Anna Strong Chronicles 04 - Der Kuss der Vampirin
Château, und Angestellte, die schon seit Jahrzehnten für die Familie arbeiten. Sie warten schon auf uns. Wir können jederzeit dorthin. Es gehört uns, Anna. Das gesamte Gut.«
Ich bin als Zynikerin auf die Welt gekommen, und zum Vampir zu werden hat meine natürliche Neigung nur verstärkt, allem zu misstrauen, was zu gut aussieht, um wahr zu sein. Wenn überhaupt, ist es dadurch noch schlimmer geworden. Deshalb fällt es mir schwer, nicht sofort zu erwidern: »Seid ihr denn alle verrückt geworden? Man erbt nicht einfach so aus dem Blauen heraus ein Gut in Frankreich. Da muss irgendein Betrug dahinterstecken.«
Aber das kann ich nicht laut sagen. Ich will das pure Glück nicht zerstören, das aus den Gesichtern der wichtigsten Menschen in meinem Leben strahlt. Das wäre so, als würde man ein Kätzchen zertrampeln.
Mein Dad, der mich zu gut kennt, steht auf und legt mir einen Arm um die Schultern. »Ich weiß, was du denkst«, sagt er. »Das ist zu schön, um wahr zu sein. Ich habe meine Hausaufgaben gemacht. Ich habe geschäftliche Kontakte in Frankreich, verstehst du? Ich habe sie gebeten, diesen Anwalt zu überprüfen. Er ist echt. Sogar einen Prospekt von dem Weingut haben sie aufgetrieben. Es ist ziemlich bekannt. Die exportieren ihre Produkte sogar hierher in die USA. Das Château ist restauriert und in sehr gutem Zustand. Es ist vollständig eingerichtet, Personal ist vorhanden. Ich sage dir, Anna, es ist nichts faul an dieser Sache. Manchmal hat man tatsächlich einfach unverschämtes Glück.«
Er streckt den anderen Arm nach Trish und Mom aus. Sie treten zu uns, und es entsteht eine Art ungelenker Gruppenumarmung. »Ich finde, das muss gefeiert werden«, sagt er. »Machen wir uns schick und gehen essen. Ich gebe Champagner aus.« Er küsst Trish auf die Stirn. »Und dir ein Ginger Ale, ma petite chère.«
Das bringt das Fass zum Überlaufen. Jetzt spricht schon mein Vater Französisch? Mir ist schlecht.
Ich bin geschockt und ahne Böses. Vielleicht hat mein Vater ja recht, und das Ganze ist tatsächlich rechtmäßig. Das hoffe ich aufrichtig. Aber die Realistin in mir schreit lauthals, dass das eher unwahrscheinlich ist.
Kapitel 24
Ich verlasse meine Familie mit dem Versprechen, in einer Stunde in der Stadt wieder zu ihnen zu stoßen. Schon als ich die Worte ausspreche, weiß ich, dass ich im Restaurant nicht mitfeiern werde.
Zu vieles, was verraten könnte, dass ich nicht mehr menschlich bin – wieder einmal.
Ich kann sie täuschen, wenn wir zu Hause essen, indem ich nur kleine Portionen nehme und das Essen auf dem Teller umverteile. Ich habe mich auch schon entschuldigt, um hastig eine Serviette voll Essen im Abfallzerkleinerer in der Küchenspüle verschwinden zu lassen oder auch in der Toilette hinunterzuspülen.
Das geht im Restaurant natürlich nicht. Schon gar nicht im Mister A’s, das berühmt ist für seine riesigen Portionen, von tellergroßen Steaks ganz zu schweigen. Da könnte ich unmöglich tricksen. Die Ausrede vom späten Mittagessen habe ich schon zu oft benutzt, als dass sie noch glaubhaft wäre, vor allem, da meine Mutter mich ja lange genug vorher zum Abendessen eingeladen hat. Nein, ich lasse mir besser einen anderen Grund einfallen, warum ich vor dem Essen wieder gehen muss.
Verdammt noch mal, David. Wenn du zu Hause wärst, wo du hingehörst, könnte ich dich bitten, mich anzurufen und zu behaupten, wir müssten dringend einen flüchtigen Verbrecher fassen. Mir irgendeine Entschuldigung liefern.
Das macht mir bewusst, wie weit ich mich von den wenigen Freunden entfernt habe, die ich vor der Verwandlung hatte. Ich habe sonst niemanden, den ich anrufen und um diesen Gefallen bitten könnte.
Niemand, der mich retten würde.
Scheiße.
Zu Hause stelle ich mich unter die Dusche, rubbele mir das Haar trocken und überlege nackt vor dem Kleiderschrank, was ich anziehen soll. Meine Garderobe ist sehr beschränkt. Jeans. Schwarz, blau, braun. Ein paar Leinenhosen mit passenden Blazern (für Auftritte vor Gericht). Röcke, verschiedene Blusen. Ein einfaches Seidenkleid, schwarz, mit V-Ausschnitt und schmaler Taille, die mit einem breiten Gürtel betont wird.
Ich entscheide mich für das Kleid und ziehe es mir über den Kopf. Es sitzt hauteng und fühlt sich weich an. Ich kann nicht wissen, wie ich in dem Kleid aussehe, weil ich es nach der Verwandlung gekauft habe, aber ich weiß, wie ich mich darin fühle. Verführerisch. Sexy. Der Rocksaum sitzt auf der Mitte der
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