Anne Elliot oder die Kraft der Ueberredung
versprochen, dem jungen Pfarrer. Finden Sie es da nicht auch schlauer, Miss Elliot, wir holen ihn nach Bath?«
KAPITEL VII
Während Admiral Croft noch mit Anne diesen Gang tat und überlegte, wie wohl Captain Wentworth nach Bath zu locken sei, war Captain Wentworth bereits auf dem Weg dorthin. Ehe Mrs. Croft ihm noch schreiben konnte, traf er schon ein; und als Anne das nächste Mal ausging, sah sie ihn.
Mr. Elliot gab seinen beiden Kusinen und Mrs. Clay das Geleit. Sie waren in der Milsom Street. Es fing an zu regnen, nicht stark, aber immerhin so, daß man es als Dame für angezeigt halten konnte, sich unterzustellen, und allemal stark genug, daß Miss Elliot es für angezeigt hielt, sich in Lady Dalrymples Kutsche heimfahren zu lassen, die man in einiger Entfernung warten sah; sie, Anne und Mrs. Clay kehrten darum in Mollands Konditorei ein, während Mr. Elliot zu Lady Dalrymple ging, um ihren Beistand zu erbitten. Er kam bald zu ihnen zurück, erfolgreich selbstredend: Lady Dalrymple würde ihnen mit dem größten Vergnügen aushelfen und sie in ein paar Minuten abholen.
Der Wagen ihrer Ladyschaft war eine Kalesche, die nur vier Personen bequem Platz bot. Ihre Ladyschaft hatte ihre Tochter dabei; daß alle drei Damen vom Camden Place Aufnahme fanden, war somit vernünftigerweise nicht zu erwarten. Miss Elliots Anspruch stand außer Frage. Wer immer inkommodiert wurde, sie würde es nicht sein; aber es dauerte ein Weilchen, bis der edle Wettstreit zwischen den beiden anderen geschlichtet war. Der Regen war kaum zu spüren, und Anne beteuerte in voller Aufrichtigkeit, sie wolle gern mit Mr. Elliot zu Fuß gehen; aber auch Mrs. Clay spürte denRegen kaum; fast leugnete sie, daß überhaupt ein Tropfen fiel, und ihre Stiefel waren dick! viel dicker als die von Miss Anne; ja, vor lauter Gefälligkeit drang sie beinahe heftiger darauf, mit Mr. Elliot laufen zu müssen, als Anne dies konnte, und die Sache wurde zwischen den zweien mit einer Selbstlosigkeit ausgefochten, die so höflich war und so eisern, daß die anderen sich zum Eingreifen gezwungen sahen: Miss Elliot, indem sie darauf hinwies, daß bei Mrs. Clay eine Erkältung im Anzug sei, und Mr. Elliot, indem er, als Schiedsrichter angerufen, die Stiefel seiner Kusine Anne für ein klein wenig dicker befand.
So war es also entschieden, daß Mrs. Clay in der Kutsche mitfahren durfte; und sie waren gerade so weit gediehen, als Anne, die am Fenster saß, auf der Straße ganz deutlich und unverkennbar Captain Wentworth vorbeigehen sah.
Ihr Zusammenzucken war nur für sie selbst wahrnehmbar; aber sie kam sich augenblicklich wie das dümmste Geschöpf unter der Sonne vor, so grotesk und albern wie kein Mensch auf der Welt. Ein paar Minuten lang konnte sie nichts sehen. Ein wildes Durcheinander herrschte in ihr. Sie wußte nicht aus noch ein; und als sie ihre Sinne endlich zur Ordnung gezwungen hatte, warteten die anderen noch immer auf die Kutsche, und Mr. Elliot (zuvorkommend wie stets) brach gerade in die Union Street auf, um Mrs. Clay einen Gang abzunehmen.
Es drängte sie plötzlich sehr, vor die äußere Tür zu treten; sie wollte nachsehen, ob es noch regnete. Weshalb sich eines anderen Beweggrunds verdächtigen? Captain Wentworth mußte längst außer Sicht sein. Sie stand von ihrem Stuhl auf, sie ging auf die Tür zu, ihre eine Hälfte sollte nicht ständig klüger sein wollen als die andere, der anderen nicht ständig größere Torheit unterstellen als nötig. Sie würde schauen, ob es noch regnete. Doch ihr Vorstoß endete jäh, denn herein kam kein anderer als Captain Wentworth selbst, und mit ihm eine Gruppe von Herren und Damen, Bekannte von ihm offenbar, die er ein Stück vor der Milsom Street getroffenhaben mußte. Er war so sichtbar bestürzt und verwirrt, sie zu sehen, wie sie es noch nie bei ihm erlebt hatte; er wurde ganz rot. Zum ersten Mal, seit sie wieder miteinander verkehrten, schien ihr, daß sie die Gefaßtere war. Sie hatte ihm entscheidende Sekunden voraus, sie war gewappnet. Die erste Überrumplung mit all ihrer überwältigenden, verstörenden Grelle lag hinter ihr. Doch auch so stürmte noch genug auf sie ein. Erschütterung, Schmerz, Freude, ein Mittelding zwischen Jubel und Verzweiflung.
Er grüßte sie und wandte sich dann ab. Alles an seinem Benehmen verriet Verlegenheit. Sie hätte es weder kühl nennen können noch freundlich, verlegen war das einzige, was traf.
Nach kurzer Zeit jedoch trat er wieder zu ihr und fing zu reden
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