Ankunft
ihm, zumal er von Natur aus ein eher
ernsthafter Mensch war.
Früher oder später erfuhr Sean ohnehin alles, was im Weyr vor sich ging. Selbstverständlich wußte er, daß dem Krater an der Ostküste, der als die nächste offizielle Basis für die Drachenreiter galt, großes Interesse entgegengebracht wurde. Doch Sorka bezweifelte, ob er auch nur ansatzweise ahnte, wie oft hoffnungsvolle junge Reiter loszogen, um diesen Ort näher in Augenschein zu nehmen.
Die Gründung eines neuen Weyrs war längst überfällig. In Fort reichte der Wohnraum bei weitem nicht mehr aus, auch wenn man vorübergehend Geschwader in das primitive Höhlensystem bei Telgar verlegte. Um Stress und die daraus resultierenden Unfälle möglichst zu vermeiden, schickte man Königinnen, die in Hitze kamen oder brüteten, auf die subtropische Große Insel.
Sorka lief ein leiser Schauer über den Rücken, als ihr die Tragödie vom letzten Jahr einfiel; damals hätten sie um ein Haar drei Königinnen auf einen Schlag verloren, die in der Luft miteinander kämpften und sich gegenseitig schwere Verletzungen zufügten. Die bronzenen und braunen Drachen, die die in Raserei geratenen Königinnen schließlich trennten, waren auch nicht ungeschoren davongekommen.
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Der Weyr hatte eine fürchterliche Lektion gelernt:
Eine Königin in Hitze vermochte andere Königinnen
mit ihrer Brunst anzustecken. Keine Königin teilte
bronzene und braune Freier mit einer anderen.
Tarrie Chernoff schreckte immer noch aus Alpträumen hoch, in denen Porth ins Dazwischen flog und sie nicht folgen konnte. Evenath, die erste Königin, die Faranth erzeugt hatte, verlor ein Auge und konnte einen Flügel nicht mehr bewegen; bei Catherines Siglath war eine Schwinge so sehr in Mitleidenschaft gezogen worden – ein Großteil der Membran war zerstört –, daß sie nie wieder im Königinnengeschwader würde mitflie-gen können.
Noch gab es genug Königinnen, um im Tiefflug zu
segeln, während ihre mit Flammenwerfern ausgerüsteten Reiterinnen die tödlichen Sporen versengten. Hinzu gesellten sich meistens die Reiterinnen der grünen Drachen, die sich entweder im ersten oder letzten Drittel ihrer Schwangerschaft befanden, denn das dauernde Eintreten in das eisig kalte Dazwischen konnte eine Fehlgeburt auslösen. Himmel, es gab genug Drachen und Reiter, um drei Weyr zu bilden – wo ein jeder ausreichend Raum zur Verfügung hätte, um sich zu entfalten. Sie brauchten nicht aufeinander zu hocken wie die Bewohner einer Felsenburg.
Sorka glaubte, daß Sean den Zeitpunkt einer endgültigen Neugründung verzögerte, weil er sich noch nicht dazu durchringen konnte, einen Teil seiner Autorität und seines Einflusses zu delegieren. Er wollte für alles zuständig sein, und wenn etwas schiefging, nahm er die 218
gesamte Schuld auf sich. Das Kampfgeschwader, das er kommandierte, war sein ganzer Stolz, ihm galt all seine Fürsorge; in der Tat war er derjenige gewesen, der diese Truppe erst geschaffen hatte.
Niemand stritt dies ab. Jeder Reiter wußte, daß für Sean das Wohlergehen der Drachen an erster Stelle
stand; ständig war er bemüht, ihre Effektivität zu stärken und gleichzeitig Unfälle auf ein Mindestmaß zu re-duzieren. Zu Anfang, als die Drachen und ihre Reiter in den Fort-Weyr gezogen waren, verbrachte er zahllose Stunden mit Leuten, die während der Kriege gegen die Nathi als Piloten gedient hatten; obendrein beriet er sich mit dem Admiral und den beiden Kapitänen. Er studierte Videobänder über Militärgeschichte und Kampfstrategien, um herauszufinden, wie man den Fä-
denregen am wirkungsvollsten bekämpfen konnte. Die
ihm am besten erscheinende Technik war eine Mischung aus Luftschlacht und Kavallerieattacke. Nach und nach tüftelte er Formationen aus, um den unterschiedlichen Sporenschauern zu begegnen.
Als sich die Zahl der verfügbaren Kampfdrachen
vergrößerte, teilte er das Kontingent in Einheiten ein.
Ein Geschwader bestand aus dreiunddreißig Drachen,
einem Geschwaderführer und zwei Geschwaderzweiten,
die als dessen Stellvertreter fungierten. Wenn der
Geschwaderführer und sein Drache aufgrund einer
Verletzung ausfielen, rückte automatisch einer der beiden Geschwaderzweiten an seinen Platz. Sean hielt
diese Vorgehensweise für ungeheuer wichtig, weil sich die kleineren blauen und grünen Drachen stark ver-mehrten.
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Der Geschwaderführer mußte mit jedem einzelnen
Drachen seiner Einheit vertraut sein, um Anzeichen von Stress zu erkennen,
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