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Anlass

Anlass

Titel: Anlass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ambler
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Speziallifts für Flugzeuge. Der dritte Bericht wird Nachrichten über Munitionssendungen an dieselben Adressen enthalten. Gerade genug für ihn, daß er sich die Geschichte selbst zusammenreimen kann. Dafür, Mr. Marlow, bekommen Sie von Vagas sechstausend Lire und« – er schaute mir in die Augen – »weitere sechstausend von mir.«
    Ich blickte von einem zum andern. Das Mädchen hatte den Kopf über den Blusensaum gebeugt, an dem sie arbeitete, und schien sich unserer Anwesenheit gar nicht bewußt zu sein. Aber ich sah, daß sich die Nadel nicht mehr bewegte und ihre Finger eine zierliche Haltung annahmen, wie die einer Frau auf einem holländischen Ölbild. Zaleshoff war plötzlich sehr damit beschäftigt, sich eine Zigarette anzuzünden.
    Ich räusperte mich vernehmlich. »Ich denke, Zaleshoff«, sagte ich gleichmütig, »daß die Zeit für Sie gekommen ist, zu erklären, was für ein persönliches Interesse Sie an diesem Geschäft haben. Was haben Sie damit zu tun? Mit anderen Worten, was für ein Spiel spielen Sie?«
    Er sah mich mit gut gemimter Überraschung an. »Spiel? Ich spiele kein Spiel.« Auf seinem Gesicht erschien plötzlich ein Ausdruck entwaffnender Aufrichtigkeit und schlichter Offenheit. »Betrachten Sie mich einfach als einen simplen Amerikaner mit etwas mehr Geld, als ich brauche« – er wiederholte dies – »mehr Geld, als ich brauche. Das ist die volle Wahrheit. Ich bin ein einfacher Amerikaner, der den Krieg haßt. Aber ich möchte mehr tun als nur hassen.« Seine Stimme vibrierte wie die eines Wanderpredigers. »Ich möchte in praktischerer Weise zum Frieden, den wir alle wünschen, beitragen als nur durch Reden. Es steht schlecht um die Welt, Marlow. Was sie braucht, ist eine gute Leitung. Ich bin Geschäftsmann, ein recht erfolgreicher, ohne mich rühmen zu wollen. Unsere gute alte Erde muß nach soliden Geschäftsprinzipien regiert werden. Ich bin ein Mann der Tat, Marlow, kein Denker. Mit Denken kommen wir nicht weiter. Wir brauchen die Mitarbeit tätiger Menschen. Sie sind ein Mann der Tat, darum wende ich mich an Sie, Marlow. Wir Menschen guten Willens müssen zusammenstehen, die Ärmel hochkrempeln und anpacken, oder etwa nicht?« Er strahlte mich an, ein wohlwollender Babbitt, der ein Aktienpaket losschlagen will.
    Es war widerlich, es war grotesk. Ich erwiderte sprachlos seinen Blick. Schließlich stand ich auf.
    »Mir scheint, es ist ziemlich spät. Ich muß jetzt wirklich gehen.« Ich durchquerte das Zimmer und holte meinen Mantel. Sie beobachteten mich schweigend. Zaleshoffs strahlender Blick hatte sich verdüstert. Ich zog meinen Mantel an und ging zur Tür. »Nochmals schönen Dank«, sagte ich, »für das gute Abendessen.«
    »Einen Moment.« Es war Zaleshoff, diesmal mit sehr harter Stimme.
    »Was gibt’s?«
    »Ich erwarte Ihre Antwort.«
    Ich wandte mich um. »Ja, natürlich. Das habe ich vergessen.« Ich steckte die Hand in die Manteltasche und zog ein kleines Päckchen heraus. Ich hatte es am Nachmittag gekauft. Jetzt legte ich es auf den Tisch.
    »Was ist das?« fragte Zaleshoff mißtrauisch.
    Ich öffnete die Tür.
    »Es ist das Stück Seife, das ich Ihnen schulde«, sagte ich nachdrücklich. »Glücklicherweise fand ich eines in Gestalt einer Zitrone.« Ich nickte freundlich. »Gute Nacht allseits.«
    In Zaleshoffs Gesicht bewegte sich kein Muskel. Er stand nur da und sah mich mit einem seltsamen Ausdruck in den Augen an. Das Mädchen zuckte die Achseln und nähte weiter. Ich ging.

    Der Eingang zu Zaleshoffs Wohnung war in einer kurzen Gasse neben dem Geschäft. In der Gasse war es sehr dunkel. Der Mann, der auf der andern Seite der Gasse stand, sah mich nicht sofort, aber als ich ins Licht trat, bemerkte ich, wie er sich rasch abwandte und in ein Schaufenster blickte.
    Ich schlug die Richtung zum Parigi ein. Ein Stückchen weiter weg blieb ich stehen und zündete mir eine Zigarette an. Zur Seite schielend, konnte ich sehen, daß der Mann mir folgte. Aber es war nicht Bellinetti. Dieser Mann war größer. Ich schaute nicht mehr zurück, sondern ging direkt zum Hotel. Wenn das, was Zaleshoff sagte, richtig war, konnte ich nichts Besseres tun, als mich so natürlich wie möglich zu benehmen. Ich hatte nichts zu verbergen, und wollte auch nichts zu verbergen haben. Wenn die Geheimpolizei ihre Zeit verschwenden wollte, indem sie mich beschattete, war das ihre Sache.
    Trotz alledem war es ein unangenehmes Gefühl. Ich merkte, daß mein Gang steif und verkrampft war.

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