Ann Pearlman
überhaupt nicht so drauf bin. Aber ich werde high, wenn ich auf Africa, meiner Trommel, spiele … mehr brauch ich nicht.«
Ich starre aus dem Fenster. Draußen ziehen immer noch die Kettenläden vorbei.
»Und was die Frauen angeht – na ja, wir sind erwachsene Menschen. Die anderen sind nicht verheiratet, nur Special und ich. Natürlich kann es sein, dass die zugreifen, wenn sich denen eine Gelegenheit bietet. Aber ich verschwende meine Zeit nicht mit so was.«
»Du musst dich nicht rechtfertigen.«
»Tu ich auch nicht, aber ich will es dir erklären, wegen Tara. Ich bin es gewohnt, dass die Leute mich durch ihre Klischeebrillen sehen. Aber ich bin ihr gegenüber immer loyal.«
Von T-Bone hat er nicht gesprochen. Ob das Absicht war?
»Und ich liebe den kleinen Levy fast so sehr wie mein eigenes kleines Mädchen«, fährt er fort.
Irgendwie glaube ich ihm nicht ganz. Ich meine, er sagt mir schon die Wahrheit, aber alles hat mindestens zwei Seiten. Man weiß nie so genau, was andere Leute tun, welche Geheimnisse sie haben. Dass Levy sieht, wie die Männer aus der Crew immer wieder mit anderen Frauen abziehen, hat garan tiert Auswirkungen auf ihn. Dass Levy mit einer Männer-Crew im Bus sitzt, statt im Park zu spielen, beeinflusst ihn, das kann gar nicht anders sein.
»Levy hat 'ne Menge Väter«, sagt Smoke und grinst breit. »Verschiedene Vorbilder, lauter Möglichkeiten, wie ein Mann sein kann. Er hat Glück, der kleine Kerl.«
Auf einmal frage ich mich, ob Rachel bei mir wirklich geborgen war. Ihr Vater ist gerade gestorben. Sie wäre um ein Haar ertrunken. Ich habe geplant, gesorgt, aufgepasst – und seht euch an, was sie trotzdem alles durchmachen muss.
Stiefmütterchen und Ringelblumen blühen unter ein paar kümmerlichen Weiden.
Von meinem Leben mit Troy ist mir Rachel geblieben. Und mein Jura-Examen. Und einiges an Erfahrung, füge ich hinzu.
Beim Wal-Mart Supercenter finden wir Schwimmflügel im Angebot. Ich kaufe ein rosafarbenes und ein limonengrünes Paar für Rachel, Levy bekommt eines in Türkis. Die grellen Farben tun mir in den Augen weh. Smoke trägt die Tüte und hält mir die Tür auf. Solche Ritterlichkeit vermisse ich sehr.
Neben Smoke fühle ich mich sicher und geborgen. Vielleicht wegen seiner Größe, aber hauptsächlich, weil er Rachel das Leben gerettet hat. Ich sage ihm das.
»Zusammen mit Special und Brooke.«
Ich weiß nicht, wie ich ihm danken soll. Wir sitzen nebeneinander, angeschnallt mit unseren Sicherheitsgurten.
Nach dem Essen schlafen die Kinder aneinandergekuschelt in meinem Zimmer vor dem Fernseher ein. Aaron, Smoke und Red Dog spielen in Red Dogs und Smokes Zimmer Karten. Mir steigt das Basilikumaroma von Marihuana in die Nase. Na ja, Smoke hat gesagt, dass sie keine harten Sachen nehmen. Von Gras hat er nichts erwähnt. Wo Brooke und T-Bone sind, weiß ich nicht. Ob Brooke und ich nach meinem Streit mit Tara noch Freundinnen sind? Ich habe mich noch nicht richtig bei ihr für ihre Hilfe bedankt, aber wie soll ich das machen? Auch nicht bei Aaron. Alle haben geholfen. Alle außer Tara und mir. Die beiden Menschen, die es eigentlich hätten tun sollen.
In all den Jahren, in denen Troy und ich zusammen waren, habe ich ihn nie angeschrien, jedenfalls nicht so. Tara ist die Einzige, mit der ich jemals laut geworden bin, und auch nur, als wir noch klein waren. Aber die Wahrheit, die schreckliche Wahrheit, ist, dass ich mich nach unserem Streit deutlich besser fühle. Erleichtert.
In Allies Zimmer finde ich Allie und Tara. Allie hat eine Flasche Wein gekauft, und wir trinken sie, langsam, denn wir sind noch satt vom Abendessen.
»Schaut euch mein fettes Hähnchen an!«, hat Levy vor Freude über einen besonders feisten Grillhähnchenschenkel gejubelt, genüsslich die Sauce abgeleckt, am Fleisch herumgeknabbert und mit Tara eine Süßkartoffel geteilt. Rachel, die normalerweise kein Hähnchen mag, hat die Hälfte von meinem Bruststück verdrückt. Smoke und ich hatten eine Salattüte vom Wal-Mart mitgebracht, Allie hatte bei Circle K Eis und Schokoladensauce gekauft. Ein richtiges Familienessen, dachte ich. Aarons Hähnchen war wunderbar zart.
»Du könntest ein Restaurant aufmachen«, habe ich zu ihm gesagt.
Aber er hat nicht gelächelt. Vermutlich weil er noch wütend auf mich war, wegen des Streits mit Tara.
Als Levy den Schenkel aufgegessen hatte, hielt er stolz seinen Teller in die Höhe. »Ich hab das ganze Hähnchen aufgegessen«, verkündete er
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