Anna und das Vermächtnis der Drachen (German Edition)
Scharta sah sie immer noch misstrauisch an.
„Na gut, dann lass uns mit den kleinen Dingen anfangen. Magst du mir erklären, was es mit diesem blauen Feuer auf sich hat?“
Kapitel 5. Der kleine Drache.
Anna blickte zu den Fackeln. Die Feuerzungen loderten auf einmal auf. „Faszinierend“, flüsterte sie. „Warum ist es blau? Ich habe so etwas noch nie gesehen.“
„Das kann ich mir vorstellen“, nickte die Hüterin des Wissens. „Es ist ein besonderes Feuer. Wenn du deine Hand in dieses Feuer steckst, verbrennst du dich nicht. Ganz im Gegenteil.“
„Echt?“ Die junge Frau lief zu der Wand, nahm eine Fackel aus der Halterung und hielt ihre rechte Hand in die Feuerschale. Ein paar leuchtende Fünkchen entsprangen der etwas kleiner gewordenen Flamme und erloschen, bevor sie den Boden erreicht hatten. „Oh, wie angenehm, es ist überhaupt nicht heiß!“ Sie ließ ihren Arm bis zum Ellbogen vom bläulichen Feuer umschmeicheln. „Es zieht etwas“, lächelte sie und sah mit angehaltenem Atem zu, wie ihre Wunden immer kleiner wurden und in Kürze gänzlich verschwanden. Als sie die Hand herausnahm, war die Haut glatt und rosig. Ihre Augen leuchteten vor Begeisterung. „Unglaublich!“, rief sie und ließ die andere Hand ins Feuer gleiten. „Es kribbelt …“ Sie zog sie aus der Schale und zeigte sie der Schlange. „Guck mal! Auch hier ist alles wieder in Ordnung! Diese Hand war zwar nicht so schlimm zugerichtet, aber trotzdem. Schau, die Haut ist wieder so, als wenn nie etwas passiert wäre!“
Scharta blickte gelassen auf sie herunter.
„Das ist ja etwas ganz Neues!“, fuhr die Jungmagierin begeistert fort. „Ich muss noch meinen Hals behandeln. Dieses verdammte Biest hat mir beinah die Schlagader aufgeschlitzt.“ Sie schaufelte etwas Feuer mit der Hand und presste sie an den Hals.
Die Schlange nahm mit der Spitze ihres Körpers eine andere Fackel und ließ die bläulichen Flammen über ihre Schultern und Rücken gleiten. „Das heilt recht gut“, sagte sie. „Und neu ist es sicher nicht. Es ist älter als du und ich zusammen. Und ich habe bereits ein paar Jährchen auf dem Buckel.“
„Wirklich?“ Anna blickte sie verwundert an.
„Wirklich“, nickte Scharta. „Aber das tut jetzt wenig zur Sache.“ Sie steckte die Fackel in die Halterung zurück.
„Ich könnte mich da reinlegen.“ Die junge Frau ließ die Flammen über ihre Beine gleiten. Das Feuer dehnte sich etwas, umschlang sie und ließ einige leuchtende Funken springen. Sie brachte schließlich die Fackel zurück und tastete die Wunde am Hals ab. Die Haut fühlte sich wieder glatt an. „Als ob es den Kampf mit dem Schwertvogel nie gegeben hätte! Was ist das für ein Feuer? Kann es noch mehr?“
„Das kann noch eine Menge, wenn genug da ist.“
„Kann es Oma aus ihrem Schlaf wecken? Ich finde es so traurig, wie sie da im Sessel liegt. Das hat sie sonst noch nie gemacht. Sie war immer so aktiv!“
„Wenn mehr als diese drei Fackeln da wären, könnte das Feuer noch viel mehr.“
„Was zum Beispiel?“
„Nun, für etliche Gestalten, die seit einiger Zeit ihr Unwesen im Toten Wald treiben, sind diese Flammen gefährlich. Viele würden sich bei einem flüchtigen Kontakt sofort in Luft auflösen.“
„Super!“ Annas Augen leuchteten auf. „Dann sind alle Probleme bald gelöst! Wunderbar!“ Sie drehte eine Pirouette um die eigene Achse. „Und wo kriegt man es her? Wir brauchen ganz viel davon! Wie kann man es vermehren?“
Die Schlange sah sie nachdenklich an. „Ich nehme an, du hast etwas von den Oberweltdrachen und ihrer Geschichte gehört?“
„Nicht wirklich … “ Die junge Frau blickte verlegen zu Boden. „Es ist …“, sie seufzte und fuhrt fort, „Oma wollte nie darüber sprechen. Ich habe ein paar Mal versucht, sie zu dem Thema auszufragen, aber sie hat mir nie etwas dazu sagen wollen. Sie hatte nur Ausreden für mich parat.“ Sie hob ihren Blick zu den Fackeln, wandte ihn dann zu Scharta. Ein Blitz der Erkenntnis leuchtete auf einmal in ihren Augen auf. „Ist es etwa ein Drachenfeuer?“
„Ja“, nickte die Hüterin des Wissens. „Das ist es in der Tat.“
„Ach so!“ Sie machte große Augen. „Wie angenehm es ist! Und es tut überhaupt nicht weh. Ich fühle mich so gut, so voller Kraft und Tatendrang! Alle Wunden sind verschwunden. Ich dachte schon, ich werde die Narben nie los. Sie fingen bereits an, sich zu entzünden.“
„Das Drachenfeuer konnte schon immer kleine und große Wunder
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