Annie und der sinnliche Italiener
Haarflut jetzt auch in Gedanken nennen konnte.
Wann immer sie in sein Blickfeld geraten war, hatte sie gelacht oder zumindest einen offenen, fröhlichen Eindruck gemacht, was er überraschend anziehend fand. Ihre Augen leuchteten in dem gleichen, ungewöhnlichen Blau wie der figurbetonte türkisblaue Skianzug, der ihre aufregenden Rundungen eher betonte als verbarg.
Inzwischen dachte er Tag und Nacht daran, wie ihre weibliche Figur wohl ohne die störende Hülle aussehen mochte.
Annie in sein Chalet einzuladen, war eine gute Idee. Vielleicht würde ihre animierende Gesellschaft ihn ein wenig von dem Chaos ablenken, das er in Rom zurückgelassen hatte.
„Ich kann hier auf Sie warten, falls Sie Ihre Freunde informieren möchten“, schlug er mit einem Blick auf die ausgelassene Truppe vor, die es sich an den Tischen vor dem gegenüberliegenden Café gemütlich gemacht hatte.
„Ich … ja, natürlich!“ Annies Röte vertiefte sich. „Wie fürsorglich von Ihnen …“
Angesichts dieser Fehleinschätzung hatte Luc keineswegs den Anstand zu erröten. Ihm ging es einzig darum, dass die anderen nicht irgendwann später auf der Suche nach der Kommilitonin ihre traute Zweisamkeit störten. Lässig strich er Annie mit einem Finger über die Wange und registrierte zufrieden, wie sich ihre wundervollen Augen als Reaktion auf die flüchtige Berührung verdunkelten.
Ein saftiger Pfirsich, der bereit ist, gepflückt zu werden, dachte er zynisch.
„Lass mich nicht zu lange warten, Bella …“
Erneut spürte Annie dieses erregende Kribbeln entlang der Wirbelsäule.
Grundgütiger! Dieser Mann war ebenso gefährlich wie anziehend!
Doch anstatt sich zu fürchten, war sie zum ersten Mal in ihrem Leben wild entschlossen, etwas zu wagen und die Gunst der Stunde zu nutzen.
Und zwar rücksichtslos! Zur Hölle mit den Konsequenzen!
1.KAPITEL
Gardasee, Italien, Juni 2010
„Nur noch ein paar Tage, dann bin ich wieder bei dir, mein Schatz“, versicherte Annie ihrem kleinen Sohn mit warmer Stimme übers Handy.
Ohne das herrliche Wetter oder die traumhafte Umgebung außerhalb der riesigen Fenster des betriebsamen Hotels wahrzunehmen, hetzte sie quer durch die elegante Empfangshalle in Richtung Konferenzraum.
„Ja, ich liebe dich auch, Oliver, und … umpf … “ Ihr Lauf wurde abrupt und schmerzhaft gestoppt, als sie gegen ein massives Hindernis prallte.
Ein überraschend warmes, außerordentlich muskulöses Hindernis, wie sie feststellen konnte, als sie sich instinktiv mit der freien Hand an eine breite Schulter klammerte, um nicht zu stürzen.
„Hoppla! Tut mir leid, ich …“ Ihre lachende Entschuldigung erstarb Annie auf der Zunge, als sie in ein dunkles, unglaublich markantes Gesicht sah.
Nein! Das konnte doch unmöglich Luc … oder doch …
Sie war wie paralysiert. Sollte dies wirklich derselbe Mann sein, dem sie vor viereinhalb Jahren im Urlaub begegnet war? Damals hatte sie den hochgewachsenen, athletischen Italiener ausschließlich in Skikleidung, lässigen Jeans und Kaschmirpulli gesehen. Ihr attraktives Gegenüber im Hotelfoyer trug einen exquisiten Maßanzug zum blütenweißen Hemd und eine silberne Seidenkrawatte. Dennoch sah er dem Luc, mit dem sie eine einzige heiße Nacht verbracht hatte, frappierend ähnlich.
Allerdings waren dessen ungebändigte schwarze Haare schulterlang gewesen, während der Mann vor ihr das dunkle Haar kurz geschnitten trug.
Vielleicht, um zu verhindern, dass es sich lockte?
Seine Augen, tiefschwarz wie Onyx, waren auf jeden Fall dieselben. Sie dominierten das harte Gesicht mit der markanten Nase und dem festen Mund, um den ein zynischer Zug lag. Auch der arrogante, herrische Blick verriet einen Hang zum Sarkasmus.
Es war derselbe Mann … und er war ihr gleichzeitig völlig fremd.
Der Luc, der Annie im Skiurlaub in Italien über den Weg gelaufen war, hatte sie mit seinem herausfordernden Lächeln und dem unheiligen, sexy Zwinkern in den dunklen Augen gewonnen. Für die eher schüchterne, wenig erfahrene Zwanzigjährige von damals war er der aufregende, gefährliche Pirat gewesen, der sie anzog wie das Licht die Motte.
Und auch er hatte keinen Hehl daraus gemacht, dass er sich extrem von ihr angezogen fühlte. Wären sie sonst gleich am ersten Abend …
Ähnliche Empfindungen konnte Annie in dem kalten, abschätzenden Blick dieses Mannes allerdings nicht entdecken. Ebenso wenig ihr überwältigendes Déjà-vu-Gefühl und die atemlose Emotion, die ihr Herz gerade bis zum
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