Ann Pearlman
Heldin sein, du allein.«
Das habe ich schon vor langer Zeit begriffen, damals, als ich mich in unserer Familie ignoriert fühlte und mich auf meine Musik konzentriert habe, um etwas für mich zu haben, etwas, das mir Spaß machte. Damals war es heldenhaft genug, dass ich mich für meine Musik engagiert habe. Aber wenn ich jetzt meine eigene Heldin sein will, wie verhalte ich mich dann King gegenüber?
Ich lasse mir noch einmal meine Möglichkeiten durch den Kopf gehen.
Ich könnte King die Kette abkaufen. Ich könnte für ihn arbeiten und sie mit dem Geld, das ich bei ihm verdiene, abbezahlen. Aber eigentlich könnte ich das viele Geld besser für andere Dinge ausgeben. Zum Beispiel braucht Sissy ein neues Auto. Und ich brauche eigentlich keinen Schmuck. Verführerisch, sicher, aber letzten Endes ist es doch nur ein Klunker. Schon das Wort macht deutlich, wie unwichtig diese Kette ist.
Ich bin nicht scharf auf King als Liebhaber. Er ist attraktiv, aber nicht für mich. Er führt ein Leben als selbst ernannte Ikone. So glatt und poliert, aber nicht authentisch. Ich möchte einen echten Mann. Ich möchte Aaron. Ich möchte Aaron, keinen anderen. Hätte ich mit King meine künstlerische Freiheit? Nein, bestimmt nicht. Das sehe ich jetzt. Er würde mich kontrollieren. Trotzdem könnten wir ja zusammen Musik machen. Ich stelle mir vor, wie ich Aaron das noch mal erkläre, ganz klar und unmissverständlich. Ich möchte mit King arbeiten, nicht mit ihm schlafen. Ich bin nicht für das verantwortlich, was er sich über mich in seinem Kopf zurechtmacht.
Aber das habe ich ihm schon mehrmals gesagt. Und jetzt vertraue ich Aaron nicht mehr hundertprozentig. Im Handumdrehen hat er die Flirt-Strategie als Rache eingesetzt, als hätte ich ihn längst betrogen. Er hat mich daran erinnert, dass ich ersetzbar bin. Er hat gesagt, ich weiß nicht, wie Männer denken. Vielleicht nur aus verletztem Stolz. Vielleicht hat er gedacht, das würde mein Interesse wieder verstärken. Alle diese Vielleichts, am liebsten möchte ich davonlaufen. Er hat es mir erklärt, aber ich weiß nicht mehr, was ich glauben soll.
Seht ihr, wie ich mich im Kreis drehe?
Ich möchte nicht mit einem Mann zusammen sein, der so ist wie mein Vater. Und ich möchte auch selbst nicht so sein wie mein Vater.
Ich weiß, ich gehe ein großes Risiko ein, wenn ich versuche, in dieser verfahrenen Situation Liebe und Hoffnung wiederzubeleben. Wenn ich meine Chance mit King in der Hoffnung verstreichen lasse, dass es zwischen mir und Aaron wieder so wird wie früher, nehme ich mein eigenes Schwanken nicht ernst. Und ich – kann ich Aarons Instantflirts wirklich so leicht vergessen?
Ich lasse die Kette an meinem Finger baumeln und frage ihn: »Können wir wieder wir sein, wenn ich das Ding zurückschicke?«
»Hör auf, ständig Versuchsballons auf mich loszulassen«, sagt Aaron.
Er will das Sagen haben, und er hat es auch. Aber ich weiß, ich würde irgendwie zurechtkommen, selbst wenn ich wirklich alles aufgeben müsste. Deswegen mache ich bestimmt keinen Rückzieher. Wenn Sky über Troys Tod hinwegkommt, dann werde ich auch mit dem hier fertig. Schließlich wusste ich nicht, dass wir so viel Glück haben würden. Ich war einfach glücklich und mit meiner Musik beschäftigt.
Ich weiß, es braucht Mut, meine eigene Heldin zu sein. Also rufe ich King an, hole tief Luft und schicke ein Stoßgebet zum Himmel. Ich hoffe, es funktioniert . Einer von seinen Männern antwortet und gibt den Hörer sofort an King weiter, als ich meinen Namen sage.
»Na, Li’l Key, was verschafft mir die Ehre?« Der Honig in seiner Stimme kann den Sarkasmus und die Überraschung nicht ganz überdecken.
»Ich kann die Kette nicht annehmen. Ich will dich nicht als Lover, und solche Geschenke kriegt man nur von einem Lover«, sage ich nüchtern und sachlich. Am anderen Ende der Leitung herrscht Schweigen.
»Wie wäre es, wenn du sie mir für ein Drittel dessen abkaufst, was ich dir zahle, wenn du diesen I’ll miss myself -Song bei meinem Konzert im Januar in der Cobo Hall singst? Du müsstest nicht mal weg von zu Hause.«
Daran hab ich auch schon gedacht. Ich habe mir überlegt, einen Deal für Aaron und mich auszuhandeln. Am liebsten möchte ich sagen, o ja, das würde ich schrecklich gern, und ich lasse mir genau das auch noch einmal durch den Kopf gehen, aber dann antworte ich: »Ich mach es, wenn Aaron vor oder nach mir auf die Bühne kommt.«
In meiner Fantasie antwortet King nach
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