Anna und das Vermächtnis der Drachen (German Edition)
hinter ihrem Rücken. „Das wird schon werden.“
Die junge Frau lächelte traurig, mied seinen Blick voller Wärme und ging zu Alphiras Sessel. Sie drehte ihn zu der Fensterfront um, machte es sich dort bequem, wickelte sich in die flauschige Tagesdecke und sagte: „Es gibt noch etwas, was du unbedingt wissen musst. Es ist der Plan B, so zu sagen.“
„Was meinst du?“
„Es geht um die Reise zurück in die Menschenwelt“, erklärte Anna und sah ihn prüfend an.
Seine Brauen schossen hoch. „Ich dachte, ich bin gerade hier angekommen. Warum willst du mich auf einmal hier weg haben?“
Sie atmete tief durch, ihr Gesicht ohne jeden Ausdruck. „Das will ich ja gar nicht“, gab sie schließlich zu. „Ich habe mit dir noch etwas vor. Aber es mag sein, dass es so kommt, dass du zurück willst.“
„Ich denke nicht, dass ich zurück will“, sagte Ian gelassen. „Ich fand es recht lustig hier.“
„Also von Spaß kann absolut keine Rede sein!“ Ihre Augen blitzten zornig auf. „Unter diesen Umständen finde ich es einfach unmöglich, all das hier als lustig abzustempeln.“
„So meinte ich es nicht.“ Er blickte in den Nieselregen, wandte sich dann zu ihr und fügte hinzu: „Ich wollte einfach sagen, dass ich es mit einer Rückkehr nicht eilig habe.“
„In Ordnung“, nickte sie. „Aber für den Fall der Fälle musst du wissen, wie du es machst. Du sollst einfach wissen, wie du zurück in die Menschenwelt kommst, aus welchem Grund auch immer. Mag sein, dass du es brauchen wirst. Schreibe es dir hinter die Ohren.“
Ian lehnte sich gegen die Fensterbank. Seine Arme vor die Brust geschlagen, zog er eine ergebene Miene und seufzte: „Na gut, leg los.“
Die Jungmagierin atmete tief durch. „Pass auf. Dieses Wissen bekommt nicht jeder. Und erst recht nicht jemand, der die Menschenwelt sein Zuhause nennt. Du bist eine Ausnahme.“ Sie beäugte ihn kritisch. „In allem eigentlich, was du bist“, fügte sie hinzu. „Aber zurück zum Thema. Es gibt einige Orte, wo die Welten sich überkreuzen. Von solchen Stellen aus ist es am einfachsten, aus der Anderen Welt in die Menschenwelt zu kommen. Es ist für Ungeübte sehr ratsam, diese Plätze zu verwenden, um einen Übergang von einer Welt in die andere problemlos zu schaffen. Man braucht weniger Kraft, der Weg ist klar gezeichnet und gut abgegrenzt. So ein Übergangspunkt ist zum Beispiel das Alte Haus am Rande deiner Siedlung. Von hier aus ist es Omas Haus. Sie sind miteinander verbunden. In vielerlei Hinsicht. Also das wäre eine mögliche Stelle für einen Übergang, solltest du den brauchen.“
„Ich habe gehört, dass ein guter Mann es an jeder Stelle tun kann.“
Anna sah ihn verdutzt an. „Du weißt wieder mal mehr, als ich von dir erwartet habe. Woher hast du das denn nun wieder?“
„Ernst hat es mir mal erzählt. Er sagte es so, in so einem Ton, dass es sofort klar war, dass er gut Bescheid wusste, wovon er redet.“
„Der Ernst also.“ Sie durchbohrte ihn mit ihrem fragenden Blick.
„Ja!“ Ian lächelte breit. „Er war so einer. Er erzählte manchmal so Sachen.“
Anna zog eine skeptische Miene. „Also solange du nicht die Kunstfertigkeiten eines guten Mannes vorweisen kannst, nimmst du besser die dafür geeigneten Übergänge. Sich zwischen den Welten zu verlieren ist einfach. Einen daraus zu holen ist dagegen nicht gerade eine Aufgabe, mit der ich mich gerne beschäftigen würde, in der heutigen, eher schwierigen Situation erst recht nicht.“
„Gut“, nickte er und musterte ihr ernstes Gesicht.
Die Mundwinkel zusammengepresst, das feine, senkrechte Fältchen zwischen den Augenbrauen deutlicher denn je, ihr Blick in die Ferne gerichtet, schien sie seine Anwesenheit vergessen zu haben.
„Und worüber grübelst du jetzt?“
„Ich bin gespannt, deinen Freund Ernst mal zu kennen zu lernen“, gab sie nachdenklich zu.
Der junge Mann zuckte die Schulter. „Ich habe ihn lange nicht mehr gesehen. Weiß nicht, wo er steckt.“ Er ging zu Anna, kniete sich vor ihr, um ihre Augen auf der gleichen Höhe zu haben und sagte: „Jetzt aber mal was anderes. Warum sind wir so umständlich in die Oberwelt geflogen? Wir hätten doch das Alte Haus nehmen können.“
Sie lächelte leicht. Anerkennung schwang in ihrem Blick. „Nicht schlecht. Kaum habe ich dir etwas erzählt, schon hast du eins und eins zusammengezählt.“ Sie zog die alte Decke bis zum Kinn, atmete tief aus und sagte: „Dich zum Alten Haus zu schleppen war mir
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