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Annabell oder Die fragwuerdige Reise in das Koenigreich jenseits der See

Annabell oder Die fragwuerdige Reise in das Koenigreich jenseits der See

Titel: Annabell oder Die fragwuerdige Reise in das Koenigreich jenseits der See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Neblin
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Entrüstung zu verbergen suchte, zeigte ihre hinterhältige Fratze.
    Sein Plan schien aufgegangen. Nach diesem Vorfall würde zumindest Jack in absehbarer Zeit keine Honorare mit Magnon verdienen, wenn nicht sogar Westbury Hawthorne & Clarke insgesamt das Mandat verlieren würde. Möglicherweise würde dieser Vorfall auch auf mich zurückfallen.
    Ohne einen Moment zu zögern, entschloss ich mich, das Notwendige zu tun, um das zu verhindern:
    Ich opferte Jack.
    Jack hatte Fehler gemacht. Er hatte getrunken, er hatte DeVere gelangweilt und dessen Stabschef tätlich angegriffen. Dillinger würde ihn anzeigen, es würde zu einem öffentlichen Verfahren kommen und im Falle der Verurteilung würde Jack seine Anwaltslizenz verlieren. Ein gefundenes Fressen für die Presse und die Konkurrenz. Nun war es Zeit, für diese Fehler geradezustehen.
    Ich wies Margery an, den Sicherheitsdienst zu rufen, und ließ Jack abführen, der weiterhin lautstark Dillinger, DeVere und nun auch mich beschimpfte.
    War ich tatsächlich die Natter, die er an seinem Busen genährt hatte?
    Vielleicht. Aber ich wollte weiter an der Brust von Westbury Hawthorne & Clarke saugen. Ich brauchte diese Milch. Ich war süchtig nach ihr. Jack hatte ihre Quelle gefährdet und dafür musste er bezahlen.
    Um DeVere zu besänftigen und mich von jeglicher Allianz mit Jack loszusagen, bestätigte ich St.Clair. Ich übertrieb sogar schamlos. Ja, Jack habe offenbar ein ernstes Alkoholproblem, das nun nicht länger toleriert werden könne. Möglicherweise seien sogar andere Drogen im Spiel. Ich hätte schon seit Längerem diesen Verdacht gehabt, sei entsetzt über den Vorfall.
    Dann jedoch setzte ich zum Vergeltungsschlag an und erläuterte dezidiert, warum unser oder besser gesagt „mein“ Konzept für Magnon über jeden Zweifel erhaben war.
    Wie schon gesagt: Ich konnte Menschen für mich einnehmen. DeVere war keine Ausnahme.
    Nach zweieinhalb Stunden, in denen ich unsere Gestaltung verständlich erläutert, gegen jegliche Einwände von St.Clair, Thomson und Fillwater verteidigt und DeVere vorgerechnet hatte, wie viel Geld er persönlich dabei sparen würde, erhob dieser sich und sagte:
    „Meine Herren, bringen wir es auf den Punkt: Meyers, Sie glauben an die Sache?“
    „Das ist wie so vieles im Leben keine Frage des Glaubens, Sir. Es wird funktionieren. Davon bin ich überzeugt.“
    Innerlich hatte ich durchaus Zweifel. Einige Risiken, die St.Clair aufgezeigt hatte, waren keineswegs so weit hergeholt, wie ich DeVere eingeredet hatte.
    „Sie haben Schneid, Meyers. Das muss man Ihnen lassen. Mein Gefühl sagt mir, dass Sie Ihr Handwerk verstehen. Und mein Gefühl trügt mich selten.“
    Wenn das zuträfe, würde Magnon nicht den Bach runter gehen, dachte ich.
    „Wenn keiner der Zauderer hier mir stichhaltige Argumente liefern kann, die gegen Sie sprechen“, fuhr DeVere fort, „sind Sie im Spiel. Ich werde Lawrence Hawthorne wissen lassen, dass Sie persönlich das Mandat übernehmen. Doch ich warne Sie: Sollte die Sache schief gehen, sorge ich dafür, dass man Sie feuert und dass keine Anwaltsgesellschaft, die etwas auf sich hält, Sie noch einstellt. Haben wir uns verstanden?“
    Er streckte mir seine filigrane Hand entgegen.
    Mein Herz hämmerte. Ich schlug ein.
    „Sie können sich auf mich verlassen, Sir. Ich werde Sie nicht enttäuschen.“
    „Gut, Meyers. Gut so.“
    Er wandte sich zu seiner Assistentin um.
    „Janet! Wir gehen jetzt erst einmal einen Happen essen. Und ein Drink könnte auch nicht schaden. Worauf haben Sie Lust, mein Kind?“
    Während ich mich fragte, ob Janet klar war, worauf er Lust hatte, gingen die Beiden hinaus. Die übrigen Herren folgten missmutig. Dillinger und St.Clair warfen mir vernichtende Blicke zu, die ich mit einem nonchalanten Lächeln erwiderte.
    Sie waren gegen mich angetreten und ich hatte Sie geschlagen.

6.   Kapitel

 
 
    Nachdem DeVere und sein Gefolge zusammen mit Margery und Harriet den Konferenzraum verlassen hatten, ließ ich mich in einen der Sessel fallen. Der Adrenalinausstoß hatte bewirkt, dass ich - von den Besprechungsteilnehmern unbemerkt - am ganzen Körper zitterte. Ich knöpfte mein Hemd auf, löste die Krawatte und starrte nach draußen, bis das Zittern langsam nachließ und sich die Erschöpfung einstellte, die solch einer Verhandlung zwangsläufig folgen muss. Der Nachmittagshimmel spannte sich stickig-heiß über die steinerne Einöde der Häuserblocks unter mir, die lediglich vom

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