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Annabell oder Die fragwuerdige Reise in das Koenigreich jenseits der See

Annabell oder Die fragwuerdige Reise in das Koenigreich jenseits der See

Titel: Annabell oder Die fragwuerdige Reise in das Koenigreich jenseits der See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Neblin
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sauber abzuschneiden. Ich hätte nicht damit gerechnet, dass unsere Gäste ein Auge dafür haben würden. Dass es dennoch so war, erfüllte mich mit gärtnerischem Stolz. Insgesamt war es ein gelungener Abend und alle Teilnehmer schienen sich wunderbar zu unterhalten.
    Als die Dunkelheit sich allmählich wie eine seidene Decke über die Gesellschaft senkte, wurden auf den Tischen unzählige Windlichter und im Garten eine große Anzahl von Fackeln entzündet, die ein warm-romantisches Licht verbreiteten. Ich wollte so gern mit Annabell allein sein, aber das war kaum zu bewerkstelligen, denn sie war verständlicherweise ständig von ihren Gästen umringt.
    Irgendwann gelang es mir, ihr zu bedeuten, mir unauffällig zu folgen. Anschließend schlenderte ich durch den Garten, hielt bei den verschiedensten Grüppchen von Leuten an, die sich hier und da verteilt hatten, und wechselte ein paar kurze Worte mit ihnen. Dann stahl ich mich über den Weg durch die Büsche die Böschung hinauf zu unserem Aussichtsplateau. Ich betrachtete die Sterne am klaren Himmel und atmete tief durch. Hinter mir der Feuerschein, die Musik, das Lachen und die Stimmen der Partygäste, vor mir die weite Bucht und das vertraute Geräusch der Wellen, die sich an den Felsen brachen. Wie herrlich es sein konnte, zu leben, hier zu leben.
    Wenige Minuten später hörte ich Schritte hinter mir und schon schlangen sich zarte Arme von hinten um meine Taille. Ich drehte mich um und zog Annabell an mich. Gemeinsam betrachteten wir eine Weile die Nacht über dem Meer und genossen die Abgeschiedenheit zu zweit.
    „Es ist eine wunderbare Party, Ethan“, brach Annabell das Schweigen. „Vielen Dank dafür. Ihr habt Euch alle solche Mühe gegeben.“
    „Und Du hast nicht damit gerechnet, oder?“
    „Nein, wie hätte ich das ahnen können. Aber das Schönste an der Party ist, dass Du da bist.“
    Wir küssten uns.
    Ich sah auf die Uhr. Es war 22.30 Uhr.
    „Wenn Du meinst, ich sei das Schönste hier, dann dreh Dich mal um und sieh nach oben.“
    „Was meinst Du?“ Annabell drehte sich um und pünktlich ging es los: Mit einer Salve von Raketen und Böllerexplosionen begann ein grandioses Feuerwerk. Es war alles da, was man sich wünschen konnte. Goldener Funkenregen. Rote, grüne, blaue Explosionen, Raketen, die einen Regenbogen an den Himmel zeichneten, riesige bunte Fontänen. Ich hatte den Pyrotechniker aus Boston engagiert, der dort das Feuerwerk zum Unabhängigkeitstag orchestriert hatte. Unseres war selbstverständlich viel kleiner, aber es kostete den Reverend doch eine gewaltige Stange Geld.
    „Eigentlich liegt es mir ganz und gar nicht, Geld für so etwas zu verschwenden – aber vielleicht ist es gerade deswegen heilsam, es einmal zu tun, zumal es den Abend für Annabell noch schöner machen wird“, hatte McCandle gesagt.
    Unter diesem Gesichtspunkt war die Verschwendung ein voller Erfolg: Annabell war sprachlos. Gebannt starrte sie in den Himmel und verfolgte das bunte Treiben. Ich zog sie sanft zurück in den Garten, damit niemand sich fragte, wo wir beide so lange steckten und wir gesellten uns zu Cathy und den anderen.
    Nachdem das Feuerwerk vorüber war, ging ich zum Haus, um eine Jacke für Annabell zu holen. Die Luft hatte sich deutlich abgekühlt. Eine frische Brise wehte vom Meer herüber und ich hatte bemerkt, wie Annabell fröstelte. Auf keinen Fall konnten wir riskieren, dass sie sich erkältete.
    Ich kämpfte mir einen Weg durch die Schar der Gäste, von denen sich bereits einige ins Haus zurückgezogen hatten, und wollte gerade nach oben gehen, als es an der Tür klingelte.
    Ich öffnete und zwei Polizisten, die ich nicht kannte, traten ein.
    „Guten Abend“, begrüßte ich die beiden, „können wir etwas für Sie tun?“
    „Guten Abend, mein Name ist Smith, das ist Officer Cummings“, er wies auf seine Begleiterin. „Wir möchten gern mit Mr. Ethan Meyers sprechen. Können Sie uns sagen, wo wir ihn finden.“
    „Er steht direkt vor Ihnen. Was gibt es denn?“
    „Mr. Meyers, wir müssen Sie bitten, uns zu folgen.“
    „Stimmt etwas nicht? War die Musik zu laut? Oder das Feuerwerk? Haben Nachbarn sich beschwert?“
    „Bitte folgen Sie uns. Wir haben die Anweisung, sie auf die Wache zu bringen. Dort wird man Ihnen sagen, worum es sich handelt.“
    Das merkwürdige Gespräch blieb nicht lange unbemerkt. Schon hatte sich eine Menschenmenge im Flur versammelt. Einige Ehemalige der High School riefen Dinge wie „Hey, lasst ihn

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