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Ankwin - Tod eines Kriegers (German Edition)

Ankwin - Tod eines Kriegers (German Edition)

Titel: Ankwin - Tod eines Kriegers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Mayer
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Prozess würde auch nicht mehr allzu lange gehen, auch wenn die junge Verteidigerin der Anklage ganz schön einheizte.
    Was wollte sie bloß von ihm wissen? Er war ja gar nicht mit da draußen im Wald gewesen und Bakon war tot. Sollte sie doch seine ganze Patrouille einsperren. Weiter kommen würde sie nicht, nicht bei ihm. Er hatte ja mächtige Freunde.
    Bis zu den Bestattungsfeierlichkeiten waren es noch ein paar Tage. Ja, er würde sich eine kleine Verschnaufpause gönnen und morgen ausschlafen. Pünktlich zur Mittagszeit würde er dann am Prozess teilnehmen und nichts zur Wahrheitsfindung beitragen.
    Der alte Soldat summte eine lustige Melodie, die er irgendwann an diesem harten Tag von einem Straßenmusikanten aufgeschnappt hatte.
    Jetzt, als er darüber nachdachte, fiel ihm ein, dass er den Musikanten heute mehrmals gesehen hatte – einen Flötenspieler.
    Den Schatten, der ihm folgte, bemerkte er nicht. Manchmal drehte sich Schiwett aus Gewohnheit um, denn er war ein vorsichtiger Mann. Nicht um sonst war er der Kommandant der königlichen Stadtwache Brakenburgs. Doch jedes Mal, wenn er sich umsah, blieb der Schatten einfach stehen und verschmolz mit der schlecht beleuchteten Straße.
    Der alte Soldat summte die eingängige Melodie. Er wollte gerade die Tür seines Hauses entriegeln, als ihm plötzlich so war, als hätte jemand seine Melodie mit gesummt. Erschreckt drehte er sich um, als er eine Stimme vernahm.
    »Werter Schiwett, gebt gut Acht,
    der Brandwein bringt Euch Tod und Nacht.«
    Schiwett spürte einen schmerzhaften Schlag an der Schläfe. Es war das Letzte, was er spürte. Bewusstlos sackte er auf den Stufen seines Hauses zusammen, rollte herunter und blieb in der Gosse liegen, zwischen Pferdemist und Küchenabfällen.
    Bermeer trat aus dem Schatten, nahm den Kopf in beide Hände und drehte ihn ruckartig. Mit einem lauten, dumpfen Knacken brach das Genick. Er legte den leblosen Körper in eine etwas andere Position, dann entkorkte er einen Tonkrug mit gutem brakenburgischen Schäferschnaps, den er in seinem Gewand verborgen hatte. Mit schnellen Griffen öffnete er den Mund des Toten und flößte ihm etwas von dem Krug ein, den Rest des Inhalts verschüttete er über Kopf und Oberkörper. Ein Ohrring Schiwetts wanderte mit geübten Griffen in den Besitz Bermeers.
    Schließlich zerschlug er das Tonbehältnis neben dem Toten und stülpte ihm den Henkel über den rechten Daumen. Seit dem Schlag waren nur wenige Augenblicke vergangen. Bermeer trat in den Schatten einer Ecke und war verschwunden.
    Dann war ein Flötenspiel zu hören, eine fröhliche Melodie, die in den nächtlichen Gassen Brakenburgs langsam verhallte.

Reinigung
    (Birgenheim im Winter)
    Farig sah Kadell mit blasser Haut und roten Flecken im Gesicht aus dem Badehaus kommen. Der Aufseher musste lächeln.
    Kadell war schon fünfzehn, aber außer seinen Schwestern hatte er noch keine nackte Frau gesehen – und nun hatte er eine ehrwürdige nackte Heilerin gesehen, dazu noch eine wunderschöne.
    Farig wusste nicht allzu viel über die Reinigungsriten der Heilerinnen, aber im war klar, dass es nicht nur um die bloße Entfernung von Schmutz ging, sonder auch um die Reinigung des Geistes und des Verstandes. Das rituelle Bad war ein zentraler Moment im Leben der Heiler.
    Als der junge Aufseher Lavielle vorher an der Treppe aus nächster Nähe gesehen hatte, waren ihm wohl ein paar Fältchen aufgefallen und sogar vereinzelte graue Haare und doch war die Heilerin die schönste Frau, die Farig je gesehen hatte. Er hätte zu gern mit Kadell getäuscht, aber das hätte sich für einen Mann in seiner Position nicht geziemt. Es war einer der wenigen Momente, in denen er sich wünschte, ein einfacher kleiner Page zu sein.
    Kadell eilte an ihm vorbei und vergaß beinahe, ihm den nötigen Respekt zu zollen.
    Als Farig in ernst ansah, brachte er nur ein »Sie will mehr heißes Wasser.« hervor. Der Page hastete eilig weiter und verschwand in der Küche, die sich direkt neben der Haupthalle befand.
    Der Aufseher zog seine Lederhandschuhe aus, klemmte sie sich unter den Arm und blies seinen Atem in die hohlen Hände. Das Feuer vor ihm wollte ihn nicht recht wärmen.
    Er war hier aufgewachsen und kannte die Härten des Winters. Das hielt ihn jedoch nicht davon ab, diese Jahreszeit zu verachten. Er hätte viel darum gegeben, jetzt auch in einem Zuber mit heißem Wasser zu sitzen, vor allem mit einer solchen Frau.
    Seine Gedanken wanderten wieder zu den Fremden.

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