Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Anne Gracie

Anne Gracie

Titel: Anne Gracie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zarte Küsse der Sehnsucht
Vom Netzwerk:
et­was geht es nicht.“ Ethan sah sich im Zim­mer um. „Ge­he ich recht in
der An­nah­me, dass Sie ein ge­lehr­ter Mann sind, Va­ter?“
    „Nen­nen Sie
mich Vi­kar, oder ein­fach Mr Pi­ge­on. Ja, ich war frü­her ein­mal so et­was wie ein
Ge­lehr­ter, aber das ist vie­le Jah­re her.“
    Ethan hol­te
tief Luft. „Nun, ich bin es nicht, Vi­kar – ge­lehrt, mei­ne ich. Ganz und gar
nicht. Ich bin nie zur Schu­le ge­gan­gen und ha­be nie Le­sen und Schrei­ben
ge­lernt, bis ich im vo­ri­gen Jahr ei­ne Da­me ge­be­ten ha­be, es mir
bei­zu­brin­gen.“
    „Das ist
schön. Für so et­was ist es nie zu spät.“
    „Hof­fent­lich
nicht“, gab Ethan in­brüns­tig zu­rück. „Mein Pro­blem ist nur, sie ist in
ein an­de­res Land ge­zo­gen, und ob­wohl ich ganz gut Le­sen ge­lernt ha­be, ha­pert es
noch sehr mit dem Schrei­ben und weit mehr mit der Recht­schrei­bung.“
    Der al­te
Mann nick­te. „Ich ver­ste­he. Und was möch­ten Sie nun von mir?“
    Ethan fuhr
sich mit dem Fin­ger in den Kra­gen. „Ich fra­ge mich, ob Sie wohl sehr viel
da­ge­gen hät­ten, mir ab und zu bei mei­ner Recht­schrei­bung
zu hel­fen?“ Er sah ihm fest in die Au­gen. „Ich möch­te nicht, dass je­mand
an­de­res von mei­nem klei­nen Pro­blem er­fährt, ver­ste­hen Sie?“
    Der al­te
Mann schwieg.
    „Ich
be­zah­le auch da­für“, be­teu­er­te Ethan. „Ich bin ein ar­mer, ein­fa­cher Ire –
und da­für schä­me ich mich nicht –, aber ich hof­fe, es auf der Welt ein­mal zu
et­was zu brin­gen, und ich möch­te dann zwi­schen lau­ter ge­bil­de­ten Men­schen nicht
wie ein Dumm­kopf da­ste­hen.“
    „Nie­mand
muss sich da­für schä­men, dass ihm Bil­dung ver­wei­gert wur­de, Mr De­la­ney“,
er­wi­der­te der Vi­kar. „Ich bin si­cher, dass Sie weit da­von ent­fernt sind, ein
Dumm­kopf zu sein.“ Er lehn­te die Fin­ger­spit­zen sei­ner Hän­de ge­gen­ein­an­der
und be­trach­te­te sie ei­ne Wei­le nach­denk­lich. „Mir ist auf­ge­fal­len, dass Sie sich
mein Schach­spiel an­ge­se­hen ha­ben, als Sie ein­ge­tre­ten sind. Spie­len Sie
Schach?“
    Ethan
nick­te. „Ein we­nig.“
    „Wür­den Sie
ei­ne Par­tie mit mir spie­len, Mr De­la­ney?“
    Ethan kam
zu dem Schluss, dass der al­te Mann sei­ne Bit­te ab­leh­nen wür­de und des­we­gen jetzt
das The­ma wech­sel­te. „Gern, Sir“, er­wi­der­te er steif. Er hat­te sich wohl
ge­irrt, als er den Vi­kar für einen auf­ge­klär­ten Mann ge­hal­ten hat­te. Of­fen­bar
hielt er es im­mer noch mit je­ner so­zia­len Klas­se, die glaub­te, ein Mensch
soll­te nicht mehr Bil­dung er­hal­ten, als sein Rang das zuließ. Ethan war in
sei­nem Le­ben schon ei­ni­gen Ver­tre­tern die­ser Art be­geg­net, vor al­lem in der
Ar­mee.
    Er hol­te
das schwe­re Schach­brett, wäh­rend der Vi­kar einen klei­nen Tisch leer räum­te,
und stell­te es auf die Tisch­plat­te.
    „Sie fan­gen
an“, sag­te der Vi­kar und Ethan mach­te ach­sel­zu­ckend sei­nen ers­ten Zug. Er
war im­mer noch ver­är­gert über die sanf­te Zu­rück­wei­sung und be­schloss, es die­sem
al­ten Mann mit sei­nen wei­chen, wei­ßen Hän­den, die wahr­schein­lich noch nie im
Le­ben har­te kör­per­li­che Ar­beit ge­leis­tet hat­ten, mal so rich­tig zu zei­gen.
    Das war
al­ler­dings gar nicht so ein­fach. Der Vi­kar hat­te einen mes­ser­schar­fen Ver­stand
und ging trotz sei­ner ru­hi­gen Art beim Spiel buch­stäb­lich über Lei­chen, wo­mit
er Ethan mehr als nur ein­mal über­rasch­te. Lang­sam schwand des­sen Är­ger, und
das Spiel nahm ihn im­mer stär­ker ge­fan­gen. Zwei Stun­den spä­ter en­de­te die
Par­tie mit ei­nem Patt.
    Der Vi­kar
lehn­te sich zu­frie­den seuf­zend in sei­nem Ses­sel zu­rück. „Das
war die bes­te Par­tie, die ich seit Jah­ren ge­spielt ha­be, mein Jun­ge. Da­mit ist
die Sa­che mit dem Ho­no­rar ge­klärt.“ Ethan sah auf. „Mit wel­chem
Ho­no­rar?“
    „Für Ih­re
Un­ter­richts­stun­den. Sie sag­ten, Sie wä­ren be­reit, da­für zu be­zah­len.“
    „Ja, aber
ich dach­te ...“
    „Sie ha­ben
na­tür­lich recht. Nor­ma­ler­wei­se wür­de ich so et­was um­sonst tun. Es ist schon
lan­ge her, seit ich et­was so Nütz­li­ches ge­tan ha­be, und es ge­fällt mir, Schü­ler
zu ha­ben. Doch

Weitere Kostenlose Bücher