Annabell oder Die fragwuerdige Reise in das Koenigreich jenseits der See
oder?“
Ohne zu zwinkern, sah ich ihr direkt in die die Augen und log ihr schamlos ins Gesicht: „Warum sollte nichts aus uns werden. Ich bin ungebunden. Du bist hinreißend. Natürlich mag ich Dich, Sandy. Sehr sogar. Komm. Entspann Dich.“
Ich begann, mich wieder zu bewegen und schließlich gab Sandy jeden Widerstand auf. Sie erwies sich als leidenschaftliche Liebhaberin, deren Mund die Sprache der Liebe beherrschte. Sie schien ebenso ausgehungert zu sein wie ich. Wie ein Marathonläufer, der nach den ersten Kilometern erst richtig in Fahrt kommt, bewies ich Ausdauer. Die erste Etappe raste dahin und wurde mit Wonne beendet. Die zweite Etappe verlegten wir auf ihr Bett. Sie dauerte länger und brachte Sandy mehrfach um den Verstand. Ich nahm mir sogar die Zeit, vorab die Hose abzulegen. Auf dem dritten Teil der Strecke wurde all mein Durchhaltevermögen gefordert. Erst nach über einer halben Stunde ununterbrochener Anstrengung lief ich durchs Ziel. Sandy, die der Lauf an den Rand einer Ohnmacht getrieben hatte, schlief zufrieden und erschöpft neben mir ein. Schweißgebadet lag ich neben ihr und lauschte ihrem gleichmäßigen Atmen.
In der bedrückenden Stille dieses miefigen Raums horchte ich in mich hinein.
Irgendetwas stimmte nicht.
Ich war erschöpft und zu keiner weiteren Beschäftigung mit Sandy in der Lage. Und dennoch musste ich feststellen, dass mein eigentliches Verlangen keineswegs erloschen oder wenigstens gemindert war, so wie ich es erhofft hatte. Ich sehnte mich nach Annabell. Und das nun umso mehr, da ich jeglichen fleischlichen Hunger gestillt hatte und satt neben dem nackten Körper dieses Mädchens lag, dessen Anblick ein unbekanntes Gefühl tiefer Einsamkeit in mir hervorrief. Zumindest war mir dieses Gefühl bisher nie so präsent gewesen.
Was hatte ich eigentlich hier zu finden gehofft? Dieser Abend war eine einzige trostlose Täuschung – eine Täuschung Sandys aber viel mehr noch meiner selbst.
Annabell ging mir einfach nicht aus dem Kopf.
Warum kreisten meine Gedanken nur unablässig um dieses Mädchen? Um sie und Jason. Darum, wie es wohl gewesen wäre, wenn sie an Sandys Stelle gewesen wäre. Darum, dass ich sie nie so würde haben können, wie ich Sandy gehabt hatte.
Doch letztendlich wollte ich sie auch nicht länger so, wie ich Sandy gehabt hatte. So beiläufig. So unzeremoniell. In einer so erbärmlichen Umgebung.
Auf keinen Fall. Es müsste bei ihr anders sein. Ganz anders.
33. Kapitel
Gegen 2.45 Uhr stand ich auf und zog mich an. Ich hatte genug Routine, um dabei so leise vorzugehen, dass Sandy nicht aufwachte. Die Lebewohl-Szene lag mir nicht.
Und doch fühlte ich mich unwohl – beobachtet.
Ich sah mich um. Tyson, das Katzenvieh, saß auf dem Sessel gegenüber dem Bett und starrte mich mit fluoreszent-grünen Augen vorwurfsvoll an.
Hau ab, kümmere Dich um Deinen eigenen Kram, rief ich ihm in Gedanken zu. Sie wollte es genauso wie ich. Und sie kann froh sein, einmal jemanden gehabt zu haben, der kein Abschaum ist. Was siehst Du mich an? Du hast doch selbst mindestens zehn verschiedene Kätzchen in der Nachbarschaft.
Nicht zu fassen. Ich rechtfertigte mich vor einem Kater.
Ich beeilte mich, dieses Loch von Wohnung, dieses ganze miefige Viertel zu verlassen.
Als ich auf unsere Auffahrt in der Bonham Lane einbog, die der Mond mit seinem sanften Licht erhellte, wurde mir bewusst, wie wundervoll dieser Ort im Vergleich zu der schäbigen Gegend war, aus der ich gerade kam. Ich stieg aus dem Wagen und sog die frische Nachtluft tief ein. Der Duft von Rosen und Lavendel lag darin. Die alten Bäume flüsterten einander ihre Geheimnisse zu. Ich schloss die Augen, ließ mich von der Nacht umschließen und lauschte für eine Weile dem fernen Klang der Brandung.
Am nächsten Morgen konnte ich es kaum abwarten. Ich brannte darauf, zu wissen, was Annabell gestern mit Jason erlebt hatte. Aber ich musste mich in Geduld üben. Die Frage musste beiläufig in die Frühstücksunterhaltung eingestreut werden.
„Und war es nett gestern mit Jason?“, fragte ich schließlich, als wir das Frühstück fast beendet hatten.
„Oh ja. Wir haben uns gut unterhalten“, antwortete Annabell mit einem überlegenen Lächeln auf den Lippen.
War mein übermäßiges Interesse so offensichtlich?
„Wie schön. Das freut mich.“
Ich schenkte mir Tee ein.
Was habt ihr gemacht, wollte ich fragen. Was hat er mit Dir gemacht? Wie lange ist er geblieben?
„Und gab es was
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