Anne - 02 - Anne - 02 - Anne und Jess, der Weg ins Glück
Frau Hagensen.“
„Ich weiß nicht, ob Sie - ich wollte Ihnen nur sagen, daß -Kurz Fräulein Viken: Sie haben vielleicht bemerkt, daß ich ein Kind erwarte?“
„Nein, das wußte ich nicht. Wie nett. Freuen Sie sich nicht?“
„Doch. Natürlich tue ich das. Aber - es ist nun so - ich muß sehen, daß ich eine Hilfe bekomme - ich - äh - ich habe ja diese unpraktische Wohnung und die Kinder und all das Drum und Dran -und da ist es nun so, daß.“ Anne schwante etwas.
„Sie meinen, daß Sie jetzt diese Kammer brauchen werden, Frau Hagensen? Daß Sie eine feste Hausgehilfin annehmen müssen?“
Frau Hagensen schien erleichtert, daß sie es nicht selbst zu sagen brauchte.
„Ja, das ist es eben. Es tut mir selbst schrecklich leid, Fräulein Viken, aber ich weiß mir keinen andern Rat. Sie sind so nett und gut zu haben gewesen. Ich will Ihnen auch gern ein ausgezeichnetes Zeugnis geben, aber - aber - ja, Sie verstehen mich sicher?“
Anne schluckte etwas herunter. „Ja, natürlich. Selbstverständlich sehe ich das ein. Wann müssen Sie das Zimmer haben, Frau Hagensen?“
Frau Hagensen biß sich auf die Lippen. „Ja, das ist es gerade. Wissen Sie - äh - eine Bekannte von mir kann mir eine Hausgehilfin verschaffen, die schon am - ja, es eilt nämlich, also vom zehnten Januar an.“
Anne wurde es schwarz vor Augen.
Der Grund und Boden ihrer Existenz schien ihr unter den Füßen weggerissen zu werden. Alles beruhte ja darauf, daß sie frei wohnte, freie Heizung und Morgenfrühstück hatte. Es war ohnehin schon schwierig genug, durchzukommen. Sollte sie jetzt auch noch anfangen, Miete zu zahlen, das konnte sie einfach gar nicht. Es kostete sie schon Mühe genug, das Geld fürs Mittagessen und die allernotwendigste Kleidung und sonstige Bedürfnisse zu verdienen. Die fünfundzwanzig Kronen, die Magnus ihr jeden Monat schickte, waren ein Tropfen auf den heißen Stein. Aber Anne hatte es sich verbeten, daß er mehr schickte. Sie wußte, wie nötig sie zu Hause Bargeld hatten.
„Es-“, sie räusperte sich, „es kommt ein - wenig plötzlich, Frau Hagensen, das müssen Sie verstehen. Aber natürlich, selbstverständlich - ich werde.“ Sie ahnte nicht, was sie tun sollte.
„Sie können ganz sicher zu den gleichen Bedingungen woanders ein Zimmer bekommen“, tröstete Frau Hagensen sie. „Es ist so schwierig, Hilfe für den Hausstand zu bekommen. Geben Sie einfach nur eine Anzeige in der Abendzeitung auf, dann sollen Sie mal sehen.“
Nur eine Anzeige aufgeben, ja ja! Eine Anzeige war aber teuer. Und Anne war drei Viertel des Tages bei Fräulein Tvilde beschäftigt. Abends arbeitete sie wie eine Besessene an dem Schulpensum. Wann sollte sie denn rumlaufen und mit eventuellen Arbeitgebern über Zimmer verhandeln? Und wer las jetzt mitten in der Weihnachtszeit Anzeigen oder kümmerte sich um „ein Zimmer gegen Hilfe im Haushalt“?
Aber auf der andern Seite: Sich irgendwo hineindrängen, wo man nicht erwünscht war? Nein, das tat Anne Viken nicht!
„Ja - vielleicht sind Sie dann so gut und geben mir ein Zeugnis, Frau Hagensen? Ich habe zwar keine besonderen Fähigkeiten bei Ihnen entwickelt. Aber Sie können mir sicherlich bescheinigen, daß ich ehrlich gewesen bin?“
„Das kann ich unbedingt!“ sagte Frau Hagensen und stand auf, sichtlich erleichtert, daß es so glatt gegangen war. „Ich werde sofort das Zeugnis ausschreiben.“
Eine Viertelstunde später brachte Frau Hagensen eine Bescheinigung an, in der sie in ihrer Freude und Erleichterung Anne als ein Zwischending zwischen George Washington und Schneewittchen beschrieben hatte.
Anne blieb sitzen, mit dem Papier in der Hand.
Zehnter Januar. Noch dreizehn Tage. In dreizehn Tagen mußte sie etwas gefunden haben, wo sie wohnen konnte. Oder sie mußte die Handelsschule an den Nagel hängen. Wenn sie nun aber nichts fand? Wer auf dieser Welt konnte ihr helfen? Britt? Ja sicher, Britt würde helfen. Aber Britt war verreist. Und außerdem, wenn es etwas gab, wovor Anne ein Grauen hatte, dann war es, irgend jemand gegenüber in eine Schuld zu geraten, und sei es auch nur eine Dankesschuld. Sie würde sich dadurch schwer belastet fühlen.
Fräulein Tvilde? Natürlich, Fräulein Tvilde würde sie nachts nicht auf der Straße herumlaufen lassen. Anne sah sich schon in Gedanken in einem Schlafsack auf dem Fußboden in Fräulein Tvil-des Mansardenwohnung liegen.
Nein. Sie mußte etwas finden. Sie mußte!
Ihr saß ein dicker Kloß im Hals. Sie holte
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