Ankwin - Tod eines Kriegers (German Edition)
junge Krieger hätte dem Mann unter Einsatz seines nicht allzu schmächtigen Körpers folgen können, aber Ankwin wollte sich als Neuankömmling in dieser Stadt nicht gleich einen schlechten Namen machen, indem er allerlei Leute anrempelte. Auch über die Dächer hätte ihn jeder sehen können. Er könnte ihm mit den Augen folgen, würde aber nur herausfinden, in welcher Seitengasse er verschwände. Für ein ‚Haltet den Mörder’ hatte er keine wirklichen Beweise. So eine Flasche war schnell zerschlagen. Nein, er musste sich etwas einfallen lassen, um irgendwie schnell auf die andere Seite des Platzes zu gelangen.
Ankwin sprach einen der Jungen neben ihm an. »Sag mal, wenn ihr jemanden ein bisschen zuviel geärgert habt, wie haut ihr ab? Auf dem Baum bleibt ihr wohl kaum sitzen.«
Der Junge grinste und zeigte unter einer sommersprossigen Nase ein paar viel zu große gelbe Zähne. »Wir laufen durchs Wasser.«
»Durchs Wasser?«, Ankwin schaute sich suchend um. Wortlos wies der Bengel auf den mit grauen Steinen eingefassten Fluss Skatrenk, der direkt neben der Senke entlang floss.
Ankwin ließ sich nach einem kurzen Blick unter den Baum, nach hinten fallen, drehte sich und kam mit den Füßen auf dem Pflaster auf. Er wusste zwar nicht genau, was der Junge meinte, aber viel Zeit hatte er nicht mehr. Er brauchte so oder so ein gutes Quäntchen Glück, um die Verfolgung noch aufnehmen zu können.
Nach wenigen Schritten durch den Menschenauflauf stand er am Ufer und blickte auf den behäbig und durch das Schmelzwasser der Berge dicken Skatrenk. Kurz entschlossen sprang der Bärenfelsener ins Flussbett, unter ihm knirschten die Kiesel am seichten Ufer. Ankwin schaute sich um und zweifelt für einen Moment an sich. Er konnte nichts Außergewöhnliches entdecken, doch dann sprang es ihm ins Auge. Einer der Büsche an der Ufermauer war ziemlich zerfleddert und etwas Dunkles lag hinter ihm.
Schnell bewegte er sich darauf zu. Die wenigen Blicke von ein paar Zuschauern über ihm ignorierte er. Das Dunkle entpuppte sich als ein alter Abflusskanal, aus dem das Rinnsal eines kleinen Baches zum Fluss drängte. Der Tunnel führte genau unter den Platz, also ungefähr in Richtung Mannes, den er verfolgen wollte, und doch war Ankwin klar, dass er wenig Aussichten auf Erfolg und einen langen, feuchten, gebückten Weg in absoluter Dunkelheit vor sich hatte.
»Was soll’s?«
Ankwin betrat den Tunnel, streckte die Hände vor und begann, zu laufen. Es stank entsetzlich, wobei der Gestank nach altem Urin vorherrschte.
Er war in guter Verfassung, aber schon nach wenigen Ellen hatte er ein paar blaue Flecken mehr, und die Wunde von seinem alten Meister Regorie spürte er in dieser gebückten Haltung jetzt auch wieder. Ankwin stieß ein paar Flüche aus, besann sich aber schnell eines Besseren. Er war Krieger und er war jetzt auf der Jagd. Eigentlich kam Ankwin ganz gut voran, denn das Einzige, was ihm in den Weg kam, waren unzählige Spinnweben und ein paar aufgescheuchte Ratten. ‚Das Glück ist mit den Entschlossenen’, wie Regorie immer sagte.
Der Schweiß begann ihm auszubrechen und er spürte, wie das stinkende Nass durch seine Stiefel drang. Trotz seiner noch frischen Ausbildung begann jetzt sein Rücken zu schmerzen. Die Naht seiner Verwundung begann zu pochen.
Er war mittlerweile vielleicht hundert Schritt in den Tunnel eingedrungen und sah noch kein Licht. In diesem Augenblick wurde ihm klar, dass er den Jungen nicht einmal nach dem Ausstieg gefragt hatte. ‚Geh jetzt und sammle die Erfahrungen, die dich zu einem wahren Krieger machen.’ Er hoffte, dass Regorie auch solche Erfahrungen gemeint hatte.
Ankwin hatte, außer etwas sauberer Kleidung nichts zu verlieren und mit ein bisschen Glück könnte er vielleicht einen Attentäter dingfest machen.
Endlich sah er einen blassen Schimmer vor sich. Er steigerte sein Tempo, um möglichst schnell seinen Rücken entlasten zu können. Die Öffnung kam näher. Fünfzehn Schritte, zehn, fünf, frische Luft.
Ankwin richtete sich auf und dankte seinem Rücken für die treuen Dienste. Er stand am Ende einer Rinne, die den Unrat einer breiteren Gasse mit dem Wasser des Baches in den Tunnel spülte, wenn der Bach genug Wasser führte. Dankbar stellte er fest, dass die Gasse menschenleer war. Auffallen würde er also nicht.
Er sah sich um. Es war die Gasse der Krämer und Kräuterhändler und glücklicherweise nicht die der Gerber. Das Sonnenlicht hatte alle Mühe, hier die
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