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Anne Elliot oder die Kraft der Ueberredung

Anne Elliot oder die Kraft der Ueberredung

Titel: Anne Elliot oder die Kraft der Ueberredung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Austen
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Nächste Woche? Spätestens nächste Woche muß es doch soweit sein, daß ich alles für abgemacht nehmen und meine eigenen selbstsüchtigen Pläne um das Glück von Mr. Elliot ranken kann?«
    »Nein«, versetzte Anne, »weder nächste Woche noch übernächste noch überübernächste. Ich versichere Ihnen, ganz gleich in welcher Woche, das, woran Sie denken, wird niemals abgemacht sein. Ich habe keinerlei Absicht, Mr. Elliot zu heiraten. Ich weiß gar nicht, wie Sie auf so eine Idee kommen.«
    Mrs. Smith maß sie wieder mit einem Blick, einem durchdringenden Blick, lächelte, schüttelte den Kopf und rief:
    »Also, jetzt wünschte ich wirklich, ich könnte Sie verstehen! Ich wünschte, ich wüßte, was in Ihnen vorgeht! Mein Gefühl sagt mir, daß Sie nicht vorhaben, grausam zu sein, wenn der Augenblick kommt. Denn ehe er kommt, sind wir Frauen ja alle fest entschlossen, niemals zu heiraten. Für uns steht selbstverständlich fest, daß jeder Mann einen Korb bekommt – bis er dann um uns anhält. Aber was für einen Grund hätten Sie auch, grausam zu sein? Lassen Sie mich ein gutes Wort einlegen für meinen – meinen gegenwärtigen Freund kann ich ihn nicht nennen – aber für meinen einstigen Freund. Welch passendere Verbindung könnten Sie eingehen? Welcher Mann könnte liebenswürdiger sein, ein perfekterer Gentleman? Ich bin sicher, Colonel Wallis weißnichts als Gutes über ihn zu berichten; und wer sollte ihn besser kennen als Colonel Wallis?«
    »Meine liebe Mrs. Smith, Mr. Elliots Frau ist kaum mehr als ein halbes Jahr tot. Ich wüßte nicht, warum er um irgend jemanden werben sollte.«
    »Ach, wenn das Ihre einzigen Einwände sind«, rief Mrs. Smith schelmisch, »dann hat Mr. Elliot nichts zu befürchten, und ich muß mir seinethalben keine Mühe mehr machen. Vergessen Sie mich nicht ganz, wenn Sie verheiratet sind, nur darum bitte ich Sie. Lassen Sie ihn wissen, daß ich eine Freundin von Ihnen bin, dann wird ihm der Aufwand gering erscheinen, der ihm jetzt, bei so vielen Geschäften und Verpflichtungen, denen er nachkommen muß, natürlich unlieb und lästig ist – wie könnte es anders sein? Neunundneunzig von hundert würden genauso handeln. Und er kann ja nicht wissen, wieviel für mich davon abhängt … Nun, meine liebe Miss Elliot, ich hoffe und vertraue darauf, daß Sie sehr glücklich miteinander werden. Mr. Elliot ist klug genug, um zu ermessen, was er an einer Frau wie Ihnen hat. Ihrem Seelenfrieden droht kein Schiffbruch, wie ihn der meine erleiden mußte. Bei ihm haben Sie Sicherheit in allen materiellen Dingen, und Sicherheit auch in seinem Charakter. Er wird nicht vom rechten Weg abkommen, er wird sich nicht von anderen ins Verderben locken lassen.«
    »Nein«, sagte Anne, »all das will ich von meinem Vetter gern glauben. Er scheint mir von ruhigem, überlegtem Wesen zu sein, in keiner Weise empfänglich für gefährliche Einflüsse. Ich habe die größte Achtung vor ihm. Ich habe an ihm nichts beobachten können, das mir Anlaß gäbe, anders von ihm zu denken. Aber ich kenne ihn noch nicht lange, und ich halte ihn nicht für einen Mann, den man ohne weiteres durchschaut. Ist nicht diese Art, über ihn zu sprechen, hinreichend Beweis, daß er mir nichts bedeutet? Ist nicht dieser Ton ruhig genug? Denn ich schwöre Ihnen, Mrs. Smith, er bedeutet mir nichts. Sollte er mir je einen Antrag machen(und ich wüßte nicht, warum er das vorhaben sollte), dann werde ich ihn nicht annehmen. Das kann ich Ihnen versichern. Und wenn das Konzert gestern abend schön für mich war, dann nicht, wie Sie unterstellen, wegen Mr. Elliot – keineswegs; es ist nicht Mr. Elliot, der –«
    Errötend brach sie ab, bestürzt, so viel preisgegeben zu haben; doch weniger wäre kaum ausreichend gewesen. Mrs. Smith würde sich schwerlich so bald von Mr. Elliots Bedeutungslosigkeit überzeugen lassen, wenn sie nicht ahnte, daß ein anderer im Spiel war. So aber steckte sie augenblicklich zurück, und ganz so, als dächte sie sich nichts dabei; und Anne, froh, von ihrer Person ablenken zu können, drang darauf zu erfahren, warum Mrs. Smith geglaubt hatte, sie wolle Mr. Elliot heiraten: wie sie darauf gekommen sei; von wem sie es gehört habe.
    »Sagen Sie doch, was hat Sie auf die Idee gebracht?«
    »Auf die Idee gebracht«, erwiderte Mrs. Smith, »hat mich bereits die Tatsache, daß Sie soviel beisammen waren, und die Gewißheit, daß es für alle, die mit Ihnen beiden zu tun haben, das Wünschenswerteste auf der

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