Annabell oder Die fragwuerdige Reise in das Koenigreich jenseits der See
auf die Auffahrt bogen. Die Hibiskus-Büsche hatten für Annabells Rückkehr ihre letzten Blüten aufgespart und wunken uns in prächtigen Gewändern von Violett- und Weißtönen in einer leichten Meeresbrise Willkommen.
„Es tut so gut, wieder zu Hause zu sein“, sagte Annabell glücklich, als wir aus dem Wagen stiegen. „Wie ich das alles hier vermisst habe.“
In diesem Augenblick empfand ich tiefe Dankbarkeit dafür, dass ich die Wohnung in Boston so zügig losgeworden war. Ich hätte es nicht übers Herz gebracht, Annabell von hier fortzubringen, wenn ich auch nicht einen Moment bezweifelte, dass sie mir nach Boston gefolgt wäre.
Ich gab Annabell den Hausschlüssel und holte die Taschen aus dem Kofferraum. Annabell schloss die Tür auf …
… und was war das für ein Hallo.
„Willkommen zu Hause!“, „Annabell!“ schallte es aus unzähligen Mündern. In der Eingangshalle hingen Dutzende bunte Luftballons und am Treppengeländer im oberen Stockwerk hing ein Plakat mit der Aufschrift „Willkommen Annabell“.
Alle, die ich in South Port kannte, waren meiner Einladung zu einer kleinen Überraschungsparty gefolgt: Cathy, Jen, Rebecca und Eric, Hugh, Simon und Christy, Brooke und Tony und selbst Jason und dessen neue Freundin Amy. Selbstverständlich durften auch der Reverend, Onkel Charlton und einige ihrer Freunde und Bekannten, darunter auch Richter Stanton, nicht fehlen. Den überwiegenden Teil der etwa achtzig Gäste kannte ich nicht. Cathy und Jen hatten den gesamten Jahrgang ihrer High School und viele aus dem Jahrgang darüber eingeladen.
Als ich sah, wie sehr sich alle darüber freuten, dass Annabell wieder genesen war, wie sich alle um sie scharten, sie begrüßten und sie willkommen hießen, wurde mir einmal mehr deutlich, wie sehr sie überall geschätzt wurde und ich war stolz, dass ich – wenn auch unerkannt – der Mann an ihrer Seite war.
Annabell war von all dem überwältigt. Eine Träne rann ihr über die Wange und sie umarmte mich.
„Danke, Ethan. Das ist eine wunderbare Überraschung.“
Ich wollte sie küssen, doch kurz vor ihrem Mund, gerade noch rechtzeitig, fiel mir ein, dass wir unter Leuten waren. Also hielt ich mitten in der Bewegung inne und sah mich um, um in den umstehenden Gesichtern zu lesen, ob es jemandem aufgefallen war. Aber lediglich der Reverend sah mich ein wenig vorwurfsvoll an.
„Das habe ich nur mit Hilfe von Cathy und Jen geschafft“, sagte ich und fügte flüsternd hinzu, „und natürlich mit der finanziellen Unterstützung des Reverends.“
„Es war Teamwork“, räumte Cathy ein, „wir sind so froh, dass Du wieder gesund hier bist.“
„Ja“, stimmte Jen zu. „Es war echt nicht dasselbe ohne Dich.“
Von Craig, Zach und Steve hatte ich seit meinem Aufenthalt in Boston nichts gehört.
„Komm, wir gehen nach oben. Dann kannst Du Dich umziehen“, schlug Cathy vor und nahm Annabell am Arm. „Ethan hat ein Kleid für Dich gekauft – todschick, Du wirst sehen.“
Und schon waren die Drei nach oben verschwunden.
Als sie wieder hinunterkamen, war die Party in vollem Gange.
„Ethan, das Kleid ist toll.“
Annabell war begeistert.
„Freut mich, dass es Dir gefällt. Du siehst umwerfend aus.“
Wider wollte ich ihr einen Kuss geben, doch dieses Mal besann ich mich eher. Unter allen Umständen musste ich Fehler vermeiden, die so gravierende Folgen haben konnte.
„Komm. Wir gehen nach draußen.“
Ich hielt Annabell meinen Arm hin und geleitete sie auf die Terrasse hinaus.
Die Party fand überwiegend im Freien statt. Es gab ein Barbecue mit frischem Fisch, Scampi, Tintenfischtuben und Langustenschwänzen, Rindersteaks, Schweinebauch und Geflügel, gegrillte Maiskolben, eine Vielzahl verschiedener Salate, Käse, Räucherlachs und Hackfleischbällchen, ofengebräunte Pommes frites, frisches Baguette und ein Dessertbuffet mit Obst, allerlei Cremes und Tiramisu. Mehrere Mitarbeiter eines Catering-Service sorgten dafür, dass die Gläser immer voll und das Büffet niemals leer wurde. Der Reverend hatte sich wahrhaftig nicht lumpen lassen. Für die Musik sorgte eine Gruppe von ehemaligen Schülern, die einen mobilen Diskothekenservice betrieben.
Ich war überrascht, dass nicht wenige der jungen Gäste hervorhoben, wie gut der Garten gepflegt war. Ich hatte den ganzen Vormittag damit verbracht den Rasen zu pediküren, die Büsche und Hecken wieder in Form zu bringen, die Beete von Unkraut zu säubern und auch die letzte verwelkte Blüte
Weitere Kostenlose Bücher