Ankwin - Tod eines Kriegers (German Edition)
allem Überfluss wurde diese Anlage als Lustgarten bezeichnet.
Auch hier standen viele Grüppchen herum, doch allein das Bewusstsein im Freien zu stehen, ließ einen an Kühlung glauben und spendete etwas Erfrischung.
Wieder kamen ihm Zweifel, ob er Bungad überhaupt wegen seines Verdachtes ansprechen sollte, zumal auch Pageronn jetzt tot war. Und wenn, ob es nicht besser wäre, ihn erst in den nächsten Tagen, am besten sogar nach den Feierlichkeiten aufzusuchen.
Ein lautes Klappern riss ihn aus seinen Gedanken. Ein Tor an der westlichen Mauer des Parks war von einem Pagen entriegelt worden und hinter dem aufschwingenden Torflügel waren große schwarze Schemen zu erkennen. Als sich seine Augen an das Licht der untergehenden Sonne im Rücken der Gestalten gewöhnt hatten, löste sich einen von ihnen und trat ein.
Die hintern Schatten entpuppten sich als zwei Träger samt Sänfte und der vordere, der sich bereits auf den Weg zu einem der Terrassen machte, war Richter Bungad. Sein rechter Arm lag in grünen Stoff eingeschlagen in einer Schlinge. Seine Linke führte einen Stock, der ihn beim Gehen unterstützte. Er hinkte links etwas, doch im Übrigen schien der Richter ganz der Alte und dieser Eindruck wurde von einem breiten Grinsen, das von seinen markanten Kiefermuskeln auf so unnachahmliche Weise untermalt wurde, bestätigt.
Schon ging ein Raunen durch die Menge und während Bungad schon den Stock schwang und einige von Fernem begrüßte, entstand ein Sog, der die Menschen wieder in die Halle trieb. Obwohl offiziell erst der König den Empfang eröffnete, schienen alle nur auf Richter Bungad gewartet zu haben.
Klug genug, um zu wissen, dass sich jetzt wahrscheinlich jeder um den Richter drängen würde, um zu erfahren, was offensichtlich war, blieb Theodus zunächst geduldig draußen stehen. Und während er noch seine Gedanken sammelte, betrat er dann als einer der Letzten den Saal.
Allem Anschein nach ging es Richter Bungad entgegen aller Umstände und Vermutungen blendend und vor allem seine Laune schien ausgezeichnet.
Theodus nahm sich vor, den Richter den ganzen Abend im Auge zu behalten und erst später zu entscheiden, ob er ihn anspräche oder nicht.
***
Lavielle saß zitternd in einer Ecke der riesigen Halle und weinte. Die vergangenen Tage hatten ihr mehr zugesetzt, als sie zuerst hatte zugeben wollen. Der Schlafmangel und die Aufregung vor den Feierlichkeiten, die Ungewissheit über Ankwin, dann der Schock dieses furchtbaren Ereignisses und als überzeugte und nun vollwertige Heilerin war es ihre Pflicht gewesen, bei der Versorgung der Verletzten mitzuhelfen.
Nur unterbewusst nahm sie war, wie die ersten Tore des großen Schlangentempels geschlossen wurden. Adepten begannen, die blutigen Überbleibsel der zahlreichen Wundversorgungen zu beseitigen und die Fackeln und Lampen zu entzünden.
Von der Bevölkerung war mittlerweile niemand mehr da, die Leichtverletzten hatte man nach Hause geschickt und die Schwerverletzten waren in die Gilde gebracht worden. Lavielles Weinen war zu einem Schluchzen geworden, das nur noch von Zeit zu Zeit zu hören war. Ihre Wangen spannten vom Salz der trocknenden Tränen und dem Ruß und sie musste durch ihren Mund atmen, denn ihre Nase war verstopft. Sie fühlte sich abgebrannt wie ein Kerzenstumpf.
Mächtige Hände legten ihre eine Decke um die Schultern und vor ihrem Gesicht tauchte ein mit dampfender Flüssigkeit gefüllter Tonbecher auf.
Dankbar blickte Lavielle zu Garock, der ihr den Gewürztee gebracht hatte. Sie hatte seit vorgestern Abend kaum etwas gegessen.
Die plötzliche und kräftige Würze des Tees brannte angenehm auf ihrer Zunge und die erweckten Geschmacksnerven sandten einen kurzen Schmerz in ihre Kaumuskeln. Ihr erster Versuch sich zu bedanken, endete auf ihren belegten Stimmbändern und sie musste sich räuspern.
»Danke, Garock.«
Der Tee war nicht umsonst weit über Brakenburg hinaus bekannt. Seine belebende Wirkung war sprichwörtlich. Lavielle konnte beinahe spüren, wie ihr Geist und ihr Körper sich wieder zu einer Einheit verbanden. Dass sie geweint hatte, schien auf einmal lange zurückzuliegen.
Mit den ersten klaren Empfindungen kamen auch die ersten klaren Gedanken. Die junge Heilerin musste wieder an das Unglück denken. Viele Menschen waren zu Schaden und viele hohe Persönlichkeiten Brakenburgs waren zu Tode gekommen, unter ihnen auch Pageronn.
Entweder er soll auch getötet werden oder er hat etwas mit dem Blutboten zu tun
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