Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Annabell oder Die fragwuerdige Reise in das Koenigreich jenseits der See

Annabell oder Die fragwuerdige Reise in das Koenigreich jenseits der See

Titel: Annabell oder Die fragwuerdige Reise in das Koenigreich jenseits der See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Neblin
Vom Netzwerk:
seinem Ausdruck lag ein solcher Hass, dass ich damit rechnete, er würde mir nun auf der Stelle den Schädel einschlagen, die Kehle aufschlitzen oder die Augen ausstechen. Aber nichts dergleichen geschah. Er wich zurück und wischte sich mit dem Ärmel meinen Speichel aus dem Gesicht.
    „Thorn, J.C.“, er sprach mit den beiden, die mich festhielten, „bringt ihn nach da vorn.“ Er wies in die Mitte der Lichtung. „Vince und Bone“, er wandte sich an zwei andere hinter ihm, „Ihr holt Eure Maschinen und sorgt für Licht.“
    Die beiden Muskelprotze Thorn und J.C. schleiften mich mühelos zur Mitte der Lichtung. Ich versuchte, die Füße in den Boden zu stemmen, aber die beiden schienen den Widerstand nicht einmal zu bemerken.
    Das war es also. Sie wollten mir in der Mitte der Lichtung die Kehle durchschneiden. Hinter der Kapelle wurden zwei Motorräder angelassen und kurz darauf fand ich mich im Licht der Scheinwerfer. Einer der Biker, ich glaube es war Vince, holte eine Handkamera hervor und begann, die Szene zu filmen.
    „Was soll das werden? Blair Witch Project?“ fragte ich den Anführer.
    „Du wirst jetzt ein Grab ausheben.“
    Er warf mir einen Spaten vor die Füße.
    „Dieses kleine Filmchen machen wir für Deine Schwester. Sie soll doch ein schönes Andenken an Dich haben, das sie sich ansehen kann, während die Jungs sie sich vornehmen.“
    „Lass meine Schwester aus dem Spiel.“
    Ich bäumte mich mit aller Kraft auf und wollte mich aus dem Griff der Schraubstockhände befreien, aber meine Bemühungen blieben wirkungslos.
    „Was, wenn ich es nicht tue? Ich lege keinen besonderen Wert auf eine christliche Bestattung. Warum sollte ich mir also die Mühe machen, hier Dreck zu schaufeln, wenn Ihr mich sowieso umlegt?“
    „Du wirst graben, Du kleiner Bastard, weil wir Dich sonst mit diesem Messer“ – er zog eine silbrig funkelnde Klinge unter dem Mantel hervor – „bearbeiten.“
    Er machte eine dramatische Pause – wohl, um die Klinge auf mich wirken zu lassen.
    „Erst schneiden wir Dir die Eier ab“, – sssh – er demonstrierte die Bewegung des Messers in der Luft. „Dann scheiden wir Dir Deinen Schwanz ab – Stück für Stück.“ Sssh…Sssh… „Dann vergrößern wir Dein Arschloch und stopfen es Dir mit Deinen Eiern und dem, was von Deinem Schwanz übrig bleibt, zu. Also grab jetzt, verdammt!“
    Er gab den beiden, die mich festhielten, ein Zeichen und sofort gaben sie mich frei. Ein Kribbeln lief durch meine Armen, als das Blut wieder in die gequetschten Stellen floss. Widerstrebend nahm ich den Spaten auf und stieß ihn in die weiche, feuchte Erde.

38.      Kapitel

 
 
    Schweiß rann mir in Bächen über Stirn, Nacken und Körper, als ich nach einer dreiviertel Stunde in einem Erdloch stand, das ohne Weiteres eine Männerleiche meiner Größe aufnehmen konnte. Meine Arme brannten.
    Sie wollten mich hier verscharren. Auf dem alten Friedhof von South Port. Am Rande von Nirgendwo.
    „Das reicht!“ fauchte der Teufel im Ledermantel, als er mit der Größe der Grube zufrieden war. „Komm raus da!“ Ich kletterte, über und über mit Erde verschmiert, aus der Kuhle. Merkwürdig, dass mir in dieser Situation ganz besonders meine derangierte Garderobe sauer aufstieß. Aber immerhin wurde ich filmisch festgehalten, und da möchte man nun einmal nicht aussehen, wie ich aussah.
    „Vince, Sonny, bindet ihm die Hände auf den Rücken.“
    Ehe ich mich wehren konnte, kniete ich mit gefesselten Händen vor dem Erdloch. Ich hörte eine ferne Stimme säuseln. Das für mich vorgesehene Grab schien nach mir zu rufen, seine Arme nach mir auszustrecken. Was für ein Finale.
      „Und Du, Du Missgeburt,“ der Anführer wandte sich an seinen Bruder, „komm her!“
    Der Glatzkopf schlurfte aus dem Schatten heran. Das Blut in seinem Gesicht war mittlerweile verkrustet. Ich bot vermutlich kein besseres Bild.
    „Spider, gib ihm den Schläger.“
    Einer der Männer holte einen Baseballschläger hervor und warf ihn dem Glatzkopf zu, der ihn nur mit Mühe auffing. „Was soll das, Lew? Was soll der Schläger?“ fragte er seinen Bruder ungläubig. „Du willst ihn doch nicht wirklich umbringen?“
    „Ich nicht“, erwiderte dieser träge. Ein irrsinniges Funkeln lag in seinen Augen. „Aber Du.“
    „Mein Gott, Lew.“ Die Stimme des Glatzkopfs zitterte. „Das ist Mord, Mann. Wenn das einer rauskriegt. Komm, schlag ihn meinetwegen zusammen oder fessle ihn und wir holen uns die Kleine.

Weitere Kostenlose Bücher