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Anne Elliot oder die Kraft der Ueberredung

Anne Elliot oder die Kraft der Ueberredung

Titel: Anne Elliot oder die Kraft der Ueberredung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Austen
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macht!«
    Die Crofts übernahmen das Ruder mit seemännischem Aplomb und wollten besucht sein. Mary beklagte die Notwendigkeit zutiefst. Niemand wisse, wie hart es sie ankomme. Sie wolle es aufschieben, so lange es nur ging. Und doch gab sie keine Ruhe, bis sie Charles nicht dazu überredet hatte, siegleich an einem der ersten Tage hinzukutschieren, und kam in einem sehr angeregten, behaglichen Zustand imaginärer Aufgewühltheit zurück. Anne hatte innerlich frohlockt, daß für sie kein Platz zum Mitfahren war. Sie wollte die Crofts jedoch gern kennenlernen und war froh, zugegen zu sein, als der Besuch erwidert wurde. Sie kamen; der Hausherr war nicht da, aber die beiden Schwestern saßen beisammen, und da es sich so fügte, daß Mrs. Croft ihr zufiel, während der Admiral neben Mary zu sitzen kam und sich sogleich ihr Wohlwollen sicherte, indem er sich gutmütig mit ihren kleinen Buben abgab, konnte Anne in Ruhe nach Ähnlichkeiten forschen und sie, wenn schon nicht in den Zügen, in der Stimme zu entdecken meinen oder in der Denkart und Ausdrucksweise.
    Mrs. Croft war zwar weder groß noch füllig, aber von einer Untersetztheit und Geradheit, einer Robustheit der Statur, die ihrer Erscheinung etwas Gewichtiges gab. Sie hatte lebhafte dunkle Augen, schöne Zähne und ein durchaus ansprechendes Gesicht, auch wenn ihr geröteter, wettergegerbter Teint, die Folge einer fast so langen Zeit auf See, wie ihr Mann sie hinter sich hatte, es wirken ließ, als hätte sie merklich länger auf dieser Welt gelebt als ihre achtunddreißig Jahre. Ihr Auftreten, frei, ungezwungen und resolut, war das eines Menschen, der weder an sich noch an seinem Tun zweifelt; aber es lag keine Spur Derbheit darin, und auch an Herzlichkeit fehlte es ihr nicht. Im Gegenteil, sie bewies Anne gegenüber einen Takt in allem, was Kellynch betraf, der diese sehr für sie einnahm, um so mehr, als sie sich gleich in der ersten halben Minute, ja eigentlich der ersten Sekunde ihres Bekanntwerdens davon überzeugt hatte, daß nichts, aber auch gar nichts in Mrs. Crofts Verhalten auf irgendein Wissen, irgendeinen Verdacht hindeutete, der sich auf ihr Miteinander ausgewirkt hätte. Sie war ganz entspannt in dieser Hinsicht und fühlte sich entsprechend getrost und beherzt, bis eine unvermittelte Bemerkung von Mrs. Croft ihr durch und durch ging:
    »Offenbar waren es ja Sie und nicht Ihre Schwester, die mein Bruder kennenlernen durfte, als er damals hier war.«
    Anne konnte nur hoffen, daß sie aus dem Alter des Errötens heraus war; aus dem der Gefühlswallungen war sie es eindeutig nicht.
    »Vielleicht wissen Sie noch gar nicht, daß er geheiratet hat«, fuhr Mrs. Croft fort.
    Sie vermochte nicht gleich gebührend zu antworten und war, als Mrs. Crofts nächste Worte klarstellten, daß sie von Mr. Wentworth sprach, heilfroh, nichts gesagt zu haben, was nicht auf beide Brüder gepaßt hätte. Sie sah auch sofort ein, wie naheliegend es war, daß Mrs. Croft von Edward anfing und nicht von Frederick; und beschämt, daß sie an ihn nicht eher gedacht hatte, erkundigte sie sich mit angelegentlichem Interesse nach dem Ergehen ihres ehemaligen Nachbarn.
    Der Rest verlief ohne Aufregungen, bis sie den Admiral, schon im Aufbrechen, zu Mary sagen hörte:
    »Wir erwarten bald einen Bruder von Mrs. Croft bei uns; vom Namen her kennen Sie ihn sicher –«
    Er wurde unterbrochen durch die stürmischen Attacken der Buben, die sich an ihn hängten wie an einen alten Freund und ihm das Fortgehen verbieten wollten; woraufhin er vor lauter Androhungen, sie in seiner Manteltasche davonzutragen und dergleichen mehr, nicht mehr dazu kam, den Faden wieder aufzunehmen, und ihr nichts übrigblieb, als sich mehr schlecht als recht einzureden, daß immer noch vom selben Bruder die Rede sein müsse. Sie konnte allerdings keinen hinreichenden Grad der Sicherheit erlangen, um sich nicht unruhig zu fragen, ob wohl im anderen Haus, wo die Crofts zuvor Visite gemacht hatten, mehr in der Sache verlautet war.
    Die Familie aus dem Gutshaus wurde für den Abend bei ihnen erwartet, und da es nun schon zu spät im Jahr war, als daß solche Besuche zu Fuß vonstatten gehen konnten, begann man allmählich nach der Kutsche zu lauschen, als die jüngste Miss Musgrove hereinkam. Daß sie mit einer Entschuldigungkam und daß man den Abend allein würde zubringen müssen, war der erste rabenschwarze Gedanke, und Mary war schon drauf und dran, beleidigt zu sein, als Louisa es alles wiedergutmachte,

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