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Anlass

Anlass

Titel: Anlass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ambler
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Papiertücher ausgebreitet waren. Die Wand hinter der Bar bestand aus Regalen, auf denen dichtgedrängt Flaschen standen. An den anderen Wänden hingen Cinzanoplakate, eine Lithographie von Mussolini und ein Plakat von Capri. Der Besitzer war ein phlegmatischer Mann in mittleren Jahren mit langem, ergrauendem Schnurrbart und erstaunlich schmutzigen Händen. Er schien sich nicht im geringsten über unser Erscheinen zu wundern, eine Tatsache, die mir sonderbar vorkam, bis sich im Laufe unserer kurzen Unterhaltung mit ihm herausstellte, daß er uns für Angestellte einer in der Nähe gelegenen Mineralwasserfabrik hielt. Wir stellten diesen Irrtum nicht richtig.
    Wir aßen Spaghetti und eine Menge Brot und tranken einen recht guten Barbera. Als der Kaffee kam, fühlte ich mich schon sehr viel besser. Zaleshoff winkte den Wirt herbei und bestellte eine Flasche Cognac.
    »Soviel können wir doch nicht trinken«, protestierte ich.
    »Wir werden jetzt überhaupt keinen trinken. Aber später werden wir noch froh darum sein.«
    Ich verstand ihn nicht, nickte aber.
    »Wie ist’s mit dem Schlafen? Glauben Sie, daß der Mann uns unterbringen kann? Sie hätten eigentlich die Reisetasche auch kurz ehe wir absprangen hinauswerfen können. Dann hätten wir wenigstens zusammen einen Pyjama gehabt.«
    Er warf drei Stück Zucker, eins nach dem andern, in seinen Kaffee. »Wir brauchen keine Pyjamas. Diese Nacht marschieren wir durch.«
    »Marschieren? Wohin?«
    »Hören Sie zu. Bei Morgengrauen wird diese Gegend voll von Polizei in Uniform und Zivil sein. Wir könnten keinen Meter weiterkommen. Wenn wir irgendwo über Nacht bleiben, wird man außerdem Ihren Paß sehen wollen. Und Sie haben keinen.«
    »Ich habe meine Aufenthaltserlaubnis.«
    Er grunzte verächtlich. »Davon würden Sie viel haben.
    Wissen Sie nicht, daß alle Angaben dieses Papiers einschließlich Ihres Namens sofort der Polizei übermittelt werden?«
    »Verflucht! Wir müssen doch irgendwo schlafen«, rief ich.
    »Vielleicht können wir uns morgen irgendwo ein bißchen hinlegen.«
    »Danke sehr«, sagte ich sarkastisch. Dann wurde ich ernst. »Schauen Sie, Zaleshoff, es ist sehr nett von Ihnen, daß Sie versuchen, mir zu helfen, aber ich glaube, daß meine ursprüngliche Idee besser war.«
    Er seufzte. »Ich habe Ihnen schon einmal gesagt, die Leute von Ihrem Konsulat werden keinen Finger für Sie rühren. Täten sie das, so würden sie sich selbst kompromittieren. Wären Sie unschuldig und das Opfer eines offenkundigen Schwindels, so würden sie vielleicht etwas tun. Aber Sie sind nicht unschuldig – wenigstens nicht im juristischen Sinn. Sie sind schuldig, und die Leute können jederzeit die Beweise dafür erbringen.«
    »Aber angenommen, es ist gar nicht von Spionage die Rede?«
    »Glauben Sie«, sagte er ungeduldig, »daß sie sich nur wegen Bestechung die Mühe machen würden, einen Haftbefehl gegen Sie zu erlassen? Lächerlich! Wenn sie damit anfingen, wären die Gefängnisse in einer Woche zum Überquellen voll, und die meisten hohen Tiere würden drin sitzen. Wir wissen, daß sie auf Ihren postlagernden Briefwechsel mit Vagas gekommen sind. Es ist kaum zu bezweifeln, daß Madame Vagas ihnen die ganze Geschichte mitgeteilt hat. Dadurch haben sie auch den Bericht, den ich für Sie geschrieben habe, in die Hand bekommen. Erinnern Sie sich, daß Sie nicht viel davon hielten? Nun, ich sagte Ihnen, es sei Dynamit: und es ist auch Dynamit. Sie haben ja gesehen, wie Vagas darauf reagierte. Glauben Sie mir, das war nichts im Vergleich zur Reaktion der Gegenspionageabteilung der Organizzazione Vigilanza Repressione Antifascismo , wenn die ihn zu Gesicht bekommen. Ich bin kein guter Spieler, aber ich würde sehr viel Geld darauf wetten, daß momentan den Oberen in Mailand und Rom so viel Angstschweiß herunterrinnt, daß ihr neuer Panzerkreuzer darin schwimmen könnte. Sie haben Vagas durch die Finger schlüpfen lassen. Sie werden sich aber hüten, denselben Fehler zweimal zu machen. Sie werden Sie fassen oder zerspringen.«
    »Ich sehe nicht ein, wieso ich so wichtig bin.«
    »Nein? Das erste, was die tun werden – und sie haben es inzwischen vermutlich schon getan – ist, sich wie ein Schwarm Heuschrecken auf die Turiner Fabrik stürzen, um zu entdecken, wieso die Information über die Flugzeugaufzüge durchsickern konnte und wieviel Sie herausbekommen haben.«
    »Aber ich bin nicht einmal dort gewesen.«
    »Richtig! Sie sind nicht dort gewesen. Sie müssen

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