Anne - 02 - Anne - 02 - Anne und Jess, der Weg ins Glück
stülpen?“
„Nein Jess, natürlich. Du hast recht. Ich habe an die polizeiliche Vernehmung gar nicht gedacht. Das kommt auch noch - natürlich!“ Sie lag still und starrte vor sich hin.
„Und dann kommt sicher Britts Vater zu mir. Ach Jess, ich habe solch schreckliches Grauen davor, ihn zu sehen.“
„Armer Mann. Und Britts arme Mutter.“
Es pochte an der Tür, und Lore kam herein. „Ich sollte von Großmama fragen, ob du nicht Frühstück haben willst, Jess.“
Jess lächelte in die braunen Kinderaugen hinein. Die kleine Lore, sie sagte ganz einfach Jess und du.
„Tausend Dank, Lore. Das möchte ich schon - im Flugzeug habe ich nur eine Tasse Kaffee getrunken. Soll ich...“
„Ich bring dir ein Teebrett hierher, wenn du nicht reinkommen und Großmama guten Tag sagen willst.“
„Aber das versteht sich doch von selbst. Deiner fabelhaften Großmama will ich natürlich guten Tag sagen.“
Anne steckte die Beine aus dem Bett, zog sich den Bademantel über und schlüpfte in die Hausschuhe.
„Kleine Anne“, sagte Großmama und reichte ihr beide Hände, drückte sie und schaute Anne mit einem Blick an, der von Güte und Verständnis leuchtete. Dann richtete sie ihre klaren Augen auf Jess.
„Und das ist Jess, sieh an“, sagte sie, und ihre Stimme war jung und volltönend. „Ich bin froh, daß Sie gekommen sind, Jess.“ Ihre Augen wanderten von Jess zu Anne, von Anne zu Jess.
„So seht ihr also zusammen aus“, sagte sie mit einem Lächeln. „Jess und Anne. Wie freue ich mich, daß ich euch beide hier bei mir habe.“
Dann brachte Lore den Kaffee.
Anne zog sich an. Jess sammelte Kissen zusammen und bettete sie bequem in einem Sessel. Die Tür zwischen den beiden Räumen stand offen. Jess ging hin und her, bald war er drinnen und unterhielt sich mit Großmama, bald war er bei Anne. Als sie Mittag essen wollten, wurde bei Großmama gedeckt. Jess half Lore beim Kartoffelschälen und Tischdecken und Geschirrabtrocknen. Lore verschlang ihn mit den Augen und beschloß im stillen, Gregory Peck den Laufpaß zu geben.
„Wo wohnst du hier in der Stadt, und wie lange bleibst du?“ fragte Anne.
„Zunächst wohne ich noch nirgends, aber ich werde bei Jörgensen unterkommen können. Ich läutete ihn gestern gleich an, nachdem ich mit Großm. mit Frau Unndal gesprochen hatte.“
Großmama lachte. „Sagen Sie ruhig Großmama, Jess“, sagte sie. „Das tun alle.“ Das Telefon läutete.
Großmama antwortete, sagte ein paarmal „ja gewiß“ und „doch“ - dann: „Sie können selbst mit ihr sprechen.“
„Die Polizei, Anne - “, sie reichte ihr den Hörer. Eine nette, freundliche Männerstimme war am Apparat. Es tue ihm leid, sie belästigen zu müssen, aber er müsse leider ihre Erklärung haben. Ob sie sich kräftig genug fühle, zur Polizeiwache zu gehen? Oder.
„Ach doch“, sagte Anne. „Morgen schaffe ich es sicher.“
Jess begleitete sie am nächsten Tag hin. Sie mußte eine genaue Schilderung geben. Ihr wurden ein Foto und eine Karte von der Straße gezeigt. Sie beschrieb das Unglück, so gut sie konnte.
„Ist Fräulein Sander sonst eine sichere und geübte Fahrerin gewesen?“ fragte der Polizist.
„Ja“, sagte Anne. „Geübt und sicher. Aber hier - mit einemmal, als wir um eine Kurve bogen, da schien die Sonne ihr gerade ins Gesicht, und dann.“
„Ich verstehe.“ Der Polizeibeamte schrieb Annes Erklärung sorgfältig auf.
„Und dann hat sie die nächste Kurve quer abgeschnitten.“
„Sie muß sie ganz einfach nicht gesehen haben“, sagte Anne. „Denn das Auto schnitt sie ja von links ab.“
„Das stimmt, allerdings. Nein, sie hat die Kurve einfach nicht gesehen.“
Noch ein paar Fragen, ein paar kurze Antworten. Dann durfte Anne gehen.
Alles war so unwirklich. Die österlich stillen Straßen. Daß sie hier mit Jess zusammenging - daß Jess leibhaft neben ihr ging und ihren Arm fest an sich gedrückt hielt - und daß Britt fort war. Daß Britt, die vor zwei Tagen dagesessen und Anne erzählt hatte - daß Britt jetzt - wo war sie jetzt? Lag sie zu Hause? Stand jetzt ein weißer Sarg in der großen Halle - oder. Anne schauderte es plötzlich.
„Anne, liebes - weißt du, daß wir heute zum ersten Mal Arm in Arm über die Straße gehen?“
„Ja, denk nur, das ist wahr!“
„Weißt du noch Weihnachten vor zwei Jahren, Anne? Da trafen wir uns zufällig - hier - genau an dieser Ecke. Vor diesem Schaufenster, in dem ich mir Fausthandschuhe ansah.“
„Und du
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