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Ann Pearlman

Ann Pearlman

Titel: Ann Pearlman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Apfelblüten im August
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Ich kenne das Spiel, wie ich meine eigene Welt zerstöre und in eine komplett andere verschwinde, ohne auch nur einen Gedanken an die Zerstörung zu verschwenden, die man zurücklässt. Mit einem Ruck erkenne ich die Angst meines Vaters, seinen unbändigen Drang, allein und ungebunden zu sein. Vielleicht hat mich das dazu gebracht, mich zurückzuhalten. Ich sage mir: Ich war ein Arsch. Aber immer noch besser, als der Gearschte zu sein. Dann taucht Kings Gesicht mit seinem herablassenden Lächeln vor meinem inneren Auge auf und zeigt mir, wie ich dem Beispiel meines Vaters folgen kann. Ich möchte nicht sein wie meine Mutter, also ist es vielleicht besser, so zu sein wie er.
    Ich verstehe, was in mir vorgeht, und ich akzeptiere es. Aber das spielt anscheinend keine Rolle.
    Am nächsten Morgen sind wir am Grand Canyon. Die Crew ist schon auf und angezogen, Levy noch im Schlafanzug, und ich schaue ihm zu, wie er in eine Jeans schlüpft und mit dem Knopf kämpft. »Gut gemacht«, sage ich zu ihm, als er die Herausforderung bewältigt hat. Ich glaube, es ist das erste Mal, dass er seine Hose selbst zugeknöpft hat. »Du bist schon so groß.« Er grinst mich an und schlendert lässig davon. Ein Teil von mir möchte, dass er ein Baby bleibt. Aaron bürstet ihm die Haare, während ich mich anziehe, dann sind wir startbereit.
    Keiner von uns kennt den Grand Canyon, außer Allie.
    »Er ist das erste Weltwunder«, sagt Red, der auf eine Karte schaut und gerade gemerkt hat, wie nahe Las Vegas liegt.
    Gestern sind wir durch eine rote, von sensationellen Felsformationen durchbrochene Landschaft gefahren. An manchen Stellen war die Erde eingebrochen, als hätte sie eine Wunde nicht schließen können und sich daraufhin eine Schlucht gebildet. Rote Tafelberge, die mit ihrer Form ihrem Namen alle Ehre machten, schmückten die Hochebene. Kaum Grün, nur Rot und Rosa und Lila, und der Himmel kippte Wolken und Regen auf die Erde. In der Ferne zuckten Blitze aus schwarzen Wolken, entluden sich, flammten mit neuen Zickzackklauen wieder auf.
    Levy deutete auf die Blitze, aber sie waren schon wieder verschwunden. Dann fiel ihm plötzlich auf, dass der Himmel auf der anderen Seite knallblau war und die Sonne dort einen grellen Lichtstrahl auf die rote Erde sandte. Ein Gewitter und Sonnenschein zur gleichen Zeit.
    So vielfältig kann der Himmel sein. Sogar T-Bone, der sich normalerweise so wenig für seine Umgebung interessiert, entfuhr ein: »Wow. Schizophrener Himmel«, und seine Stimme klang geradezu ehrfürchtig. Wir saßen in unserem Bus und sahen zu, wie auf der einen Seite der Regen niederrauschte, während auf der anderen die Sonne zwischen ein paar Wattewölkchen am Himmel stand.
    »Ich wusste nicht, dass es so was gibt«, stellte Red Dog trocken fest.
    »Genauso umwerfend wie Musik«, flüsterte ich Aaron zu.
    »Ja«, antwortete er und drückte mein Knie. »Erstaunlich.«
    So haben wir einen sonnigen Morgen, aber es ist nicht allzu heiß, als wir uns über dem Ooh Aah Point treffen.
    Und da ist es, das rötlich-beige gestreifte Wunder, übersät mit kleinen und größeren Vorsprüngen, die Felswand gegenüber durchzogen von farbigen Bändern, die alle Unebenheiten mit einbeziehen. Vielleicht sollte ich stricken lernen und einen Poncho in diesen Farben entwerfen. Mom würde er bestimmt gefallen, aber Aaron würde ihn hassen. Ich sitze auf einem Felsen, Levy neben mir, Aaron auf seiner anderen Seite. Beide halten wir eine Hand unseres Sohnes, während wir den Anblick in uns aufnehmen.
    »Hey, wollen wir da runter?«, fragt T-Bone.
    Ich weiß, dass der Weg bergab leichter ist als der wieder bergauf, vor allem mit Levy. Wir müssten ihn alle abwechselnd tragen. Allerdings sieht der Pfad schmal aus, dicht am Abgrund, so dass ich mit Levy lieber oben warten will. Die Crew jedoch ist Feuer und Flamme, und sie machen sich auf den Weg. »Vergesst bloß nicht, dass ihr auch wieder hochkommen müsst!«, rufe ich ihnen nach.
    Aaron lacht. »Glaubst du, wir schaffen das nicht? Aber wir gehen sowieso nicht bis ganz nach unten.«
    Eigentlich möchte ich schrecklich gern mitkommen, aber ich bleibe bei Levy und warte mit ihm auf Sky, Rachel und Allie. Wir gehen ein Stück den Weg am Canyon-Rand entlang. Auch hier schlängeln sich Farbbänder über den harten Fels.
    »Wer hat das gemacht, Mama?«, fragt Levy.
    Ich gehe mit ihm so weit an den Rand, dass wir noch in Sicherheit sind, und zeige ihm den Fluss, der sich am Boden der Schlucht entlangwindet.

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