Kragen hoch. Warum dauerte es so lange, bis sich hier ein freies Taxi blicken ließ?
    »Hübsche Frau, Sie wollen doch wohl nicht in dieser Kälte warten und sich womöglich einen Schnupfen fangen?« Eva drehte den Kopf. Ein junger Mann hatte sie angesprochen. Offenbar ein angehender Mediziner, der auf die Party im Anschluss an die Urkundenverleihung ebenfalls keinen Wert legte.
    »Bis das nächste Taxi kommt, kann es noch ewig dauern. Wenn Sie wollen, nehme ich Sie mit.«
    Eva wollte gerade einwilligen, als ihr Professor Steinmeier winkend entgegenkam.
    »Frau Doktor. Wie schön, Sie hier zu treffen.«
    »Ganz meinerseits«, erwiderte sie höflich und musterte das gut gelaunte Gesicht ihres zukünftigen Chefs, der offensichtlich bei der Feier einen Prosecco abgestaubt hatte. Die Flasche trug er in der Armbeuge wie einen kleinen Schatz.
    »Sie haben sicher auch genug von dem ganzen Brimborium da. Na, dann kommen Sie. Ich nehme Sie in meinem flotten Wagen mit.«
    Eva blickte zögernd zu dem Studenten, der mit seinem Autoschlüssel klimperte. Doch der Professor zog eine Augenbraue hoch und schüttelte den Kopf. »Sie fahren selbstverständlich mit mir! Keine Widerrede!«
    Entschuldigend zuckte sie mit den Schultern.
    Steinmeier drehte sich plaudernd von dem Studenten weg, der den Schlüssel in der Hand ballte. »Frau Doktor, ich wette, Sie fahren viel lieber in meinem Rolls-Royce nach Hause. Diese Jungspunde sind doch gar nicht Ihre Kragenweite.« Er zog sie lachend mit sich fort.
    Eva wunderte sich über so viel Unverfrorenheit, ließ sich aber bereitwillig mitziehen. Sie nahmen einen kurzen Fußweg. Laub wirbelte auf. In der Ferne heulte ein Hund.
    Professor Steinmeier ging zügigen Schrittes und redete währenddessen munter weiter. »Hören Sie, Frau Doktor. Von diesen Typen hatte ich schon einige auf meinem Seziertisch. Jemand, der statt einer anständigen Krawatte einen Äskulapstab um den Hals trägt … ich sage Ihnen, mit dem stimmt was nicht.« Er maß mit Daumen und Zeigefinger einen Abstand von einer halben Fingerlänge. »So klein!« Steinmeier lachte erneut. »Natürlich das Selbstbewusstsein. Was dachten Sie denn?«
    Mit einer ausladenden Handbewegung öffnete er ihr galant die Beifahrertür.
    »Frau Doktor, sind Sie schon einmal Rolls-Royce gefahren?«, plauderte er noch immer vergnügt. »Nein, nicht dass Sie jetzt glauben, ich lasse Sie ans Steuer. Machen Sie es sich in den Ledersitzen bequem, und genießen Sie die Fahrt!«
    »Sehr gerne.«
    Steinmeier setzte sich hinters Lenkrad und ließ den Motor an. Der Wagen schnurrte und beschleunigte. Eva wurde tief in die Sitze gepresst. Lässig bog Steinmeier auf die nächste Straße ab und beschleunigte erneut. Es schien, als fraß der Motor ihm aus der Hand. Irgendetwas an diesem vor Selbstbewusstsein strotzenden Mann gefiel ihr. Sie grübelte, dann hatte sie es. Sein humoriger Blick auf die Welt war es. Steinmeier war so ganz anders als ihr kühler, berechnender Vater.
    »Frau Doktor, da ich Sie gerade so munter bei mir habe: Mögen Sie eigentlich historische Funde?«
    »Meinen Sie etwa die Wölfin von Berlin, die erst vor Kurzem entdeckt wurde?«
    »Ja. Haben Sie schon mal einen Blick darauf geworfen?«
    Eva hustete. »Wie sollte ich?«
    »Das dachte ich mir. Na, dann melden Sie sich doch morgen

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