Ankwin - Tod eines Kriegers (German Edition)
lauter Menschen war fast nichts zu sehen außer der Ehrentribüne. Das Einzige, was in Anbetracht der vielen Menschen bemerkenswert war, war die verhältnismäßig ruhige Stimmung. Man konnte sogar vereinzelt Wortfetzen des Redners hören. Anscheinend erhielten die neuen Magier gerade ihre Weihe.
Suchend sah sich Ankwin um. Irgendwie musste er näher an die Tribüne herankommen, da fiel ihm etwas auf.
Zuerst hatte er durch die vielen Menschen gar nicht erkannt, wo er stand. Doch es war dieselbe Gasse, in der er herausgekommen war, als er den Blutboten das erste Mal verfolgt hatte. Ankwin grinste schief und begann, den Einstieg zu suchen.
Diese Mal wusste er, was ihn erwartete und er hatte es nicht ganz so eilig. Einige blaue Flecken später stand Ankwin wieder an dem steinigen Flussufer. Vor ihm trieb der Skatrenk ruhig dahin und hinter ihm erhob sich die Ufermauer. Leise und behutsam erklomm er die Krone der grob behauenen Steinmauer und spähte über die Kante. Er konnte zwei Soldaten ausmachen, doch die hatten mehr Interesse an den Feierlichkeiten als an der Bewachung des Ufers. Sie stützten sich nachlässig auf ihre Speere.
Die Rückseite der Tribüne war offen und lag genau vor ihm. Man konnte die Balkenkonstruktion allerdings nur schwach erkennen, da alles im Halbdunkel lag.
Vorsichtig zog er sich nach oben. Gerade, als er auf der Mauer lag und sein Bein nachziehen wollte, löste sich ein kleinerer Stein aus der Mauer und machte Anstalten, zu fallen. Ankwins freier Arm schoss nach vorn und hielt den Stein fest. Der Krieger grinste und war stolz auf seine Reflexe. Dann begriff er, dass der kleine Stein einen weit größeren gehalten hatte. Der kam jetzt ins Rutschen. Der junge Krieger legte schnell den kleinen Stein auf die Mauerkrone und griff nach dem großen. Das geschah allerdings ein kleines bisschen zu langsam. Der Stein löste sich ganz aus der Mauer und fiel. Nach kurzem Fall wurde er im Dickicht gebremst und schlug dumpf auf dem feuchten Uferboden auf.
Der Soldat links der Tribüne drehte sich um, sah aber nichts. Prüfend sah er noch einmal zum Geschehen vor der Tribüne, dann drehte er sich erneut zu der Mauer und ging sie langsam ab. Er sah über die Mauer hinab auf den Fluss und auf das Ufer. Doch da war nichts zu erkennen. Wahrscheinlich handelte sich um ein paar dieser Straßenbengel, die immer wieder am Ufer und im Kanal spielten. Sicherheitshalber sah er noch von der Ufermauer aus kurz unter die Tribüne, doch dort war auch nichts zu erkennen. Lustlos drehte sich der Soldat wieder um und schlenderte zu seinem Platz.
Leise und kontrolliert atmete Ankwin aus, dann ließ er sich langsam aus dem Gebälk ab. Dort oben hatte er nur ein paar Füße und einen Teil der Menge gesehen. Nach seinem Geschmack zu wenig für die Kraft, die er aufwenden musste, um dort oben zu hängen.
Bedacht darauf, kein Geräusch zu verursachen, bewegte sich der Bärenfelsener zu der Vorderseite der Tribüne, die mit Tüchern abgehängt war. Behutsam ertastete er eine Stelle, an der zwei Tücher aneinanderstießen, und schob den Stoff etwas zur Seite. Er hörte Schritte über sich und vor sich sah er den ganzen Platz und die Novizen, die ihr Gelübde ablegen sollten. Da! Da war auch Lavielle! Sie sah atemberaubend aus in ihrer Robe und mit dem geflochtenen Haar. Doch was machte sie da? Das konnte, das durfte nicht sein!
Lavielle war im Begriff, das Gelübde abzulegen. Sie hatten nicht viel darüber gesprochen, doch was er wusste, ließ in bleich werden. In wenigen Augenblicken würde sie geloben, sich dem normalen Leben zu enthalten und alles dem Wohl der Menschen zu widmen.
Er war doch gerade mal drei Tage von ihr getrennt gewesen und schon hatte sie sich entschlossen, ihr Leben ohne ihn zu verbringen. Seine Brust wurde ihm zu eng und etwas ergriff sein Herz mit eiserner Härte. Die Kehle wurde ihm trocken und Ankwin konnte nur ungläubig durch den Schlitz im Tuch blicken.
Sie hatten sich geliebt. Sie hatten sich liebestrunken Treue geschworen, nicht mit Worten aber doch mit Blicken und mit Gesten. Hatte er sich so in ihr getäuscht? Vertraute Lavielle ihm so wenig?
Gelähmt verfolgte Ankwin die Zeremonie.
»... Junge Heiler und Heilerinnen, sprecht mir nach. Ich rufe das heilige Myriton als Zeuge meines Schwurs.« Biree hob langsam und feierlich beschwörend die Arme. Alle Novizen begannen zu sprechen, die jungen, weil sie den Schwur zum ersten Mal ablegten und die alten, um ihn zu erneuern und sich wieder
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