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Ann Pearlman

Ann Pearlman

Titel: Ann Pearlman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Apfelblüten im August
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jetzt in einem toten Vergnügungspark, auf dem Boden liegend, umgeben von bösen Engeln.
    Ich weiß, es wird nie wieder so sein, wie es war, und es tut mir so leid für Sky, das kleine Mädchen. Und für die erwachsene Sky. Und es tut mir so leid für Rachel. Es wird nie mehr so, wie es einmal war.
    »War ich böse, Mommy?«, fragt Rachel noch einmal und holt mich aus meinen Gedanken in die Realität zurück.
    »Nein, Süße.« Mehr bringe ich nicht zustande.
    »Hat Dad was Böses gemacht?«, fährt Rachel fort, denn sie möchte einen Grund hören für das, was passiert ist.
    Was haben wir getan? Wir sind nach Kalifornien gezogen. Ich habe Mia kennengelernt. Wir haben uns ein Baby gewünscht. Troy hat Basketball gespielt und eine Halsentzündung bekommen. Weiter nichts, denke ich. Ich habe ihn geliebt. Ich habe es gewagt, ihn zu lieben, und er ist gestorben. »Dein Daddy war ein guter Mensch. Krankheiten sind keine Strafe. Manche Dinge passieren einfach, ohne einen Grund.« Dabei bin ich nicht sicher, ob ich das selbst glaube. »Jedenfalls kennen wir den Grund oft nicht.«
    Rachel schüttelt den Kopf, als würde sie resignieren. So eine erwachsene Geste bei einem kleinen Mädchen.
    Der Strauß scharrt mit dem Fuß, schaut in meine Richtung, im nächsten Moment landet ein Schmetterling auf seinem Kopf.
    Dann kommen Allie, Tara und die Rap-Crew zurück. »Keins von den Geräten funktioniert, und es gibt auch keine offenen Toiletten. Wir mussten ins Gebüsch gehen.«
    »Nichts zu essen, kein Klo, kein Karussell.«
    »Hey, ist doch cool, die Anlage hier. Total irre. Wie ein verlassenes Hollywood-Set«, lacht Aaron. Er sieht immer das Positive.
    »Genau. Ein total durchgedrehter Traum.«
    Sie lachen, klatschen sich auf die Hände und versprühen jede Menge Energie. »Wir sind in einem Traum rumspaziert. Ich frage mich, wer den Traum geträumt hat«, sagt Aaron.
    »Ich wette, du schreibst 'nen Song drüber«, meint Tara.
    Als wir zum Auto zurückgehen, sage ich zu Allie: »Der verlassene Vergnügungspark hier ist ungefähr so durchgedreht, wie ich mich fühle.« Wahrscheinlich ist das die klarste Aussage, die ich die ganze Woche über gemacht habe.
    »Du bemühst dich, einen Sinn in dem zu finden, was passiert ist.« Allie dreht den Schlüssel im Zündschloss, und der Motor springt an. »Ich weiß noch, wie mein Vater gestorben ist. Er war vierundvierzig und ich neunzehn, als er einen Herzinfarkt erlitt und tot vom Sofa gekippt ist. Danach bin ich sechs Monate mit der Überzeugung rumgelaufen, dass das Leben keinen Sinn hat.« Sie schüttelt den Kopf. »Ich konnte einfach nicht begreifen, warum er mittendrin gestorben ist. Es war für mich unfassbar, dass jemand seine eigene Geschichte, sein eigenes Leben nicht vollenden konnte.«
    »Ich wusste gar nicht, dass dein Dad auch so jung gestorben ist.«
    Ohne die Hände vom Steuer zu nehmen, dreht sie den Kopf nach hinten, um aus dem Parkplatz zu rangieren. Ihr Gesicht ist ganz entspannt, sie lächelt nicht, sie runzelt auch nicht die Stirn.
    »Nicht so jung wie deiner. Oder der von Rachel. Menschen überleben solche plötzlichen Verluste. Wenn man ihre Geschichten hört, kann man manchmal nur staunen über ihre Unverwüstlichkeit und den Kampfgeist.«
    »Glaubst du, dass Mom es überwunden hat?«
    Jetzt fahren wir hinter dem Möbelwagen und dem Bus her. So gefällt es mir besser, denn ich kann sie sehen.
    Allie blickt auf die Straße, presst die Lippen zusammen und überlegt, was sie sagen soll. »Was glaubst du?«
    »Oh. Eine von diesen therapeutischen Gegenfragen.«
    Sie lacht, wartet aber auf meine Antwort.
    »Mom weint nicht mehr wegen Dad. Aber … ich weiß nicht. Ich glaube, die Geschichte mit Stephen hat die Sache jedenfalls nicht besser gemacht. Mit ihm ist Mom in einen Hurrikan geraten.« Mir kommt es seltsam vor, die Sache zur Abwechslung mal aus Moms Perspektive statt aus meiner eigenen zu betrachten.
    Schweigend schauen wir aus dem Fenster.
    Dann fährt Allie fort: »Viele Leute sind so. Sie ertragen das Alleinsein nicht und meinen, ein anderer Mensch könnte den Schmerz lindern.«
    Mom und ich teilen unser Leben, damals und jetzt. Eigentlich unglaublich und jenseits jeder statistischen Wahrscheinlichkeit, dass wir als Erwachsene mit der gleichen Tragödie konfrontiert werden. Alles wiederholt sich. In einer Reihe unterschiedlicher Konstellationen, immer wieder das gleiche seltene, zufällige, schreckliche Ereignis.
    Ich beobachte den Möbelwagen, der wackelt und

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