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Anna und das Vermächtnis der Drachen (German Edition)

Anna und das Vermächtnis der Drachen (German Edition)

Titel: Anna und das Vermächtnis der Drachen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rina Bachmann
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musst so langsam wissen, wer du bist und was du vom Leben willst. Du kannst die Kraft deiner Ahnen entweder in den Dienst des guten, zufriedenen Lebens für alle stellen, oder der Gier und Ausbeutung aller durch eine Person samt dem Häufchen ihrer Diener beitragen. Entscheide dich. Deine endgültige Antwort wird sehr bald benötigt.“
    Ian atmete tief durch. „Es ist so verrückt. Seitdem ich hier bin, erzählen mir alle mögliche und unmögliche Gestalten irgendwelche unerhörte Geschichten. Dort, wo ich wegkomme, würden mich die Leute für solche Storys bestenfalls auslachen.“
    „Erstens, du kommst nicht aus der Menschenwelt.“ Alphiras Stimme klang leise aber bestimmt. „Du warst dort lediglich lange versteckt. Zu lange.“
    Eine Pause brach ein. Klirrende Stille hing in der Luft.
    „Zweitens“, fuhr sie schließlich mit einer schwächeren Stimme fort, „der Unterschied ist nicht so groß, wie er dir erscheint. Die Bewohner der Anderen Welt mögen etwas anders als die Menschen sein. Das macht aber am Ende des Tages nicht viel aus. In beiden Welten ist es von entscheidender Bedeutung, wer wir sind und was wir tun. Die Lösung des Problems lautet, sich zu erinnern, zu sich zu kommen und entsprechend zu handeln.“
    Es wurde wieder still. Alphiras Erscheinung flimmerte, wurde zusehends blasser und fing an, sich aufzulösen. Ihre Stimme kam zum letzten Mal, kaum hörbar: „Das Vergessen hast du lange genug geübt.“ Und sie verschwand endgültig.
    Ian stockte der Atem. Er guckte mit aufgerissenen Augen auf die Stelle, wo sie gerade noch schwebte, und konnte keinen klaren Gedanken fassen.
    Der Gögling klammerte sich fest an seine Schulter, die Ohren ausgebreitet, als wenn immer noch etwas zu lauschen wäre.
    „Du hast sie wohl auch gesehen.“
    Er nickte. „Ich habe sie auch gehört. Und eins kann ich dir sagen: Sie hat recht.“
    Der junge Mann seufzte, setzte ihn auf die Tischkante und sagte: „Versteh mich nicht falsch, aber es ist mir schwer, all das ernst zu nehmen, geschweige denn zu glauben, dass ich ein Drache sein soll. Das ist doch voll irre!“
    „Irre ist für mich jemand, der sich keine Gedanken darum macht, wer er eigentlich ist. Oder jemand, der es weiß, aber die Wahrheit, die in seine beschränkten Vorstellungen gerade nicht passt, beiseite schiebt und sein Leben auf Sachen, die nichts mit ihm zu tun haben, verschwendet. Oder jemand, der sich von der Außenwelt vorbehaltlos herumkommandieren lässt, die Meinung anderer für seine eigene hält und sein Leben danach ausrichtet. So etwas nenne ich irre.“
    „Ach, ihr alle habt gut reden!“
    „Sehe doch ein, dass deine Sicht der Dinge, also die Art und Weise, wie du dich selbst siehst, dir im Laufe deiner Jugend eingeprügelt worden war. Und dafür gab es einen guten Grund. Bloß jetzt ist es an der Zeit, zu der Wahrheit zurückzukehren und aus dem heraus das Richtige tun. Sonst ist es zu spät! Und nicht nur für dich.“
    Ian schwieg, die Arme vor der Brust verschränkt.
    „Wenn es um Taten in die richtige Richtung geht, bin ich immer für dich da“, sagte der Gögling ernst und fing an sich in seine Ohren einzuwickeln.
    „Danke. Ich weiß Bescheid.“ Ian streichelte ihm über den Rücken. „Und jetzt möchte ich gerne die Alte sprechen. Ich will von ihr hören, was Sache ist, und bin sehr auf ihre Antworten gespannt.“
    „Nimm deinen kleinen Drachen mit. Das kann nicht schaden“, kam aus dem ledrigen grauen Kokon.
    „Gut. Ich hole ihn.“ Er versteckte die Figur in seiner Jackentasche, setzte den Gögling auf die Schulter und machte sich auf den Weg.
     
    Als er vor der Hütte der Alten stand, setzte sich die Sonne. Die letzten schrägen Strahlen durchdrangen die Wipfel der hohen Tannen und ließen ihn die Augen zukneifen. Er zog die Tür auf. Sie quetschte langgezogen in mehreren Stimmen und kündigte unmissverständlich seine Ankunft an.
    Sie stand vor dem glühenden Herd, eine Zigarette im Mund und rührte in einem der drei dämpfenden Töpfe. Es roch ekelerregend: beißend scharf und süßlich zugleich. Sie hob den Kopf, sah ihn kurz an und rührte geschäftig weiter. „Und? Wie war es denn so?“, fragte sie schließlich, ohne zu ihm aufzublicken.
    „Erkenntnisreich“, erwiderte er und schob geräuschvoll einen Stuhl von unter dem Tisch und setzte sich.
    Die Alte legte ihren Kochlöffel beiseite und zog schweigend an ihrer Zigarette.
    „Ich habe einige Fragen an dich.“ Ians Blick bohrte sich in ihr faltiges

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