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Anne auf Green Gables

Anne auf Green Gables

Titel: Anne auf Green Gables Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Maud Montgomery
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gehen, kann ich gleich meinen neuen Mantel anziehen, den Matthew mir schenken will. Er wird vom Schneider drüben in Carmody gemacht und soll am Sonntag fertig sein. Matthew hat mir auch schon eine wunderschöne Mütze dazu gekauft. Oh, hoffentlich kann ich mitfahren!«
    Manila war - ausnahmsweise - damit einverstanden, dass Anne mit Diana in die Stadt fuhr. Es wurde ausgemacht, dass Mr Barry die beiden Mädchen am folgenden Dienstag hinbringen sollte. Da Charlottetown dreißig Meilen entfernt war und Mr Barry am gleichen Tag wieder zurückkommen wollte, mussten sie schon sehr früh am Morgen aufbrechen. Doch Anne war am Dienstagmorgen sowieso schon vor Sonnenaufgang auf den Beinen. Ein kurzer Blick aus ihrem Fenster im Ostgiebel zeigte ihr, dass es ein schöner Tag werden würde. Der Himmel hinter den hohen Tannen war wolkenlos. Durch die Zweige sah sie ein Licht im Westgiebel von Orchard Slope schimmern: Diana war ebenfalls schon aufgestanden.
    Während Matthew das Feuer schürte, zog sie sich an. Als Marilla herunterkam, hatte Anne schon den Frühstückstisch gedeckt. Allerdings war sie so aufgeregt, dass sie kaum einen Bissen herunterbekam. Nach dem Frühstück nahm sie ihren neuen Mantel und die neue Mütze und lief nach Orchard Slope hinüber, wo Mr Barry und Diana bereits auf sie warteten. Kurze Zeit später waren sie schon auf der Landstraße.
    Es war eine lange Fahrt, doch Anne und Diana genossen jede Minute. Wie schön es doch war, über die taufeuchte Straße zu rattern und dem ersten roten Sonnenlicht zuzublinzeln, das über die goldenen Stoppelfelder kroch! Die Luft war frisch und kühl, kleine graublaue Nebelschwaden lagen über den Tälern. Die Straße führte zuerst durch einen lang gestreckten, bunten Ahornwald. Dann folgte sie eine Zeit lang der Küste, vorbei an kleinen Häfen und verwitterten Fischerhütten. Es gab immer etwas zu sehen und die Zeit verging wie im Fluge. Es war schon fast Mittag, als sie die Stadt erreicht und den Weg nach >Beechwood< gefunden hatten. >Beechwood< war ein sehr schönes, altes Herrenhaus, das weit zurück von der Straße in einem Park mit großen Ulmen und Buchen stand. Miss Barry erwartete sie schon an der Haustür. »Da seid ihr ja endlich! Und du kommst mich auch einmal besuchen, kleine Anne? Aber, Kind, du bist ja schon richtig groß geworden -größer als ich! Und wie hübsch du aussiehst! Aber ich wette, das weißt du auch, ohne dass ich es dir lange erkläre.«
    »Nein, das wusste ich noch nicht«, antwortete Anne strahlend. »Ich weiß, dass ich nicht mehr so viel Sommersprossen habe. Dafür bin ich sehr dankbar. Aber ich hatte nicht zu hoffen gewagt, dass sich mein Aussehen auch sonst gebessert hätte. Ich bin ja so froh, dass Sie das sagen, Miss Barry.«
    Miss Barrys Haus war »prunkvoll eingerichtet«, wie Anne später Manila berichtete. Die beiden kleinen Mädchen vom Lande waren etwas verschüchtert von all der Pracht, als Miss Barry sie im Salon allein ließ, um nach dem Abendessen zu schauen.
    »Ein wahrer Palast, findest du nicht?«, flüsterte Diana. »Ich war noch nie hier. Ich hatte keine Ahnung, dass sie so reich ist. Ich wünschte, Julia Bell könnte das sehen - wo sie doch immer so mit dem prächtigen Salon ihrer Mutter herumprahlt.«
    »Samtteppiche!«, seufzte Anne ehrfürchtig. »Und Seidengardinen! Von solchen Dingen habe ich geträumt, Diana. Aber weißt du, ich glaube, ich würde mich hier doch nicht so richtig wohl fühlen. Das Zimmer ist so vollgestopft mit herrlichen Dingen, dass für die Phantasie gar nichts mehr übrig bleibt. Das ist nämlich der einzige Trost, wenn man arm ist: Man kann viel mehr träumen.«
    Anne und Diana schwärmten noch Jahre später von ihrem Besuch in der Stadt. Von Anfang bis Ende war es ein gelungener Ausflug.
    Am Mittwoch verbrachten sie den ganzen Tag mit Miss Barry auf dem Jahrmarkt.
    »Es war wunderbar«, erzählte Anne später Marilla. »Ich habe gar nicht geahnt, dass es so etwas Interessantes geben kann. Die Pferde, die Pflanzen und die Handarbeiten haben mir am besten gefallen. Mrs Lynde haben wir auch getroffen, sie hat einen Preis für hausgemachte Butter und ihren Käse gewonnen. Als ich sie als einziges vertrautes Gesicht unter all diesen fremden Leuten entdeckt habe, habe ich erst gemerkt, wie gern ich sie mag. Ich habe noch nie so viele Leute auf einem Fleck gesehen, Marilla. Unter ihnen habe ich mich schrecklich unbedeutend gefühlt. - Miss Barry ist mit uns auch zu der großen Tribüne

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