Annies Entscheidung
Jahre lang gemacht, Logan?“
„Das habe ich dir doch gesagt. Als Berater gearbeitet.“
„Für wen?“
„Du kennst sie nicht.“
„Stell mich auf die Probe.“
Er zog eine Augenbraue hoch.
Nervös strich sie sich mit der Zungenspitze über die Lippen. „Im juristischen Bereich? Deine Beratertätigkeit, meine ich.“ Ihre Stimme klang ein wenig erstickt.
„Mehr oder weniger.“
Sie legte die Hände ineinander. „Willst du mich auf die Folter spannen, Logan?
Oder gehört das zu der Härte, die du unter deiner zivilisierten Fassade verbirgst?“
Ihre Blicke trafen sich und trennten sich erst, als es um sie herum still wurde. Mit geröteten Wangen drehte Annie sich um.
Sam stand auf einem Hocker.
Logan lauschte mit halbem Ohr, als der Sheriff ein paar Ankündigungen verlas, die seine Zuhörer aufstöhnen ließen. In Gedanken war er jedoch noch bei dem, was Annie gerade über ihn gesagt hatte.
Normalerweise ließen derartige Bemerkungen ihn kalt. Aber bei Annie war das anders.
Als Sam verstummte, hörte Logan Annie seufzen. „Ich weiß nicht, wie ich ohne Strom leben soll“, murmelte sie.
Die Ironie nahm kein Ende. „Aber ich“, sagte er.
Annies Neugier, was Logan betraf, war noch längst nicht gestillt, als sie nach dem Essen mit ihrer Nichte in das Strandhaus zurückkehrte.
Logan war nicht mitgekommen. Sie sagte sich, dass sie froh darüber sein sollte.
Zu Hause angekommen, zündete sie mehrere Kerzen an und machte Wasser auf dem CampingKocher heiß. Und wenn es die ganze Nacht dauerte, sie würde dafür sorgen, dass Riley und sie ein anständiges Bad nehmen konnten.
Ein paar Stunden später war klar, dass das Gas nicht ewig reichte. Riley bekam ihr Bad.
Annie nicht.
Dabei hätte sie es gut gebrauchen können, denn zusammen mit Riley hatte sie auf einem ihrer Felder zwei Beete gerettet, die der Regen zu Boden gedrückt hatte. Die Pflanzen standen jetzt in einer Kiste neben Annies Couch.
Wenn am Morgen die Sonne aufging, würde sie sie ins Licht stellen.
Riley kam ins Wohnzimmer, das Haar unter einem Handtuch verborgen. „Die Kerze im Bad ist heruntergebrannt und geht gleich aus.“
„Logan hat versprochen, Kerzen zu holen, wenn er die Batterien für deinen Walkman besorgt.“ Er war nach dem Essen im Bürgerhaus verschwunden, nachdem er versprochen hatte, mit frischen Vorräten nachzukommen.
Annie fragte sich, ob das bedeutete, dass er wieder hier übernachten wollte.
„Falls es überhaupt noch welche gibt“, riss Rileys betrübte Stimme sie aus ihren Gedanken.
„Die Kerzen können wir notfalls aus dem Laden holen.“ Sie musterte Riley.
„Schätze, du hast nicht erwartet, dass du hier Siedlerfrau spielen musst.“
Riley schnaubte. „Nur weil ich meinen Walkman hören möchte, heißt das noch lange nicht, dass ich nach Hause zurückwill.“ Sie setzte sich auf die Couch und schob die Ärmel des Sweatshirts hoch, das Annie ihr gegeben hatte. Es war ihr viel zu groß, und ohne den üblichen Eyeliner und die Wimperntusche sah sie so jung aus, wie sie war.
Es war ein Wunder, dass sie es ganz allein von Washington nach Turnabout geschafft hatte.
Annie schluckte die Panik herunter, die selbst jetzt noch in ihr aufstieg. „Morgen oder übermorgen kommt die Küstenwache, Riley. Der Sheriff meint, sie kann euch zum Festland mitnehmen.“ Sie hatte Logan nicht erzählt, dass sie mit Sam gesprochen hatte, aber bestimmt würde er einverstanden sein. „Ich finde, du solltest fahren.“
„Okay. Ich fahre aufs Festland.“
Sie kniff die Augen zusammen. „Aufs Festland – aber nicht nach Hause.“
Riley antwortete nicht.
Annie tastete nach dem Clip, der ihr Haar am Hinterkopf zusammenhielt. Dann setzte sie sich neben ihre Nichte und suchte nach den richtigen Worten. „Weißt du, Riley, du kannst mir alles erzählen…“
Das Mädchen schoss hoch. „Ich gehe zu Bett.“
Annie seufzte. „Gute Nacht.“
Aber Riley hatte das Zimmer bereits verlassen. Nach einem Moment hörte sie, wie sich die Schlafzimmertür schloss.
Annie fühlte sich älter, als sie sollte. Müde stand sie auf und nahm den Telefonhörer ab. Die Leitung war noch immer tot.
Im Haus war es vollkommen still.
Sie war niemand, der sich dauernd vom Radio oder Fernsehen berieseln lassen musste, aber diese Stille war drückend.
Nach einer Weile nahm sie einen Topf vom Gaskocher, füllte ihn mit Wasser.
Dann trug sie ihn zusammen mit einem Waschlappen und einer Flasche Island Botanica Shampoo auf die
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