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Annas Erbe

Annas Erbe

Titel: Annas Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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die Wischer mit höchster Geschwindigkeit hin und her fegten. Der Alkohol machte Thann zu schaffen, seine Sinne arbeiteten mit Verzögerung. Fast wäre er auf einen Lieferwagen geprallt, zu spät sah er die Bremslichter aufflammen. Nur Millimeter waren zwischen den Stoßstangen, als er zum Stehen kam.
    Die Welt erschien ihm wie ein Bild von Leo Frentzel: Eine dunkle Straßenschlucht, Umrisse von Autos und die roten Lichter der Ampeln und Autos, durch den Wasserfilm vor der Scheibe verzerrt auf eine unwirkliche Größe und Form.
    Ein zweites Mal trieb es Thann in die Dresdner Straße, und wieder stand er vor verschlossenen Türen, sowohl am Vorderhaus als auch in der Fabriketage. Wieder keine Antwort auf sein Klingeln. Völlig durchnässt stieg er ins Auto und fuhr zurück, diesmal mit mehr Vorsicht. Vielleicht würden sie sogar einem Kollegen den Führerschein abnehmen, wenn er angetrunken in eine Polizeikontrolle geriet. Thann hatte allerdings noch nie von einem solchen Fall gehört.
    Er steuerte durch das Türkenviertel südlich des Bahnhofs. Gestern hatte er in dieser Gegend den Bruder des Deponiepförtners befragt, auf seine Weise, doch der Mann war harmlos gewesen. Es kam Thann vor, als sei es viel länger her. Inzwischen hatte Bollmann ihm den Fall entzogen. Doch Thann wollte sich nicht stoppen lassen. Mit jeder Stunde, so schien es ihm, kam er der Aufklärung des Falls näher, als gäbe es ein Schicksal, das ihn antrieb und zum Ziel führte. Diese Vorstellung ließ eine Welle der Euphorie durch seinen Körper strömen.
    Er suchte Eva. Die Anwaltsgehilfin sah dem Foto der Toten verblüffend ähnlich. Thann war überzeugt, dass Eva Annas Tochter war und Udo ihr Sohn. Zwei von drei Geschwistern. Von ihnen erhoffte er sich weiteren Anschub, Beschleunigung auf seiner Suche nach der Wahrheit, die ihm den Triumph über alle spöttischen Kollegen bringen sollte.
    Er hatte die Adresse aus dem Telefonbuch. Er hielt vor einem renovierten Altbau in zweiter Reihe, lief zum Eingang und begann zu zittern, als er den Namen neben der Klingel las: Eva Korfmacher.
    Er dachte an das Lächeln der Anwaltsgehilfin und drückte sanft auf den Knopf. Nach wenigen Sekunden summte der Türöffner. Thann hielt den Atem an, als er die Treppe hochstieg.
    In der offenen Wohnungstür stand eine korpulente Frau von Ende dreißig in Schürze und Pantoffeln. Aus dem Hintergrund hörte Thann das Lärmen eines Fernsehgerätes und mehrerer Kinder. Die Frau fuhr sich mit den Fingern durchs Haar und blickte den Kripomann fragend an.
    »Kann ich bitte Eva Korfmacher sprechen?«, fragte er, bereits ahnend, was folgen würde.
    »Ja, das bin ich, was gibt es?«
    Weder kannte sie seine Eva noch war sie mit Anna verwandt.
    Es war die einzige Eva Korfmacher im Telefonbuch.
     
    Die Adresse des Malers Leo Frentzel hatte ihm der Altkommunarde Engels gegeben. Doch auch hier traf Thann niemanden an. Wieder machte er sich auf den Weg. Wenigstens Annas Porträt, das Frentzel gemalt hatte, wollte er sehen. Er fuhr in die Innenstadt, Richtung Kunsthalle, vorbei an Kaufhäusern und Kinos. Da wurde ihm klar, dass das Museum bereits seit Stunden geschlossen haben musste. Er umrundete die Kunsthalle, verwarf den Gedanken, noch einmal bei Udo Korfmacher oder Leo Frentzel zu klingeln, und gab für heute auf. Der Rausch seines Ermittlungseifers war dem Kater der Ernüchterung gewichen. Thanns Nerven waren gespannt und vibrierten. Er war unzufrieden mit dem Ergebnis des Tages. Von wegen Schicksal. Sein Körper verlangte nach Alkohol.
     
     
    20.
     
    Zu Hause im Mordmuseum. Weinbrand und Video.
    Er holte sich Befriedigung von der Eva, die er auf Band hatte. Er stellte sich vor, sie sei die echte und gehöre ihm. Was sie tat, geschah nur für ihn, wenn sie einen dieser schmierigen Typen küsste, dann küsste sie in Wahrheit Thann.
    Anschließend widmete sich Thann seinen Unterlagen. Vieles musste er zweimal lesen, denn er trank zügig und verlor rasch die Konzentration. Die Ähnlichkeit der Anwaltsgehilfin mit der Frau im Pornofilm hatte ihn nachhaltig verwirrt. Er starrte auf die Bilder an der Wand. Tote starrten zurück. Er trank weiter.
    Dann malte er sich das alte Haus an der Friedrichstraße aus, das Kommunenleben und die freie Liebe, die dort angeblich geherrscht hatte. Seine Fantasien führten ihn zurück zum Video, zurück zu Eva. Spannen Sie am Wochenende richtig aus. Am besten mit einem Mädel. Er zwang sie zum Sex mit wildfremden Männern, saß im selben Raum

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