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Anne Frasier

Anne Frasier

Titel: Anne Frasier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marinchen
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unverändert.
    Vielleicht auch nicht.
    Ivy schüttelte den Kopf, sagte »Alles in Ordnung«, obwohl sie fürchtete, dass nicht alles in Ordnung wäre. Sie zwang sich, zuzuschauen, wie Luftröhre, Speiseröhre und schließlich die Zunge entnommen wurden. Die Zunge gab ihr den Rest.
    Ivy wirbelte herum und rannte, sie riss sich den Schutzschild vom Gesicht und warf ihn auf einen Rollwagen. In den erstbesten Mülleimer flogen Schürze und Handschuhe. Dann lief sie durch eine Tür, über der in roten Buchstaben das Wort EXIT leuchtete. Draußen rang sie nach Luft, aber statt Frische zu riechen, nahm sie nur den süßlich-verdorbenen Geruch des Todes und des Formaldehyds wahr. Fr füllte ihre Nebenhöhlen, ihre Lunge, ihren Hals. Magensaft stieg auf, verbrannte ihre Speiseröhre, der Schwindel konzentrierte sich hinter ihren Augäpfeln.
    Sie konnte das Sonnenlicht auf ihrem kalten, klammen Gesicht spüren. Sie tat ein paar Schritte in die Richtung von Max Irvings verblasstem blauem Wagen mit der Delle in der Tür, den er im Schatten eines mickrigen Bäumchens geparkt
    hatte, in dem Vögel zwitscherten, ihr Ermunterungen zuriefen. Sie ging in Richtung des Schattens und der fröhlich piepsenden Vögel und fragte sich benommen, warum sie beschlossen hatten, in Chicago zu landen, wenn sie doch auch überall sonst hinfliegen konnten. Wenn sie einer von ihnen wäre, würde sie nach St. Sebastian fliegen, wo die Sonne nicht so harsch herunterbrannte. An einen Ort, der nicht nach Tod roch.
    Sie brauchte Schatten. Nicht den Schatten eines Zementgebäudes, eines Leichenschauhauses, sondern kühlen Baumschatten. Bevor sie ihn erreichte, holte der Schwindel sie ein, der kalte Schweiß ließ sie auf die Knie sinken, kleine Kiesel drückten durch ihre Khakihose.
    »Nehmen Sie den Kopf runter.«
    Im Geiste wehrte sie sich gegen ihn, denn sie wollte nicht als Häufchen Elend mitten auf dem Parkplatz zusammensinken. Aber körperlich verfügte sie über nicht mehr Kraft als eine Puppe, während seine Hand auf ihren Hinterkopf drückte und ihre Stirn auf ihren Oberschenkel zwang.
    Selbst kurz vor der Ohnmacht begriff sie, dass ein anderer Mann, ein Mann der ihr zumindest körperlich seinen Willen aufgezwungen hatte, sich jetzt auf die Jagd nach anderen unschuldigen Frauen machte.
    Sie verfluchte ihre eigene Schwäche.
    Sie hatte seit Jahren nicht gebetet, aber jetzt brachte sie so etwas wie ein Gebet zusammen, während die Dunkelheit hinter ihren Augen tanzte und die heiße, gnadenlose Oberfläche des Parkplatzes in ihre Knie stach, und ein Mann, dem sie sich nicht besonders nahe fühlte, sie zu Boden drückte.
    Ihre frühen Kindergebete hatte sie auf Wunsch ihrer Mutter himmelwärts geschickt, und Ivy hatte schon deshalb mitgemacht, weil sie nicht in die Hölle fahren wollte. Sie hatte aufgehört zu beten, als sie festgestellt hatte, dass sie schon dort angekommen war.
    Gib mir Kraft, bettelte sie, nicht bei Gott, sondern bei sich
    selbst. Sie war der einzige Mensch, der sie hier durchbringen konnte, der einzige Mensch, dem sie trauen konnte. Was ein beängstigender Gedanke war; sie hatte so viele Schwächen, so viele Zweifel. Feigling, schimpfte sie.
    Sie streckte ihren Hals, sie kämpfte gegen die Hand, die ihr nicht nur helfen wollte, sondern sie herunterdrückte, sie daran hinderte, das zu tun, was zu tun sie gekommen war.
    Sie stieß ihn weg und richtete sich auf, sie taumelte in den Schatten des Baumes, prallte mit der Hüfte gegen einen Kotflügel des Wagens.
    Irving folgte ihr, ließ sich zu Boden sinken, lehnte seinen Rücken gegen den schmalen Baumstamm. Er ließ die Arme über seine gebeugten Knie hängen und sagte: »Ich habe mir bei meiner ersten Obduktion die Seele aus dem Leib gekotzt.«
    Sie schaute zu ihm auf, überrascht von dem Geständnis. Zuvor hatte er sein Jackett und seine Krawatte abgelegt und die Ärmel seines weißen Anzughemdes bis knapp unter die Ellenbogen aufgekrempelt.
    Ivy rieb sich das Gesicht und versuchte, den metallenen Geschmack im Mund herunterzuschlucken. Sie wünschte, sie hätte ein Glas Wasser. »Ich habe schon gekotzt, als ich einen Regenwurm aufschneiden musste«, berichtete sie ihm, wo sie schon bei Geständnissen waren. Er lachte und nahm einen Kiesel hoch, warf ihn weg. »Das ist allerdings peinlich.« »Ich weiß."
    Sie bereute ihr Geständnis schon, diesen kleinen Einblick, den sie ihm in ihre Vergangenheit gewährt hatte, ein anderes Leben. Sie durfte nicht über sich selbst sprechen,

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