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Anne auf Green Gables

Anne auf Green Gables

Titel: Anne auf Green Gables Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Maud Montgomery
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ansagte.
    »Mir lief ein eiskalter Schauer über den Rücken, Marilla! Bis zu diesem Moment habe ich noch gar nicht richtig an das Picknick glauben können. Ich habe manchmal Angst, ich hätte es nur geträumt. Aber wenn der Pfarrer es von der Kanzel sagt, dann muss man es glauben.«
    »Du hängst dein Herz zu sehr an solche Dinge, Anne«, seufzte Marilla. »Ich fürchte, du wirst in deinem Leben noch viele Enttäuschungen erleben.«
    »Oh, Marilla, es ist doch so schön, wenn man sich auf etwas freuen kann!«, rief Anne aus. »Auch wenn man manches am Ende dann doch nicht bekommt - nichts und niemand kann einem das Vergnügen nehmen, sich darauf gefreut zu haben.«
    Wie zu jedem Kirchgang trug Marilla auch an jenem Sonntag ihre Amethystbrosche. Das war ihr schon so sehr zur Gewohnheit geworden, dass sie sich ohne sie unvollständig gefühlt hätte - etwa so, als ob sie ihre Bibel oder das Geld für die Kollekte vergessen hätte. Diese Amethystbrosche war Marillas bestgehüteter Schatz. Ein seefahrender Onkel hatte sie ihrer Mutter geschenkt, die sie wiederum Marilla vermacht hatte. Sie wusste zwar zu wenig über diese Dinge, um zu erkennen, wie wertvoll das Schmuckstück tatsächlich war, aber sie fand die Steine sehr schön und war sich ihres violetten Schimmers immer bewusst, auch wenn sie die Brosche selbst gar nicht sehen konnte, wenn sie sie am Hals trug.
    Anne war in Bewunderung ausgebrochen, als sie die Brosche zum ersten Mal gesehen hatte.
    »Oh, Marilla, sie ist wunderschön - und so elegant! Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie du überhaupt noch auf die Predigt oder die Gebete achten kannst, wenn du sie trägst. Ich könnte das nicht, das weiß ich genau .Die Amethyste sehen so herrlich aus — so, wie ich mir früher Diamanten vorgestellt habe. Ich habe mal vor langer Zeit eine Geschichte gelesen, in der Diamanten vorkamen, und habe sie mir vorgestellt wie schimmernde dunkelrote Steine. Als ich dann eines Tages einen richtigen Diamanten am Finger einer erwachsenen Frau gewesen habe, war ich so enttäuscht, dass ich weinen musste. Natürlich war er hübsch, aber er war eben nicht so wie meine Vorstellung von einem Diamanten. - Darf ich die Brosche einen Moment lang halten, Marilla? Meinst du nicht, dass Amethyste die unsterblichen Seelen von kleinen Veilchen sein könnten?«
    Marilla hatte dieses Gespräch noch gut im Gedächtnis, als sie am Montagabend vor dem Picknick mit besorgtem Gesicht aus ihrem Zimmer trat.
    »Anne«, sage sie zu der Kleinen, die singend am Küchentisch saß und Erbsen enthülste, »hast du meine Amethystbrosche gesehen? Ich dachte, ich hätte sie in mein Nadelkissen gesteckt, als wir gestern Abend von der Kirche nach Hause kamen, aber ich kann sie nirgends mehr finden.«
    »Ich ... ich habe sie heute Nachmittag noch gesehen, als du bei der Versammlung vom Frauenhilfswerk warst«, gab Anne zögernd zur Antwort. »Ich bin an deiner Tür vorbeigekommen und sah sie auf dem Nadelkissen. Da bin ich hineingegangen, um sie mir anzuschauen.«
    »Hast du sie angefasst?«, fragte Marilla streng.
    »J-j-ja«, gab Anne zu, »ich habe sie hochgenommen und sie an meine Brust geheftet, um zu sehen, wie sie mir steht.«
    »Dazu hattest du kein Recht. Es ist sehr ungezogen, in den Sachen anderer Leute herumzuwühlen! Wo hast du sie hingetan?«
    »Ich habe sie auf die Kommode zurückgelegt. Ich hatte sie noch nicht einmal eine Minute lang an. Wirklich, Marilla, ich wollte nicht in deinen Sachen herumwühlen. Aber ich sehe jetzt ein, dass es nicht richtig von mir war, und ich werde es nie wieder tun. Einen Vorzug habe ich nämlich: Ich mache nie denselben Fehler zweimal.«
    »Die Brosche ist aber nicht mehr auf der Kommode«, sagte Marilla. »Du musst sie mitgenommen haben, Anne.«
    »Ich habe sie aber zurückgelegt«, entgegnete Anne schnell - zu schnell, wie Marilla fand. »Ich weiß bloß nicht mehr, ob ich sie wieder auf das Nadelkissen gesteckt oder in die Porzellanschale gelegt habe. Aber ich bin mir vollkommen sicher, dass ich sie zurückgetan habe.«
    »Ich werde noch einmal suchen.« Marilla wollte nicht ungerecht sein. »Wenn du die Brosche zurückgelegt hast, muss sie ja noch da sein. Wenn sie nicht da ist, dann hast du sie mitgenommen.«
    Marilla ging in ihr Zimmer und suchte noch einmal alles durch, nicht nur auf der Kommode, sondern auch an anderen Stellen, an denen die Brosche vielleicht hätte sein können. Doch sie war nirgends zu finden und so kehrte sie schließlich verärgert in

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