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Ankwin - Tod eines Kriegers (German Edition)

Ankwin - Tod eines Kriegers (German Edition)

Titel: Ankwin - Tod eines Kriegers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Mayer
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Dolchscheide und doch hatte diese Tatsache Theodus keinen Schritt weiter gebracht. Sackgasse.
    Anschließend hatte er sich in die Gerichtsakten gestürzt. Nun hielt er seit geraumer Zeit ein Dokument aus diesen Akten in seiner Hand und starrte unentwegt darauf. Seine Augen tränten und sein Rücken brachte ihn um.
    Seit dem Gespräch mit den Weisen Drei war der Tag schon beträchtlich gealtert und ihm ging es auch nicht besser. Nach dem der Vormittag mit der Untersuchung des Briefes verstrichen war, hatte sich nachmittags herausgestellt, dass die Gerichtsakten alles andere als gut sortiert geschweige denn vollständig waren.
    Das Archiv für solche Unterlagen war aufgrund seines geringen Umfangs in den vergangenen Jahrzehnten bestimmt schon dreimal umgezogen. Erfahrungsgemäß wurden für solche Unternehmungen niedrige Adepten verwandt, die noch wenig Verständnis für derlei Unterlagen aufbringen konnten.
    Schreiber hätte fast jeder hier auf dem Gelände sein können. Bedachte man, dass man ungefähr im Alter von Anfang zwanzig Schreiber werden und diese Tätigkeit bis zum Gnadenbrot betreiben konnte, waren das unzählige mögliche Personen. Was er brauchte, war ein Name, aber Theodus fehlte das Inhaltsverzeichnis, das Blatt, das alle anderen in eine Ordnung brachte.
    Er streckte sich ausgiebig und stand schließlich auf. Bewegung war immer das Beste, wenn man nicht weiter kam. Er nahm die Arme hinter den Rücken und ging auf und ab. Wieder trat er in die Blutlache. Die war allerdings inzwischen fast komplett getrocknet und äußerst klebrig.
    Er schüttelte etwas abwesend den Kopf und ging gleichgültig weiter. Nach einiger Zeit hielt er inne und wollte sich wieder setzen. Tief ausatmend sah Theodus an die Decke, als ob dort die Lösung versteckt wäre, dann ließ er den Kopf wieder sinken und starrte sinnierend auf den Boden.
    Die Unordnung dort drang in sein Bewusstsein. Blutige Spuren seiner eigenen Füße, Papiere aller Art, der Inhalt der Regale – plötzlich hatte er das Bedürfnis, aufzuräumen und da er im Augenblick sowieso nicht weiter kam, fing er an, sein Arbeitszimmer zu ordnen.
    Die Zeit verging und die Unordnung nahm ab. Die Dämmerung machte schließlich das Ordnen schwer. Nur noch die paar Blätter auf dem Boden, dann würde er pausieren. Beim Aufheben löste sich ein Blatt und fiel wieder auf den Boden.
    Als er es aufhob, waren darauf die Abdrücke seiner Schuhe zusehen, allerdings spiegelverkehrt. Theodus stockte. Das Blut des einen Blattes hatte sich auf dem anderen abgezeichnet.
    Er ließ die Papiere achtlos fallen, stürmte zum Tisch und besah sich die einzelnen Blätter der Gerichtsakten, nur um zu merken, dass es durch die vorangeschrittene Dämmerung zu dunkel zum Lesen war. Er verzog kurz das Gesicht und entzündete die Lampe.
    Wieder prüfte Theodus die Seiten der Unterlagen. Wenn man genau hinsah, konnte man auf der Rückseite mancher Bögen spiegelverkehrte Spuren der Seite erkennen, die nachfolgte. Die Tinte hatte über die Jahre von dem einen Bogen auf den anderen abgefärbt. Das war seine Chance.
    Fahrig und mit zittrigen Händen durchsuchte er den Stapel nach der einen Seite. Ihm war schlecht und ihm wurde klar, dass er wieder mal vergessen hatte, zu essen und zu trinken, seit heute Morgen.
    Theodus kniff die Augen zusammen und riss sich zusammen, nur diese Seite. Nur diese Seite, Blätter über Blätter, Buchstaben über Buchstaben, staubige Bündel – da war sie, die Seite, die zu oberst gelegen hatte, die, mit deren Hilfe man den Aktenstapel überhaupt hatte zuordnen können, das Deckblatt.
    Hier standen keine Namen, nur das Jahr, die Art des Prozesses und der vorsitzende Richter: ‚Mordprozess im vierten Jahr des Löwen, der ehrenwerte Richter Bungad im Namen des Königs, seiner Majestät, Winnegast III.‘
    Theodus drehte das Blatt um und hob es ans Licht. Ein paar Linien waren zu erkennen, doch nichts war lesbar. Sorgsam legte er das Blatt vor sich auf den Tisch, schloss die Augen und flüsterte.
    »Helfer des Genrom, Diener der Byten,
    seid auch mir zu Diensten.
    Will wissen, was das Wesen ist,
    das Wesen ist von dieser Schrift,
    das Wesen, das zu lesen ist,
    leset, bis verwehrte Schrift
    zu lesen ist als hehre Schrift.
    Gepriesen ist, was Leere frisst.
    Dank sei den Byten, Dank dem Genrom.«
    Langsam öffnete er die Augen und war selbst gespannt, ob er den Spruch gemeistert hatte. Nichts passierte. Enttäuscht wollte er das Papier schon weglegen, als plötzlich

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