Ankwin - Tod eines Kriegers (German Edition)
Herr Garock sich zu dieser Aussage verleiten ließ und in keiner Weise das Gericht angreifen.
Mir stellen sich allerdings noch weitere Fragen. Ein Mann, der, warum auch immer, in gefesseltem Zustand einen Hauptmann der Wache getötet hat, muss gefährlich sein. Wie ist es möglich, dass eben dieser Mann weiterhin gefährlich sein könnte, nein, ist?
Ich bin kein ausgebildeter Soldat der Stadtwache Brakenburgs, aber auf die Idee, den Gefangenen zum Beispiel auf ein Pferd zu binden, wäre sogar ein Kind gekommen.
Also entweder waren die ehrenwerten und tapferen Männer der Patrouille völlig überfördert oder Herr Garock unternahm gar keine weiteren Fluchtversuche, weil das gefesselt und zu Fuß unter der Aufsicht von fünf Reitern gar nicht möglich ist.
Er wurde einfach aus Zorn über die eigene Unfähigkeit, den Hauptmann zu schützen, geschlagen und getreten – ein wehrloser Mann.«
Die Zwischenrufe waren mittlerweile alle verstummt.
»Werter Plikon, Euer Vorgänger, der ehrenwerter Brinthardt, meinte, es handle sich bei Herrn Garock um einen tollwütigen Bären, der aus blanker Mordlust getötet hätte. Nun, vielleicht sind die Soldaten ja doch tapfer und einfach nur ohne Führung gewesen?
So erfordert ein Fluchtversuch, der hier unterstellt wird, unter den genannten Bedingungen trotzdem einen kühlen Kopf und einen scharfen Verstand, zumal es sich um mehrere Fluchtversuche gehandelt haben soll. Jeder weitere würde schwieriger sein, da die Männer immer wachsamer würden. Ein Mann, der also nach Aussage der Patrouille, fünf Schausteller und drei Soldaten in blinder Wut und aus reiner Mordlust getötet haben soll, einem tollwütigen Bären gleich, wie soll der zu solchen klaren Gedanken fähig sein?«
Mittlerweile herrschte völlige Stille und Plikon sah sich seinem Vorsprung und seiner Sicherheit Stück für Stück beraubt. Er überlegte fieberhaft, welchen Fehler er gemacht hatte. Doch der Prozess war noch nicht vorbei und er war nicht irgendwer, er war Plikon.
»Da wir nun ausgeschlossen haben, dass Herr Garock ein tollwütiger Bär ist, stellt sich weiterhin die Fragen, warum ein Mann mit klarem Verstand mehrere Soldaten, also eine Übermacht, angreifen sollte?
Schließlich lässt er sich gefangen nehmen und tötet nur mit einem Kopfstoß einen Hauptmann. Dieser letzte Akt und nur dieser zeugt von kalter Wut, einer Wut, die nur einer Ungerechtigkeit entspringen kann, einem Unrecht, das Ihr, hohes Gericht, Ihr, werter Plikon, und Ihr, aufrechte Brakenburger, verabscheut und, um es zu verhindern, das Recht in Brakenburg so hoch haltet und achtet.
Herr Garock war also wütend, weil irgendjemand auf unser Recht spie.«
Die Zuschauer wurden wieder unruhig, allerdings entsprang diese Unruhe diesmal einer Uneinigkeit. Einige bestätigten Lavielle, andere wiederum riefen irgendetwas dagegen und so entstanden Zwistigkeiten.
»Ich lade für die nächste Sitzung den ehrenwerten Schiwett vor, Kommandant der Stadtwache.«
Dieser hatte die ganze Zeit unter einigen Beamten der Stadt in der Nähe des Gefangenen gestanden. Er blickte etwas unentschlossen drein, als wäre ihm nicht ganz klar, was gerade eben gesagt worden war, dann blickte er zu einem der Ratsherren.
»Außerdem habe ich Grund zu der Annahme, dass sich mindestens ein Zeuge am Ort des Geschehens befunden haben muss. Ich bitte das hohe Gericht, mir mehr Zeit für meine Untersuchungen zu gewähren.«
Lavielle verbeugte sich tief vor dem Richter und schritt langsam zu ihrem Platz. Sie schaute Garock ins Gesicht und stellte höchst zufrieden fest, dass auch er sie anschaute.
Für einen Moment glaubte sie, in den grob geschnitzten Zügen ein Schmunzeln zu entdecken. Doch für jedwedes Schmunzeln war es äußerst schwer, sich einen Weg durch die Züge solch eines Gesichtes zu bahnen.
Bungad saß noch immer mit dem Kinn in die linke Hand gestützt und blieb eine Weile völlig regungslos sitzen. Unzählige Augen ruhten nun auf ihm, doch er ließ sich nicht beirren oder hetzen. Schließlich sog er die Luft entschieden durch die Nase ein und richtete sich auf.
»Die junge Verteidigerin möge noch einmal in sich gehen und über die Schärfe ihrer ungehüteten Zunge sinnieren. Außerdem soll sie nicht über Zeugen mutmaßen, sondern diese schnellstens herbeischaffen.
Der Herr Ankläger sollte sich über einige Fragen, die hier aufgeworfen wurden, dringend Gedanken machen. Der Prozess wird in drei Tagen zur Mittagszeit weitergeführt. Der Angeklagte
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