Ankwin - Tod eines Kriegers (German Edition)
Es blieb heil und prallte wieder ab. Das Geräusch, das es verursacht hatte, ließ die Zeit stillstehen. Ankwins Pupillen wurden größer, seine Ohren bewegten sich ein kleines Stück nach hinten und seine Nasenflügel weiteten sich. Die Phiole schlug erneut auf und kam dann zum Liegen.
Ankwin schossen jetzt die Bilder der letzten Nacht durch das Bewusstsein. Als er den Mann am Bein gepackt hatte, war etwas zu Boden gefallen. Es hatte sich genauso angehört. Neben Ankwins Bett war nichts gestanden. Der Eindringling musste es fallen gelassen haben. Vielleicht war das der Grund für seine Bewusstlosigkeit und dieses Etwas lag vielleicht noch unter seinem Bett. Sein Verstand begann, rasend schnell zu arbeiten. Wenn dieses Etwas in der Lage war, einen erwachsenen Mann innerhalb weniger Momente kampfunfähig zu machen und ein Heiler, der in solcherlei Dingen bewandert war, dessen Einsatz nicht erkannte, dann war es vielleicht die Mühe Wert, zurückzukehren und es zu holen. Und das war am einfachsten, wenn das Zimmer leer war. Das Zimmer war jetzt leer!
Ankwin sprang auf und verließ in großer Hast den Raum. Bungad, Wejan und Miron sahen ihm überrascht nach, bis der Hausherr das Schweigen brach.
»Die Jugend! Weiber, Weinbrand und Flausen. Oder muss er sich gar das Essen noch einmal durch den Kopf gehen lassen?« Er lachte wieder so laut, dass die anderen beiden alleine wegen ihm schon lächeln mussten.
Beim Hinausgehen hätte Ankwin beinahe den Türrahmen mitgenommen. Während er die Treppe mit drei Sätzen nahm, fluchte er innerlich über den Schwindel.
Er stieß die Tür zu seinem Zimmer auf und da, auf dem Fensterbrett, stand er - die Gestalt war nicht besonders groß, sie konnte beinahe aufrecht im Fensterrahmen stehen. Sie trug wieder einen Mantel mit Kapuze. Diesmal war er grau und hatte viele Flicken, beinahe wie die Kleidung eines Bettlers. Gleich einem Raubtier kurz vor dem Sprung stand der Mann auf dem Fensterbrett und für einen kurzen Moment sah Ankwin ihm direkt in die Augen. Der Rest war verhüllt, aber die Augen funkelten zurück. Kleine listige braune Augen.
Dann sprang der Mann in den Hof. Ankwin stürmte ihm nach und war mit einem Satz auf dem Fensterbrett. Wieder ein Schwindel und Ankwin hätte mit seiner Rechten beinahe den Fensterrahmen verfehlt. Er konnte sich gerade noch halten, bevor er in den Hof stürzte.
Der Attentäter war schon jenseits desselben und auf halber Höhe der Mauer gegenüber. Schneller als eine Katze war er auf der Mauerkrone. Oben angekommen drehte er sich noch einmal zu Ankwin um, grüßte ihn höhnisch und verschwand.
Ankwin schnaubte vor Wut. Er schlug mit der Faust auf die Fensterbank, sodass der Putz darunter bröckelte. Der Schmerz seines pochenden Handknöchels brachte ihn wieder zur Vernunft. ‚Hüte deinen Körper, er ist die einzige Waffe, die du immer bei dir hast.’ Regories Lehren holten ihn ein weiteres Mal ein. Sofort war er wieder ganz ruhig. Er schloss das Fenster und kühlte seine Hand bedächtig in der Wasserschüssel. Nachdem er sie getrocknet hatte, ließ er sich in den Liegestütz fallen und legte sich dann langsam hin. Sein Übermut ließ ihn erneut schwindeln.
Nach einer kurzen Pause mit geschlossenen Augen wanderte sein Blick über den Boden und unter das Bett. Er sah Staubflusen, seinen Nachtopf, Mäusedreck und seine Stiefel. Der eine Stiefel, den er letzte Nacht erbeutet hatte, war nicht mehr zu sehen. Verdammt, der Attentäter war schon in seinem Zimmer gewesen. Doch auch ein schnelles Tier hinterlässt eine Spur. Langsam bewegte er sich auf seinen Zehenspitzen und seinen Unterarmen vorwärts. Erst konnte er nichts finden, doch dann fiel ihm eine hellere Staubstelle auf. Hier war letzte Nacht sein Kopf gewesen. Der helle Staub stellte sich als mehliges Pulver heraus. Das musste das Gift sein, das ihn außer Gefecht gesetzt hatte. Bedacht darauf, das Pulver nicht erneut einzuatmen, arbeitete er sich vorsichtig weiter vor.
Er lag jetzt halb unter dem Bett, aber außer dem Pulver sah er nur noch den Nachtopf. Ein plötzlicher Gedanke ließ ihn schmunzeln. Langsam griff er in den Topf. Ein kurzes Tasten und dann die Gewissheit. Behutsam hob er den kleinen Glasbehälter mit zwei Fingern aus dem Notdurftbehältnis.
Ankwin wusste zwar, dass er den Fund irgendwie brauchen würde, aber er wusste noch nicht wie. Vorsichtig bewegte er sich auf einem Ellenbogen und seinen Füßen unter dem Bett hervor. Mit spitzen Fingern hob er das Behältnis vor
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