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Annabell oder Die fragwuerdige Reise in das Koenigreich jenseits der See

Annabell oder Die fragwuerdige Reise in das Koenigreich jenseits der See

Titel: Annabell oder Die fragwuerdige Reise in das Koenigreich jenseits der See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Neblin
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… Er griff nach Annabells Handgelenk. Sein Gesichtsausdruck verriet, dass nicht auch der Monitor defekt war. 75,…90,…110,…125,…140. Die Schwester kam mit einem zweiten Defibrillator zurück und blickte verständnislos auf die Szene.
    „Er steigt zu schnell.“
    Dr. Summers zückte eine Spritze und sog aus einer Ampulle eine Flüssigkeit hinein.
    „Es ist verrückt. Wir müssen den Herzschlag verlangsamen.“
    Er rammte Annabell die Spritze in die Kanüle und presste die Flüssigkeit hinein. In diesem Moment schlug Annabell die Augen auf, ihr Mund stand offen, sie sah mich an, schien mich aber nicht zu erkennen. Tränen liefen über ihre Wangen.
    „Annabell, Liebling!“
    Ich griff nach ihrer Hand. Sie erwiderte meinen Griff nicht.
    Sie fing an, zu schluchzen. Noch immer schien sie nicht zu begreifen, wo sie war und dass ich bei ihr war. Der Herzschlag verlangsamte sich. 115, … 80, … Das Mittel schien zu wirken. 75, … 70, … 65, … Bei 62 verstetigte sich der Puls. Annabell schluchzte, dass einem angst und bange werden konnte. Sie reagierte nicht auf unsere Fragen. Hatte Sie Schmerzen, wollte Dr. Summers wissen. Keine Reaktion. Er untersuchte sie, soweit er konnte. Als er ihre Lunge abhörte, zuckte er zurück, als hätte er selbst den Stromstoß des Defibrillators zu spüren bekommen.
    „Das ist nicht möglich.“
    Er horchte wiederum.
    „Nicht möglich. Was ist denn hier heute los?“
    Und er hatte recht . Jetzt bemerkte ich es auch. Wenn man das andauernde Weinen ausblendete, stellte man fest, dass Annabell atmete. Ganz normal atmete. Kein mühsamer Kampf um Sauerstoff. Kein Rasseln oder dergleichen. Einatmen, Schluchzen, Einatmen, Schluchzen. Ihr Gesicht war nicht fahl, sondern zart gerötet.
    „Ich kann mir auf all das hier noch keinen Reim machen, aber ich werde sie ruhigstellen“, sagte Dr. Summers mehr zu sich selbst als zu uns. „Sie braucht Ruhe, Ihr Körper kann diese Aufregung unmöglich verarbeiten.“
    Er ließ sich eine weitere Ampulle reichen.
    „Lassen Sie sie nicht wieder einschlafen, Doc“, flehte ich ihn an.
    „Ich gebe ihr nur eine kleine Dosis, damit sie zur Ruhe kommt.“
    Er verabreichte das Beruhigungsmittel.
    „Wir können hier im Moment nichts tun, meine Herren. Am besten wir lassen unsere Patientin jetzt für eine Weile allein. Schwester Abigail wird bei ihr bleiben.“
    Dr. Summers versuchte, mich zur Tür zu schieben, doch ich widerstand ihm. Ich wollte nicht gehen. Nach all den Tagen und Nächten des Ausharrens. Wenn Annabell wieder einschlief und nicht mehr aufwachte?
    „Ethan.“
    Wir fuhren herum. Es war leise, aber doch vernehmbar zwischen den Schluchzern hervorgekommen, die langsam nachließen.
    Sofort war ich an Annabells Seite.
    „Annabell, mein Engel. Ich bin bei Dir.“ Und an Dr. Summers gewandt: „Lassen Sie mich einen Moment mit ihr allein, Doktor. Bitte. Ich weiß genau, wo der Alarmknopf ist.“
    „Also gut.“ Er zuckte mit den Schultern und machte ganz allgemein den Eindruck als bräuchte er nun erst einmal einen starken Kaffee oder etwas noch Stärkeres. „Aber nur einen kurzen Augenblick. Ich werde Dr. Mercer verständigen. Und erwarten Sie nicht zu viel. Ihre Schwester steht unter Drogen. Wenn überhaupt, wird Sie vermutlich nur wirres Zeug reden.“
    Sie verließen das Zimmer. Wir waren allein.

67.      Kapitel

 
 
    Sie lebte. Annabell lebte. Wie konnte das sein? Der Defibrillator hatte es nicht bewirkt, so viel stand fest.
      „Ethan.“ Annabell sah mich an. Ich sah sie an. Sie erkannte mich ganz deutlich, da war ich sicher. Ich gab ihr einen Kuss und hielt ihre Hand.
    „Hast Du Schmerzen, Liebling?“
    „Nein. Ich ...“
    Sie wollte weitersprechen, aber die Tränen erstickten ihre Stimme.
    „Es geht mir gut. Ich …“
    Sie suchte nach Worten.
    „Du lebst, mein Liebling. Du wirst gesund.“
    Ich konnte es selbst kaum fassen, aber ich war überzeugt, dass sie leben würde. Sie strahlte es förmlich aus.
    „Ich werde gesund, Ethan …“
    „Wie …?“
    „… ich weiß es.“
    Wir sahen uns lange an. Ich küsste wieder und wieder ihre Hand, die ich mit beiden meiner Hände ergriffen hatte.
    „Was ist bloß geschehen?“
    Ich stellte die Frage in den Raum aber ich erwartete keine Antwort von ihr.
    „Etwas Wasser …?“, bat sie, und ich bemerkte, wie trocken ihre Stimme klang.
    Ich schenkte ihr ein und setzte ihr den Strohhalm an die Lippen.
    Sie trank einen Schluck. Dann noch einen.
    „Es war …“
    Sie

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