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Anne Elliot oder die Kraft der Ueberredung

Anne Elliot oder die Kraft der Ueberredung

Titel: Anne Elliot oder die Kraft der Ueberredung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Austen
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James Benwick. – Sie kennen James Benwick?«
    »Ein wenig, ja. Ich bin ein wenig mit Captain Benwick bekannt.«
    »Na, den heiratet sie. Das heißt, wahrscheinlich haben sie schon geheiratet, denn worauf sollten sie groß warten?«
    »Ich fand Captain Benwick einen sehr liebenswürdigen jungen Mann«, sagte Anne, »und nach dem, was ich höre, genießt er einen hervorragenden Ruf.«
    »Unbedingt, ja, es ist nichts einzuwenden gegen James Benwick. Er ist nur Kommandeur, das ist wahr, letzten Sommer frisch ernannt, und dies sind keine guten Zeiten fürs Vorwärtskommen, aber sonst wüßte ich von keinem Makel an ihm. Ein so prächtiger, gutherziger Kerl, wie man sich ihn nur wünschen kann, und ein mutiger, tatkräftiger Offizier noch dazu, was Sie ihm vielleicht gar nicht zutrauen würden – diese sanfte Art, die er hat, wird ihm da nicht ganz gerecht.«
    »O nein, Sir, da täuschen Sie sich, Mangel an Mut hätte ich Captain Benwick nie unterstellt. Ich fand seine Art ganz besonders angenehm, und ich würde mich fast dafür verbürgen, daß es allen so geht.«
    »Gut, gut, Damen können derlei sicher am besten beurteilen, aber ich finde James Benwick ein bißchen arg gedämpft; und auch wenn Sophy und ich da sicher parteilich sind, so sagt uns Fredericks Art doch noch eine Spur mehr zu. Irgendwie ist Frederick einfach mehr nach unserem Herzen.«
    Anne sah sich in Bedrängnis. Sie hatte nur dem wohlfeilen Vorurteil entgegentreten wollen, daß Mut und Sanftheit einander ausschließen, nicht Captain Benwicks Art als das Nonplusultra hinstellen, und nach kurzem Zögern hob sie an: »Mir ging es weniger um einen Vergleich zwischen den beiden Freunden …«, aber der Admiral unterbrach sie:
    »Und es ist auf jeden Fall wahr. Es ist nicht bloß Klatsch und Tratsch. Wir wissen es von Frederick selbst. Seine Schwester hat gestern einen Brief von ihm bekommen, in dem er uns davon berichtet, und er hatte es ganz frisch vonHarville gehört, direkt aus Uppercross. Es scheint, daß sie alle in Uppercross sind.«
    Diese Gelegenheit konnte Anne nicht verstreichen lassen; sie sagte darum: »Ich hoffe, Admiral, ich hoffe, an dem Ton von Captain Wentworths Brief war nichts, das Sie und Mrs. Croft beunruhigen müßte. Man konnte letzten Herbst ja in der Tat auf die Idee kommen, zwischen ihm und Louisa Musgrove bestünde eine Zuneigung; aber ich hoffe, für Sie klingt es, als wäre sie auf beiden Seiten gleichermaßen abgeflaut, ohne gewaltsamen Bruch. Ich hoffe, er schreibt nicht so, als fühlte er sich hintergangen.«
    »Nicht die Spur, nicht die Spur; von der ersten bis zur letzten Zeile nicht ein Fluch, nicht ein Murren.«
    Anne senkte den Blick, um ihr Lächeln zu verbergen.
    »Nein, nein; Frederick ist keiner, der jammert und klagt, für so was hat er viel zuviel Haltung. Wenn das Mädel einen anderen Mann lieber mag, dann ist es nur recht und billig, daß sie ihn bekommt.«
    »Sicher. Aber ich meinte mehr, daß ich hoffe, nichts in Captain Wentworths Ton deutet darauf hin, daß er sich von seinem Freund hintergangen fühlt – was ja auch zwischen den Zeilen stehen könnte, ohne daß es ausgesprochen wird. Es täte mir sehr leid, wenn eine Freundschaft, wie sie ihn und Captain Benwick verbindet, durch eine solche Wendung zerbricht oder auch nur einen Riß erhält.«
    »Ja, ja, ich versteh Sie schon. Aber von all solchem Zeug ist der Brief völlig frei. Er führt nicht den winzigsten Seitenhieb gegen Benwick, er sagt nicht einmal etwas wie: ›Es nimmt mich wunder, und ich habe meine Gründe dafür.‹ Nein, so wie er schreibt, käme man nie darauf, daß er auf diese Miss (wie heißt sie gleich wieder?) jemals ein Auge geworfen haben könnte. Er hofft sehr passend, daß sie miteinander glücklich werden, und daraus spricht nichts Nachtragendes, denke ich.«
    Anne empfing nicht die vollständige Gewißheit, die derAdmiral ihr zu geben vermeinte, aber jedes weitere Nachhaken wäre zwecklos gewesen. Darum begnügte sie sich mit neutralen Kommentaren oder stummer Aufmerksamkeit, und der Admiral konnte frei von der Leber weg reden.
    »Der arme Frederick!« sagte er schließlich. »Jetzt kann er den ganzen Zirkus wieder von vorn anfangen. Ich glaube, wir müssen ihn nach Bath holen. Sophy soll ihm schreiben und ihn bitten, hierherzukommen. Hier gibt es genug hübsche Mädchen, möchte ich meinen. Und wieder nach Uppercross zu fahren wäre ja erst recht sinnlos für ihn, denn diese andere Miss Musgrove ist ja offenbar ihrem Vetter

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