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Anne in Windy Willows

Titel: Anne in Windy Willows Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Maud Montgomery
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und ehrgeizig war.
    Doch sie genoss ihren Besuch bei Wilfreds Onkel und Tante nicht besonders. Die beiden waren ziemlich merkwürdig und ungehobelt, und während Wilfred seinem Onkel beim Dreschen half, begann Anne sich zu langweilen. Plötzlich erinnerte sie sich an eine alte, schäbige Seemannskiste, die sie oben im Haus gesehen hatte, und Mrs Stantons Bitte fiel ihr ein. Mrs Stanton war gerade dabei, die Geschichte von Prince County aufzuschreiben und hatte Anne vor einiger Zeit gebeten, ihr Bescheid zu geben, falls sie zufällig einmal irgendwelche alten Tagebücher oder Dokumente dazu fände.
    »Die Pringles haben natürlich Unmengen von solchen Dingen«, hatte sie zu Anne gesagt, »aber die kann ich nicht darum bitten. Die Pringles und die Stantons mochten sich noch nie, wissen Sie.« »Ich kann sie aber leider auch nicht fragen«, sagte Anne mit bitterem Lachen.
    »Das erwarte ich auch nicht«, wehrte Mrs Stanton ab. »Ich bitte Sie nur, die Augen offen zu halten, wenn Sie irgendwo zu Besuch sind und dort irgendwelche alten Tagebücher oder Landkarten finden oder auch nur davon hören. Sie glauben gar nicht, was für interessante Dinge ich in alten Tagebüchern schon gefunden habe - lauter kleine Bruchstücke, die die alten Pioniere wieder aufleben lassen. Auch Statistiken und Abstammungstafeln wären nützlich für mein Buch.« Anne fragte nun also Mrs Bryce, ob sie solche alten Aufzeichnungen besäßen. Mrs Bryce schüttelte den Kopf: »Nein, nicht dass ich wüsste. Das heißt - höchstens in der alten Kiste von Onkel Andy, da könnte was drin sein. Er war mit dem alten Captain Abraham Pringle auf See. Ich geh mal raus und frage Duncan, ob Sie drin rumkramen dürfen.« Sie ging eilig hinaus. Duncan ließ Anne ausrichten, sie dürfe »drin rumkramen« und auch mitnehmen, was sie brauchen könne. Er hätte sowieso vorgehabt, den ganzen Inhalt der Kiste zu verbrennen und sie als Werkzeugkiste zu verwenden. Anne durchstöberte also die ganze Kiste, fand aber nichts weiter als ein altes, vergilbtes Tagebuch, ein »Logbuch«, das Andy Bryce offenbar all die Jahre über auf See geführt hatte. Anne las es mit Spannung und Vergnügen. Andy kannte sich gut in Meereskunde aus und hatte außerdem Captain Abraham Pringle, den er offenbar sehr bewunderte, auf seinen zahlreichen Reisen begleitet. Das Tagebuch strotzte nur so von fehlerhaften Lobeshymnen auf des Captains Tapferkeit und Einfallsreichtum, welche er vor allem bei seinem Abenteuer am Kap Hoorn unter Beweis stellte. Die Begeisterung für Abrahams Bruder Myrom, der gleichzeitig Captain auf einem anderen Schiff gewesen war, schien sich dagegen in Grenzen zu halten. Anne las:
     
    Heute Abend auf Myrom Pringles Schiff. Seine Frau brachte ihn zur Weißglut, bis er auf sie losging und ihr ein Glas Wasser ins Gesicht schüttete.
    Myrom ist wieder zu Hause. Sein Schiff ging in Flammen auf und sie mussten in den Booten fliehen. Sind fast verhungert. Bis sie sich über Jonas Selkirk hermachten, der sich erschossen hatte. Sie aßen sein Fleisch so lange, bis die Mary G. sie auffischte. Myrom hat es mir selbst erzählt. Fand es wohl sehr witzig.
     
    Anne schauderte und klappte das Buch zu. Die wenig gefühlvolle Art der Schilderung ließ das Ganze noch gruseliger erscheinen. Mrs Stanton könnte mit diesen Eintragungen sicher nichts anfangen, überlegte Anne, aber möglicherweise wäre das Logbuch für Miss Sarah und Miss Ellen von Interesse, da es so vieles über ihren berühmten Vater enthielt? Vielleicht sollte sie es ihnen schicken. Schließlich hatte Duncan Bryce ja gesagt, sie könne damit machen, was sie wolle. Nein, lieber doch nicht, entschied sie dann. Warum sollte sie den Anschein erwecken, ihnen gefallen zu wollen oder ihrem lächerlichen Stolz zu schmeicheln? Sie und ihr ganzer Clan wollten sie schließlich von der Schule vertreiben! Anne schob ihre Gedanken daran beiseite und wandte sich wieder ihrem Gastgeber zu.
    Wilfred brachte Anne dann später am Abend nach Hause. Beide waren sehr fröhlich, denn Duncan Bryce hatte Anne schließlich versprochen, Wilfred sein letztes Jahr auf der High-School zu gewähren.
    »Danach gehe ich ein Jahr ans Queen’s und dann werde ich selbst Unterricht geben«, überlegte Wilfred laut. »Wie kann ich Ihnen jemals danken. Miss Shirley? Mein Onkel mag Sie, auf jemand anderen hätte er nie gehört. Draußen in der Scheune hat er zu mir gesagt: >Frauen mit roten Haaren haben mich immer schon schwach gemacht< Aber ich glaube

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