Annies Entscheidung
glauben, dass der Sturm das Seaspray Inn fast dem Erdboden gleichgemacht hat“, sagte sie leise. „Es ist ein Wunder, dass es nicht noch mehr Verletzte gegeben hat. Dem Mann, der einen Herzinfarkt erlitten hat, geht es gut.
Er ist in der Praxis deines Vaters. Dr. Hugo arbeitet nonstop.“
„Ein echter Heiliger.“
Ihre Blicke trafen sich. Sie befeuchtete sich die Lippen, fuhr erneut mit den Fingern durch die widerspenstigen Locken und sah zur Seite.
„Maisy hatte noch ein paar freie Zimmer“, berichtete Logan, um das Gespräch in Gang zu halten. Denn er wollte, dass sie ihn wieder ansah und ihm ihre glänzenden Lippen zeigte. „Die Gäste aus dem Seaspray sind in ihren Cottages untergekommen.“
„Das habe ich gehört. Ich weiß nicht warum, aber ich vergesse immer, dass du und Sara mit Maisy Fielding verwandt seid.“
„Nur durch Heirat.“ Maisy war ihm jedenfalls wesentlich sympathischer als sein eigener Vater, das stand verdammt noch mal fest.
Annie schlang die Arme um die angezogenen Knie und legte das Kinn darauf. Das Haar fiel ihr über die Schultern. „Sie und dein Vater sind schon lange zusammen.“
„Ich weiß.“ Auch darüber war auf den Dächern geredet worden.
„Wie denkst du darüber?“ fragte sie sanft.
„Ich dachte, sie hätte einen besseren Geschmack.“
„Wo liegt das Problem zwischen dir und deinem Dad?“
Er sah sie an.
„Na ja, du weißt ja, wo das Problem zwischen meinen Eltern und mir lag“, fuhr sie ohne jede Wehmut fort. „In ihren Augen war ich eine komplette Versagerin.“
„Mitten in der Nacht im Bürgerhaus auf dem Fußboden zu sitzen scheint dich gesprächig zu stimmen.“
Ihre Lippen zuckten. „Die Feldbetten und Matratzen sind alle besetzt.“
„Ich habe Riley gesehen, Sie kümmert sich mit einigen anderen Teenagern um die kleinen Kinder.“
„Ja. Sie hat gefragt, ob sie bleiben und helfen darf, solange die Eltern mit Aufräumarbeiten beschäftigt sind. Ich dachte mir, es ist okay.“
Er runzelte die Stirn. Bildete er es sich nur ein, oder glaubte Annie wirklich, dass sie sich vor ihm rechtfertigen musste? „Sie scheint ein gutes Mädchen zu sein.“
Obwohl sie ihre ganze Familie in Panik versetzt hatte. Die wenigen Kids, mit denen er es zu tun gehabt hatte, waren alles anderes als gut gewesen.
„Das ist sie. Und wenn sie das Gefühl hat, gebraucht zu werden, begeht sie vielleicht keine Dummheiten mehr.“ Sie schwieg einen Moment, bevor sie aufstand. „So, ich verschwinde jetzt.“ Sie strich das Haar zurück, verzog den Mund zur schlechten Imitation eines Lächelns und ging zur Tür.
Er sprang auf, holte sie kurz davor ein und legte eine Hand auf ihren Arm.
Mit erschöpftem, aber wachsamem Blick drehte sie sich zu ihm um. „Brauchst du etwas?“
„Ein Bett.“
„Nun ja, die Feldbetten sind alle belegt, glaube ich, aber vielleicht gibt es…“
„Bei dir steht ein freies Bett“, unterbrach er sie. „Riley ist hier, also ist das Gästezimmer frei.“
Ihre Locken schimmerten im warmen Lichtschein, als sie den Kopf schüttelte.
„Nein. Das kommt nicht infrage. Ich bin dir sehr dankbar für alles, aber… nein.“
Er sah, wie mehrere Köpfe sich aus den Schlafsäcken erhoben und in ihre Richtung blickten. Er wartete, bis sie wieder verschwanden, und senkte die Stimme noch mehr. „Hier ist kein Platz, um sich irgendwo hinzulegen, und dein Haus ist in besserem Zustand als manche andere.“ Obwohl er schon an übleren Orten geschlafen hatte, war ihm nicht danach, die Nacht auf dem Fußboden des Bürgerhauses zu verbringen. Und das hatte mehr mit Annie als mit seinen alten Knochen zu tun. „Das ist das wenigste, was du nach heute für mich tun kannst, findest du nicht?“
„Schlaf bei Sara.“
„Soweit ich gehört habe, besitzt meine Schwester kein Bett, sondern schläft in einer Hängematte. Und wir sollten nachher darüber reden, woher Leo Vega das weiß.“
„Nein.“
„Du schickst einen alten Freund weg, Annie? Den Bruder deiner besten Freundin?“
Sie wich zurück. „Wir sind keine Freunde, Logan, wir sind höchstens, allerhöchstens Bekannte.“
Fast hätte er gelacht. Annie Hess würde heute Abend nicht allein nach Hause gehen. Zwischen ihnen gab es noch ein paar unerledigte Angelegenheiten, und um die würde er sich kümmern, bevor er Riley zu ihren Eltern brachte. „Ich komme mit, also spar dir die Entrüstung für später auf. Es sei denn, du willst hier herumstehen und flüstern, als wären wir zwei
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